Profilbild von TochterAlice

TochterAlice

Lesejury Star
offline

TochterAlice ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit TochterAlice über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.12.2017

Mit Herz und unkonventioneller Auffassung

Ein ganzes halbes Jahr
0

geht hier Lou ans Eingemachte und versucht, den Tetraleptiker Will von seiner Entscheidung, aufgrund seiner ausweglosen Situation Selbstmord zu begehen, abzubringen.
Lou und Will: ein ungleiches Paar. ...

geht hier Lou ans Eingemachte und versucht, den Tetraleptiker Will von seiner Entscheidung, aufgrund seiner ausweglosen Situation Selbstmord zu begehen, abzubringen.
Lou und Will: ein ungleiches Paar. Hat Lou ihr Leben lang in der kleinen englischen Touristenstadt und im Schoße ihrer liebenswerten und auf ganz besondere Art und Weise einnehmenden Familie verbracht, so war Will bis zu seinem Unfall ein reicher, begehrenswerter, nicht unbedingt aber liebenswerter Typ, der viel gearbeitet hat, durch die Welt gereist ist und sich das vom Leben genommen hat, was er wollte. Um ihre ständig abgebrannte Familie ernähren zu können, nimmt Lou den gutbezahlten Job als seine Gesellschafterin an ... und findet sich in vielerlei Hinsicht in einer vollkommen neuen und anderen Welt wieder.

So anrührend und originell das Buch ist, hier jagt ein Klischee das andere: die beiden müssen sich erstmal zusammenraufen, Lou begeht in der "reichen" Welt ein Fettnäpfchen nach dem anderen. Besonders unglaubwürdig war für mich Lous Umfeld: wer kann von einer 27jährigen - die Handlung spielt fast in der Jetzt-Zeit, im Jahre 2009 - erwarten, dass sie als Hauptverdienerin einer ganzen Familie bestehend aus Eltern, Großvater und nicht zuletzt jüngerer, schlauerer, studierwilliger Schwester mit unehelichem Sohn agiert. Genau das tut aber Lous Familie und scheint es als ganz selbstverständlich aufzufassen.

Trotz dieser kleinen, von mir so empfundenen Störungen habe ich das Buch mit großem Genuss gelesen und habe mit Lou mitgelitten und gelacht. Ein wenig ist die Handlung wie ein modernes Märchen aufgebaut - ein Aschenputtel der Arbeiterklasse betritt ein neues Umfeld, verändert dieses komplett, wobei aber auch sie selbst sich in diesem ändert. Das kann man mögen, oder auch nicht, fest steht, dass die britische Autorin Jojo Moyes nicht nur in ihrem Heimatland Großbritannien, sondern europaweit einen Nerv berührt hat. Zu empfehlen für Leser, die Emotionen lieben, aber ernste und auch kontroverse Themen nicht scheuen und bereit sind, sich auf solche einzulassen.

Veröffentlicht am 30.12.2017

Oberland = obercool

Oberland
0

Teufel, diese Frau - also Tanja Weber - kann schreiben, gar keine Frage! Stimmungen, besonders die eher düsteren kann sie transportieren wie keine andere in der großen weiten deutschen Krimilandschaft!

Der ...

Teufel, diese Frau - also Tanja Weber - kann schreiben, gar keine Frage! Stimmungen, besonders die eher düsteren kann sie transportieren wie keine andere in der großen weiten deutschen Krimilandschaft!

Der Untertitel allerdings ist ein wenig irreführend, denn Postbote Johannes Stifter, frisch aus dem Brandenburgischen ins Bayerische übergewechselt, ermittelt nicht gerade - vielmehr gerät er in Situation, die überaus merkwürdig sind und lässt dies auch an der ein oder anderen Stelle entsprechend fallen. Vor allem das Haus von Gudrun von Rechlin und ihrer Tochter Annette gibt Anlass zu entsprechenden Bemerkungen - verhalten sich doch beide Damen überaus merkwürdig. Außerdem gehen sehr eigentümliche Leute ein - und nur teilweise wieder aus.

Tanja Weber schreibt eindrucksvoll, eher düster, auch wenn bestimmte Situationen bzw. die Darstellung einiger Charaktere durchaus dazu geeignet ist, eine gewisse Erheiterung im Leser hervorzurufen.

Glatte fünf Sterne wären es gewesen, wenn das Ende dann doch nicht ein klein wenig enttäuschend ausgefallen wäre.

Aber insgesamt ist Oberland obercool - nicht nur für Freunde von Regionalkrimis, sondern durchaus auch für Fans anspruchsvoller Kriminalliteratur - und ich freue mich schon auf den nächsten Fall mit dem Postboten Stifter!

Veröffentlicht am 30.12.2017

Erdbeerschorsch ist wieder da

ErdbeerSchorsch
0

der alte Kumpel von HimbeerToni, früher bekannt als PapaPunk.

So ändern sich die Zeiten: Toni ist nun Hausmann und wird von seiner Lebensgefährtin Ada, die seinen Heiratsantrag ohne Angabe von Gründen ...

der alte Kumpel von HimbeerToni, früher bekannt als PapaPunk.

So ändern sich die Zeiten: Toni ist nun Hausmann und wird von seiner Lebensgefährtin Ada, die seinen Heiratsantrag ohne Angabe von Gründen ausschlägt, dominiert und insgesamt nicht gerade gut behandelt. Erdbeerschorsch bzw. Georg erlebte in den vergangenen Jahren Höhen und Tiefen und trifft nun, gerade mal wieder auf Talfahrt befindlich, auf seine alten Kumpels. Ein heiterer Roman, würde man meinen, ich sage jedoch: er beinhaltet ausreichend tragikomische Elemente, um den Leser in großem Stil nachdenklich zu machen. Bewunderswert, mit welcher Leichtigkeit dies dem Autor gelingt, wobei er parallel dem Leser noch die Möglichkeit gibt, sich in Tonis - denn trotz des irreführenden Buchtitels ist die Hauptfigur immer noch der gute HimbeerToni - Welt einzufinden: Die Kapitel sind mit jeweils wunderbar passenden Songtiteln überschrieben, die den geneigten Leser - schwuppdich - zurück in die 80er, teilweise auch noch weiter zurück katapultieren,dies ist vor allem die Welt des Punk in allen seinen Schattierungen.

In mir hat es wundersame Erinnerungen an alte Zeiten geweckt, in denen das musikalische Spektrum des HimbeerToni auch das meinige war - der Leser erfahrt also auch Inspiration in bezug auf musikalische Erlebnisse.

Kleine Abstriche erlitt meine Begeisterung durch die Tonis Träume und Phantasien bspw. nach seinem Unfall - das war mir dann doch ein wenig zu wirr. Auch auf die - mehr als schlüpfrige - Erläuterung, woher der ErdbeerSchorsch denn nun seinen Namen hat, hätte ich ohne Weiteres verzichten können. Aber es ist halt ein Männerbuch mit allem Zipp und Zapp, allerdings eines, in das auch Frauen durchaus die Nase stecken sollten, erhält man doch auch noch Impulse für neue Lebenswelten und Wohnformen!

Veröffentlicht am 29.12.2017

Genosse Wang fragt öfter mal

Genosse Wang fragt
0

das ist nämlich ein wichtiger Bestandteil seines Berufsalltags als Journalist. Aber da er diesen Beruf im kommunistischen China bei einem der staatlichen Organe ausübt, werden seine Fragen bereits im ...

das ist nämlich ein wichtiger Bestandteil seines Berufsalltags als Journalist. Aber da er diesen Beruf im kommunistischen China bei einem der staatlichen Organe ausübt, werden seine Fragen bereits im Vorfeld durch politische Gremien festgelegt. Er jedoch will das ändern, will die eine, die entscheidende Frage stellen, die ihn mit sich und der Welt ins Reine bringt - jedenfalls aus seiner eigenen Sicht. Er ist sich im Klaren, dass esfür ihn aus politischen Gründen Konsequenzen geben wird. Trotzdem stellt er sie ... und alles kommt ganz anders...

Ein kurzer, knackiger, aussagekräftiger und trotz einiger Längen - ja, die gibt es auch in kurzen Büchern schon mal - spannender Roman der ehemaligen China-Korrespondentin des ORF Cornelia Vospernik. Wir erhalten Einblick in Wangs beruflichen Alltag, in dem er nicht selten mit seinem Kollegen Li, einem Wendehals des aus totalitären Regimes nicht unbekannten Typus, hadert, auf eine stille, ihn selbst überraschende Art, die Kollegin Zhang verehrt, auf diese und jene Art die Wirren des Lebens meistert und am Ende dann doch die richtige Frage stellt - aber ist sie es wirklich?

Die Sprache der Autorin ist klar, eloquent und auf eine anspruchsvolle Art gefällig - sie lässt das Buch zu einem Lesegenuss werden. Schade ist nur, dass die zahlreichen eingestreuten chinesischen Begriffe an keiner Stelle erklärt werden.

Wir erkennen, dass auch Chinesen ähnliche Probleme mit Kollegen haben, wie wir sie aus deutschen Büros kennen, dass anderes wie Mentalität und politische Strukturen jedoch recht fremd ist. Ein nicht unrealistischer Roman, der China-Interessierten wie auch anderen Mitmenschen, die gern über den eigenen Tellerrand blicken, sehr zu empfehlen ist!

Veröffentlicht am 29.12.2017

Schulkriminalität in Oberhessen

Der Tod macht Schule
0

In Oberhessen - ja, da geht es rund: zumindest in den witzigen Krimis um Hauptkommissar Henning Bröhmann, von denen jetzt der zweite Band vorliegt: und gehörig die Lachmuskeln des Rezipienten strapaziert..

In ...

In Oberhessen - ja, da geht es rund: zumindest in den witzigen Krimis um Hauptkommissar Henning Bröhmann, von denen jetzt der zweite Band vorliegt: und gehörig die Lachmuskeln des Rezipienten strapaziert..

In den dörflichen Gefilden rund um Schotten geht es ländlich und betulich zu, man wohnt - wie der Kommissar - mit seiner 4köpfigen Familie in Doppelhaushälften und schlägt sich mit solch Problemen wie dem ersten - viel älteren Freund - der Tochter Melanie, ehelichen Missverständnissen, einem überaus dominanten und leider auch einflussreichen Vater, nervigen Kollegen ... und nicht zuletzt seiner eigenen Trägheit herum. Der Kriminalfall besteht zunächst aus Übergriffen der Direktorin des Gymnasiums, das auch Melanie besucht... bis sie tot aufgefunden wird... Ausser verdächtigen Schülern und Vertretern des Lehrerkollegiums geraten auch vor ein paar Jahren ansässig gewordene Kosovaren ins Spiel - oder war es gar der Ex-Ehemann?

Aufgrund seiner eigenen Probleme - im Laufe der Handlung kommen noch ein paar dazu - hat Bröhmann kaum Zeit zu ermitteln.. doch aufgrund diverser, teilweise zufälliger Entwicklungen kommt er doch zum Ergebnis.

Ein lustiger, teilweise ins Tragikomische spielender Krimi, bei dem alles und jeder auf die Schippe genommen wird. Für Liebhaber regionaler Krimis genau das Richtige - auch wenn man mit dem Autor nicht zu streng sein sollte, da einige anfänglich relevante Erzählstränge einfach so auf der Strecke bleiben und das Betuliche im Krimi nicht immer nur ironisch gemeint zu sein scheint. Trotz dieser kleinen Schwächen freue ich mich schon auf die nächste Flucht aus dem eigenen Alltag mit dem dritten Bröhmann!