Der eiserne Vorhang
.... in seiner extremst möglichen Form existiert heute noch: nämlich zwischen Nordkorea und dem Rest der Welt. Wenig dringt aus dem für uns geheimnisvollen Land durch, wenig dringt umgekehrt aus dem Westen ...
.... in seiner extremst möglichen Form existiert heute noch: nämlich zwischen Nordkorea und dem Rest der Welt. Wenig dringt aus dem für uns geheimnisvollen Land durch, wenig dringt umgekehrt aus dem Westen dorthin.
Über dieses merkwürdige Land, das ich derzeit aus gegebenem Anlass durchaus als bedrohlich bezeichnen würde, hat nun der Amerikaner Adam Johnson einen Roman geschrieben, der viel Beachtung fand und gar mit dem Pulitzerpreis für Literatur prämiert wurde. Was ist so besonders daran? Zunächst vor allem, dass der amerikanische Autor die Innensicht nutzt - erzählt wird stets aus nordkoreanischer Perspektive, sei es aus der des Titelhelden Jun Do, der eines Propagandasenders oder derjenigen eines Verhörbeamten im Gefangenenlager, der ab der Mitte des Romans zeitweise als Ich-Erzähler auftritt.
Ganz schön anmaßend, sich als Außenstehender eine solche Innensicht anzueignen, könnte man meinen. Doch Adam Johnson hat gründlichst recherchiert und war selbst in Nordkorea, die Werte und Eindrücke, die er in seinem Roman vermittelt, klingen glaubhaft und nachvollziehbar. Dem Leser wird deutlich, "...dass es für den, der die Realität infrage stellte, nur eine Strafe gab, und zwar die Höchststrafe, und dass man sich in akute Lebensgefahr begab, wenn man auch nur bemerkte, dass sich die Realität verändert hatte" (S.643). Wie dies vonstatten gehen kann, dies schildert der Autor in der aberwitzigen Geschichte um Jun Do, die gleichzeitig die Geschichte der nordkoreanischen Filmschauspielerin Sun Moon, des Kommandanten Ga und eines anonymen Verhörspezialisten ist.
Der Rezipient des Romans sollte schon ein recht dickes Fell sein Eigen nennen - oder aber Meister im Überlesen prekärer Szenen sein - sowohl im Gefangenenlager als auch bei den anfänglichen Szenen in Japan geht es ganz schön zur Sache, was Folter etc. angeht: man sollte also wirklich bereit sein, sich Nordkorea in allen seinen Facetten zu stellen, wenn man diesen Roman durchstehen will, denn er ist alles andere als leichte Kost. Doch am Ende ist man reicher - vor allem um ein ungewöhnliches literarisches Werk, das bereits Literaturgeschichte geschrieben hat und dies weiter tun wird.