You got a fast car
Ein Teelöffel Land und Meerbut is it fast enough so we can fly away we gotta make a decision
we leave tonight or live and die this way
Tracy Chapman - die junge amerikanische Stimme der 1980er Jahre: Dieses Lied ist quasi Sabas ...
but is it fast enough so we can fly away we gotta make a decision
we leave tonight or live and die this way
Tracy Chapman - die junge amerikanische Stimme der 1980er Jahre: Dieses Lied ist quasi Sabas Hymne, das Lied, das sie seit ihrer frühesten Jugend hört, wenn sie allem entfliehen will, wenn sie bei sich, bei ihren Gedanken, beim wahren Leben sozusagen sein will.
Saba ist ein junges Mädchen, dann eine junge Frau aus einer Familie konvertierter Christen, die mit ihrem Vater in einem kleinen Dorf im Nordiran lebt - Mutter und Zwillingsschwester sind ihr irgendwie abhanden gekommen - ja, wie eigentlich? Sind sie in Amerika, leben sie überhaupt noch - Sabas Vater und ihre vielen Ersatzmütter erzählen es ihr nicht - oder will sie es nicht hören? Aber sie hat ja ihre Geschichten über Mahtab, die Zwillingsschwester, ihre Welt, in die sie sich flüchtet - quasi als moderne orientalische Geschichtenerzählerin mit Sehnsuchtsort Nordamerika. Und sie hat ihre Freunde, die schöne Ponneh und Reza, den sie von klein auf liebt... leider hat sie auch sehr, sehr früh einen Ehemann, mindestens viermal so alt wie sie und das ist alles andere als schön. Auch mit einigen anderen Wahrheiten müssen Saba und Mahtab - in Sabas Geschichten - leben : "....die Erkenntnis, dass Du im Film eines anderen nur eine Nebenrolle hast, tut wahnsinnig weh" (S.363) - dies nur eine der Wahrheiten, die sie im Laufe des Buches erfahren müssen - das Leben und nicht zuletzt das Willkürregime der Ayatollahs und Mullahs hält so einiges für sie bereit - und natürlich auch Erstaunliches für den Leser, so zum Beispiel die Information, dass man zumindest zeitweise sehr leicht an Opium herangekommen ist, das offenbar in einigen Kreisen als Volksdroge den strengstens verbotenen Alkohol ersetzte.
Die Geschichte baut sich langsam auf, erzählt nicht nur in dritter Person aus Sabas Perspektive, nein, als Ich-Erzählerinnen kommen auch einige der Dorfbewohnerinnen, vor allem Rezas Mutter, zu Wort und sie sehen einiges aus einer vollkommen anderen Perspektive.
Der - westlich geprägte - Leser hofft und bangt mit Saba, belächelt ein wenig ihre naive, von Zeitschriftenlektüre, Musik und Filmen geprägte Sicht auf die USA, und drückt ihr vor allem die Daumen, dass ihr in irgendeiner Weise der Ausbruch aus der iranischen Tretmühle gelingt. Klappt es? Drücken Sie die Daumen - und lesen Sie mit!
Ein Buch, dessen Lektüre für mich wichtig, das für mich aber auch ausgesprochen schwer zu erobern war - es hatte aus meiner Sicht durchaus gelegentliche Längen und war auch mal sperrig. Sätze wie "Die Pro-Haar-Regierung war noch nicht von der Pro-Kopftuch-Regierung gestürzt worden." (S29) hielten mich jedoch immer wieder am Ball und geben auch ein Zeugnis von der meisterhaften Leistung der Übersetzer Ulrike Wasel und Klaus Timmermann. Zudem wird dem Käufer/ Leser eines der schönsten Cover der Belletristik der letzten Jahre überhaupt geboten - schon allein das macht Lust auf die Lektüre, wobei es sich auch trefflich an den inhalt anpasst. Ein Buch, das für mich in der Tradition von "Der Drachenläufer", "Tausend Strahlende Sonnen" und einigen der Romane von Rafik Schami steht, die zwar von anderen Ländern - Afghanistan und Syrien - handeln, doch ähnliches zum Ausdruck bringen. Auch wenn dieses Buch für mich nicht ganz an einige der vorher genannten herankommt, ist es unbedingt als anspruchsvolle Lektüre für Freunde von Büchern über fremde Länder zu empfehlen!