Eine sachliche Romanze
Die Botschaftergattin Oda hat nicht viel zu tun - auf einem ihrer einsamen Spaziergänge im Botschaftsgarten in Helsinki kommt sie auf die Idee mal zu angeln - ihr Nichtkönnen wird belohnt - durch ein Geschenk: ...
Die Botschaftergattin Oda hat nicht viel zu tun - auf einem ihrer einsamen Spaziergänge im Botschaftsgarten in Helsinki kommt sie auf die Idee mal zu angeln - ihr Nichtkönnen wird belohnt - durch ein Geschenk: einen riesigen Fisch, den ihr ein älterer Herr mit einer knallroten Jacques-Costeau-Mütze auf den Bootssteg wirft. Langsam lernt Oda Klaus, der einen deutschen Vater hat, näher kennen und er sie: er erfährt, dass ihr Sohn schwerbehindert ist, sie erfährt, dass er seinen Vater - der als deutscher Soldat im 2. Weltkrieg in Finnland stationiert war, nie kennengelernt hat. Langsam entwickelt sich eine Freundschaft, die in einer Art gemeinsamen Road-Movie, einer mehr als verwegenen - jedoch alles andere als wilden - gemeinsamen Reise nach Deutschland mündet.
Zudem spielen der Botschafter Robert, Odas Ehemann sowie der Bibliothekar der deutschspachigen Bücherei in Helsinki eine jeweils nicht unwesentliche Rolle in dem ganzen - ja, Drama? Gesellschaftsstück? ich konnte es nicht eindeutig einordnen - der künftige Leser darf gespannt sein.
Nicht nur als Romancier outet sich Stefan Moster, nein, auch als eine Art Dokumentar der Zeitgeschichte und der jüngeren Vergangenheit - genau sind die Daten, an denen relevante Ereignisse stattfinden, fixiert: die Geschichte selbst spielt im Jahre 2011, was durch die Schilderung diverser gesellschaftspolitischer Ereignisse belegt wird, ein für die Handlung wichtiges Schlüsselerlebnis hat in früheren Zeiten, auf einer Wahlparty im Jahre 1987 in der damaligen Hauptstadt Bonn stattgefunden. Und natürlich wird die auch die Rolle Finnlands im 2. Weltkrieg, bzw. die damaligen deutsch-finnischen Beziehungen angesprochen.
Als eine sachliche Romanze - eine Romanze mit wechselnden Akteuren in der Hauptrolle - beginnt das Buch, wird zum Ende hin jedoch lyrischer und zarter.
Still und ein wenig spröde wie die finnische Landschaft - so wirkt Mosters Erzählstil auf mich. Man muss sich einlassen, hadert ab und an mit dem Gelesenen, um dann wieder die Bürde der Figuren verständnisvoll mitzutragen, bis zum - nein, nicht bitteren, sondern aus meiner Sicht versöhnlichen Ende. Der Autor schreibt gefällig, der Leser muss bereit sein, sich auf die Nuancen einzulassen, in denen sein Stil vom Herben zum Zarten, vom eher Strengen zum Lyrischen wechselt. Mit seiner Sprache Bilder malen - das vermag der Autor dennoch in jeder Situation - man kann sich den Botschaftsgarten, in dem Oda ihre Runden zieht, die Ostsee, das Pflegeheim, in dem der Sohn betreut wird, die Wahlparty in den 1980ern tatsächlich bildlich vorstellen.
Ein fesselndes Buch, doch mir persönlich zeitweilig dann doch zu widersprüchlich, nicht durchgehend konnte ich mich bedingungslos darauf einlassen. Trotzdem eine vorbehaltlose Empfehlung meinerseits - für Leser, die stille, intelligente Romane lieben und die nicht daran glauben, dass es immer so weitergehen muss wie bisher!