"What a marvellous night for a moondance"
Das singt Van Morrisson, einer meiner All-Time-Favoriten und die Nacht
passt natürlich auch gut in den Titel eines Buches im Noir-Stil: Dennis
Lehane, einer der ganz großen Autoren der stilvollen Spannungsliteratur,
hat ...
Das singt Van Morrisson, einer meiner All-Time-Favoriten und die Nacht
passt natürlich auch gut in den Titel eines Buches im Noir-Stil: Dennis
Lehane, einer der ganz großen Autoren der stilvollen Spannungsliteratur,
hat sein neuestes Werk in das USA der 1920er/1930er Jahre verlegt, in
die Zeit der Prohibition und der großen Wirtschaftskrise. Warum? Nun,
lassen wir den Protagonisten Joe Coughlin, der sich vom kleinen
Handlanger des Syndikats zum Drahtzieher entwickelt, selbst zu Wort
kommen - in einem Dialog mit Dion, seinem Weggefährten über lange Jahre:
"Wir sind süchtig danach." "Wonach? Nach der Nacht - sie ist
unwiderstehlich. Wer sich für den Tag entscheidet, der muss nach ihren
Regeln spielen. Darum haben wir uns für die Nacht entschieden und
spielen nach unseren eigenen. Das Dumme ist nur, wir haben im Grunde
keine Regeln." (S.528)
Ein kleiner Eindruck vom großartigen,
coolen Stil des Romans, der den ein oder anderen Interessierten
vielleicht schon Blut lecken lässt. Mehr erfahren vom Leben für die
Nacht heißt, alles zu erfahren über Joes Leben: hier geht es vor allem
um sein Leben als Gangster, eingebettet in eine aufregende Epoche des
20. jahrhunderts. Wer sich auf das Buch einlässt, der lässt sich auf
jede Menge Spannung, aber auch auf Brutalität ein, denn die Jungs, um
die es hier geht , gehen nicht sanft miteinander um.
Lehane
schreibt - wie bereits angedeutet - einfach toll und sehr, sehr
atmosphärisch.... schwuppdich, ist man direkt im Boston in den 1920er
Jahren, dann wieder im Süden Amerikas bei den Schnapsbrennern und
Zigarrenbaronen, wohin der Leser, will er bei der Stange bleiben, Joe
folgen muss. Aber das wird den meisten Rezipienten nicht schwer fallen,
liest sich das Buch doch ungeheuer packend und fesselnd. Mir persönlich
allerdings fiel es an manchen Stellen dann doch schwer - zu brutal und
erschütternd die Entwicklungen, aber ich war dann doch zu neugierig und
kann nur sagen - es hat sich gelohnt, am Ball zu bleiben.
Die
Atmosphäre, die Präsenz des Zeitgeistes - das sind ganz eindeutig die
Vorzüge dieses Romans. Der Leser spürt auf Schritt und Tritt, wie Joe
sich ändert, spürt dessen sich ändernde Wahrnehmungen schrittweise im
Text. Joe als naiver Jungspund, als Strippenzieher des Syndikats, als
Liebhaber... diese und andere Rollen nimmt man dem Autor Lehane
vorbehaltlos ab: der ganze Erzählstil wechelt extrem von Teil zu Teil .
joe klingt nicht mehr so emotional, so überschäumend, er ist zunächst
ernüchtert und dann selbstbewußt...
Eine bzw. zwei Schwächen gibt
es aus meiner Sicht: die Figuren sind nicht so richtig plastisch
gezeichnet - es passiert mir selten genug beim Lesen, aber hier habe ich
mir immer mal wieder gewünscht, das alles als Film zu sehen, um mir ein
"richtiges" Bild machen zu können. Das Zeichnen eines Charakters mit
wenigen Pinselstrichen ist nicht Lehanes Stärke. Und teilweise waren die
Entwicklungen dann doch ausgesprochen vorhersehbar - zumindest im
Groben wusste man dann doch sehr oft schon im Voraus, wohin die Reise
geht...
Trotzdem ein großer Roman, einer der Botschaften
transportiert und der mit Genuss gelesen werden kann - wie schon
erwähnt, werden Freunde der gehobenen und stilvollen Spannungsliteratur
ihre helle Freude daran haben!