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Veröffentlicht am 15.09.2016

Facettenreiche Mehrgenerationengeschichte

Die Sommer der Porters
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Anfangs war es nur ein Haus am Meer. Ein Sommersitz der Familie Porter. Jedes Jahr im Sommer kehrte die Familie dahin zurück.
Zu Beginn der Geschichte schreibt man das Jahr 1942, die Familie besteht aus ...

Anfangs war es nur ein Haus am Meer. Ein Sommersitz der Familie Porter. Jedes Jahr im Sommer kehrte die Familie dahin zurück.
Zu Beginn der Geschichte schreibt man das Jahr 1942, die Familie besteht aus Mrs und Mr Porter, ihren vier Kindern Charlie, Helen, Dossy (die schon fast erwachsen sind) und Nesthäkchen Janie, sowie den Kindermädchen Bea und Agnes. Es ist die Zeit des 2. Weltkrieges und auch die Porters merken dies an ihrem (amerikanischen) Sommerort, denn unweit des Hauses ist ein Militärstützpunkt errichtet worden.
Es geht um Bea, aber auch um Helen, der 16jährigen, die sich für einen der Soldaten interessiert. Wir tauchen ein in diese Sommer, die Autorin schafft es mit ihren Sätzen eine andere Welt, eine ganze Famiie und ihr Leben vor dem inneren Auge aufzuzeigen. Man taucht mit ein. Auch in das weitere Leben der Familie, die uns schließendlich - mit Sprüngen - bis ins Jahr 1999 führt. Und am Ende schließt sich der Kreis.

Interessant dabei, dass die Elizabeth Graver es immer wieder geschickt schaftt, auch vergangenes und zukünftiges geschickt mit einzubauen und den Focus immer wieder zu verrücken, ohne dass es den Lesefluss stört.

Im Laufe der Geschichte wechselt auch der Bezugpunkt, so werden wir Helen noch näher kennen lernen und auch ihren Sohn Charlie (der nach dem Onkel benannt worden ist). Es wird in dieser Familie nicht nur Höhen geben, sondern auch Tiefen. Vor allem psychische Probleme, Identitätsprobleme, es geht um Mutter-Sohn-Beziehungen, aber immer auch um den Familienzusammenhalt und insbesondere um die Kraft der Natur, um ein Stück Land, das Heimat ist, um einen Rückzugsort, bei dem man Kraft tanken kann.

Zwischenzeitlich, nach den Zeitsprüngen, muss man ein wenig Geduld haben, um die neuen Personen, die nun plötzlich "aufgetaucht" sind, einsortieren zu können, aber nach und nach gelingt auch das. Gefallen hat mir aber, dass dieser Roman einen Zeitraum von 57 Jahren gekonnt abdecken kann und dabei immer facettenreich und tiefgründig bleibt.

Fazit:

Elizabeth Graver hat mit "Die Sommer der Porters" keinen Spanunngsroman geschrieben, sondern es ist eine leise, stille Generationenerzählung, die aber so gut gelungen ist, dass man meint, diese Personen hätten wirklich gelebt. Man blickt in andere Seelen, taucht in längst vergangene Zeiten ein.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine fabelhafte Geschichte

Herr Sturm und die Farbe des Windes
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Richard Sturm ist desillusioniert. Er scheint ein gebrochener, verbitterter, einsamer Mann zu sein. Was ist in seiner Vergangenheit passiert, was hat ihm zu dem gemacht ? Anfangs sehen wir nur seine Bitterkeit, ...

Richard Sturm ist desillusioniert. Er scheint ein gebrochener, verbitterter, einsamer Mann zu sein. Was ist in seiner Vergangenheit passiert, was hat ihm zu dem gemacht ? Anfangs sehen wir nur seine Bitterkeit, seine Unlust am Leben. Erst nach und nach bekommen wir als Leser die Hintergründe dargestellt. Richard Sturm schreibt Drehbücher zu Daily Soaps - was ihm zum Hals heraushängt, aber er braucht Geld zum Leben und von seiner wahre Leidenschaft, Bücher zu schreiben, ist er meilenweit entfernt. Als er jedoch eines Tages auf eine Annonce in der Zeitung findet (die er sonst selten beachtet), in der ein Schriftsteller gesucht wird und ein exquisites Honorar geboten wird, wird er neugierig und bewirbt sich bei Herrn Bischof. Sein Auftrag ist mit 12 vorherbestimmten Menschen über ihren Glauben zu sprechen.

Der Untertitel des Buches "Eine fabelhafte Reise durch die Welt des Glaubens" - ist doppeldeutig und trifft die Geschichte genau.

Fabelhaft ist die Reise, die der Protagonist des Buches, Richard Sturm, unternimmt. Sein Aufttraggeber, Herr Bischof, der alles schon geplant hat, bevor es Richard Sturm überhaupt in Erwägung gezogen hat. Auch weitere Aspekte sind fabelhaft. Das ist der märchenhafte, der übersinnliche Teil - der vorherbestimmte Teil ?? Daher trifft der Untertitel den Kern genau.

Aber auch fabelhaft in Bezug auf "gut gelungen" - auch hier trifft der Untertitel, denn Jens Böttcher gelingt es eine weit gespannte Welt des Glaubens darzustellen, sie zu einem Ziel zu führen, sie zu bündeln oder einzuordnen.

Richard Sturm spricht mit 12 Menschen, die alle verschieden Glauben (oder auch nicht glauben), während er mit den Menschen spricht, wird auch in Richard Sturm eine Veränderung vorgehen, seine harte Schale fängt an erst löchrig zu werden und dann aufzubrechen. Das alles geschieht langsam und nachvollziehbar.

Die Gespräche, die er mit den Menschen von Bischofs Liste führt, sind teils sehr philosphisch, mal mehr - mal weniger und manchmal für mich zu abstrakt. Dennoch fand ich es erstaunlich, wie Jens Böttcher diese verschiedenen Ansichten zusammengeführt hat, die Verbindungen, die Quintessenz herausgefiltert hat.




Fazit:

Ein gebrochener Mann auf der Suche nach dem Glauben - eine fabelhafte, eigenwilige, psychologische, kreative, vielschichtige Erzählung.

Ein nicht ganz einfaches Buch, dennoch ein spannender Bericht, das einen durch die Welt des Glaubens führt.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Generationenkonflikt

Die Eismacher
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" Mein Vater war Eismacher, sein Vater war es gewesen, und sein Großvater hat damit angefangen....Ich will mit der Familientradition brechen" (Zitat, S. 73/74)

Die Talaminis aus dem Norden von Italien ...

" Mein Vater war Eismacher, sein Vater war es gewesen, und sein Großvater hat damit angefangen....Ich will mit der Familientradition brechen" (Zitat, S. 73/74)

Die Talaminis aus dem Norden von Italien sind - wie viele in ihrem Dorf - Eismacher. Sie leben von März bis Oktober in Rotterdam und betreiben dort das Eiscafe Venezia. Im Winter kehren sie in ihr Dorf zurück. Die beiden Söhne Giovanni und Luca werden früh mit eingebunden in den Betrieb, doch Giovanni bricht aus. Er möchte keinen 17-Stunden-Tag im Sommer, er liebt Poesie und Lyrik und durch einen Kunden der Eisdiele lernt er eine andere Welt kennen.

Ernest van der Kwast (bekannt auch durch "Fünf Viertelstunden bis zum Meer") hat einen bemerkenswerten Generationenroman geschrieben, der einen tiefen Einblick in das Geschäft des Eismachens gibt. Es geht vor allem über Traditionen, die gebrochen werden, über Verpflichtungen, über Familie, aber auch über ein selbstbestimmtes Leben. Es geht um Verantwortung, Vater-Sohn-Beziehungen, aber auch die Beziehung zwischen den Brüdern und der Frau, die sie beide lieben.

Geschildert wird der Roman aus Sicht des "Ausbrechers" Giovanni, der die Bögen der Erzählung erst weit zurückschlägt, von dem ersten Eismacher der Familie, dem Urgroßvater. Über Legenden, die in der Familie kursieren über Wahrheiten. Schließlich auch die Bürde, die sein Vater trägt, der selber lieber einen anderen Beruf ergriffen hätte und eigentlich zeitlebens unwillig den Beruf des Eismachers ausübt. Aber es stand für ihn nie zur Debatte sich dem Erbe zu entziehen. Doch Giovanni lebt in einer anderen Generation, er will sich nicht in diese Schiene zwängen lassen und bricht aus. Dennoch, seine Wurzeln sind ihm stets bewusst. Und auch das, was er damit seinem Bruder Luca auferlegt hat.

Es ist ein Roman, der den Leser tief einführt in die Arbeit, die so ein Eiscafe macht. Wie viel auch (damals - heute?) die Familien bereit waren zu opfern. Freizeit, aber vor allem auch, die Kinder in der Heimat zurück zu lassen oder Arbeitsstunden, die man sich als 40-Wochen-Jobber kaum vorstellen vermag. Da gibt es aber auch die Liebe zum Eis, wie oft werden neue Geschmacksvariationen ersonnen, die beim Lesen Lust auf das eiskalte Vergnügen machen.

Berührt und nachdenklich gemacht haben mich vor allem die Generationenkonflikte, die in einem familienbetriebenen Betrieb von Generation zu Generation weiter gegeben werden. Dies ist dem Autor wunderbar gelungen, diese darzustellen.

Es fließt viel Poesie und Lyrik mit in diesen Roman, die berichteten Festivalreisen und dortigen Erlebnisse gehören zwar irgendwie auch zu dem Erzähler, als Gegenpol zum Eismachen, dennoch waren dies die Szenen, die mich etwas weniger interessierten, gleichwohl waren auch sie immer wieder mit teils skurrilen Erlebnissen gespickt und dadurch lebhaft dargestellt.

Fazit:
Ein Roman, der Lust auf Eis macht, aber auch die Licht- und vor allem Schattenseiten hinter der Verkaufstheke aufführt.
Ein Roman, der ein eindrucksvolles Generationenporträt mit Verpflichtungen und Bindungen, mit Selbstverwirklichung und Schuldgefühlen zeichnet.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Hörbuch für Kinder mit Spannung

Die Tintenkleckser – Teil 1: Mit Schlafsack in die Schule
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Jana-Ina ist verzweifelt. Ihr Stofftiger ist verschwunden. Wer hat ihn gestohlen ? Gibt es einen Dieb in der 3a ? Ausgerechnet an dem Tag, an dem es in der Schule eine Lese-Übernachtung geben soll ? Ben, ...

Jana-Ina ist verzweifelt. Ihr Stofftiger ist verschwunden. Wer hat ihn gestohlen ? Gibt es einen Dieb in der 3a ? Ausgerechnet an dem Tag, an dem es in der Schule eine Lese-Übernachtung geben soll ? Ben, aber auch Mia machen sich abends heimlich auf die Suche nach derm verschwundenen Tiger. Sie stehlen sich beim Vorlesen aus der Bilbiothek und begeben sich nachts auf die Suche und erleben ein paar gruselige Momente.
Annette Frier und Ralf Schmitz erzählen abwechselnd, sie können den Figuren durch Betonungen und vor allem gefühlvolle, emotionale Stimmen Leben einhauchen und erzeugen dabei Spannung, aber auch lustige Momente. Die kurzen Kapitel werden durch kurze Musikeinlagen unterbrochen.
Ein Hörbuch ist allerdings kein Hörspiel, das hat mein Sohn etwas bedauert, daher gibt es nicht für jede Figur eine eigene Stimme.
Ansonsten hat er die Geschichte mit Spannung gehört und sie bereits ein zweites Mal eingelegt. Die Spieldauer dauert mehr als eine Stunde, aber sie ist sehr abwechslungsreich erzählt und daher nie langweilig.

Von den Tintenklecksern gibt es neben den Hörbüchern auch die Buchreihe. Band 2: Schulhofalarm, Band 3: Mattis haut ab.
Die CDs sind im Audio Verlag erschienen, die Bücher im dtv-Verlag.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eintauchen in das historische Köln

Verrat im Zunfthaus
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Köln, Ende des 14. Jahrhunderts. Adelina, Apothekerin und verheiratet mit dem städtischen Medicus Neklas, findet mit ihrer Magd Franziska im Zunfthaus die übel zugerichtete Leiche der jungen Bela. Deren ...

Köln, Ende des 14. Jahrhunderts. Adelina, Apothekerin und verheiratet mit dem städtischen Medicus Neklas, findet mit ihrer Magd Franziska im Zunfthaus die übel zugerichtete Leiche der jungen Bela. Deren Verlobter, Zunftmeister Vetscholter, ist verschwunden. Eigentlich wolltee Adelina ihre Nase nicht mehr in Mordermittlungen stecken, hat sie doch mit ihrem drei Monate altem Sohn Colin, ihrer Stieftochter, ihrem Bruder, ihrem dementen Vater, der angekündigten Schwiegermutter und der Apotheke und dem Gesinde mehr als genug um die Ohren. Doch irgendwie stolpert sie immer mehr in diesen Fall und am Ende wird es für sie selbst ziemlich brenzlig.....

Petra Schier hat es auch im dritten Band um die Kölner Apothekerin Adelina geschafft, die Figuren in ihrem Roman sehr lebendig werden zu lassen. Als Leser fühlt man sich hautnah dabei und taucht in eine andere Zeit ein, ganz nebenbei werden damals herrschende Sitten und Gebräuche mit eingeflochten. Was war damals üblich, was erlaubt, was verpönt ? Wie lief der Alltag so ab, was unterschied ein Arzt und ein Chirurg ?

Man muss die Vorgängerbände "Tod im Beginenhaus" und "Mord im Dirnenhaus" nicht unbedingt vorher gelesen haben, denn die Geschichte ist unabhängig und die Protagonisten werden so eingeführt, dass man sie auch ohne die Vorkenntnisse aus den anderen Bänden begreift.
in diesem dritten Band geht es um die Macht der Zünfte und Gaffeln in Köln, nachdem die Patrizier gestürzt worden sind. Die Patrizier versuchen die Macht des neuen Stadtrats zu untergraben. Soweit ist es auch historisch belegt. Die Autorin hat - um es spannender zu machen - noch einige Intrigen und Tote hinzugefügt.

Auch wenn es mehrere sehr spannende Entwicklungen gab, war es nicht unbedingt nur die kriminalistische Handlung, die im Vordergrund stand, sondern das "drumherum".
Mir haben an diesem Krimi besonders die alltäglichen Begebenheiten gefallen, die sehr gut ausgearbeiten Hauptfiguren, die so menschlich, natürlich, mit ihren Sorgen, Wünschen, aber auch mit ihren nachvollziehbaren Handlungen dargestellt worden sind, dass man sie ungern wieder "ziehen" lässt. Daher ist es schön, dass es inzwischen noch drei weitere Bände von Adelina gibt.

Fazit:
Man fühlt sich bei diesem historischen Krimi mittendrin, die Figuren sind besonders gut herausgearbeitet und lebendi