Berührend, wunderschön: ein wahres Highlight!
Im Februar 2017 beim Zytglogge Verlag erschienen, Platz 1 der Bestsellerliste bei Bider & Tanner, im September mit der Lesefieber Feder 2017 ausgezeichnet; «Durstig» ist das erste Buch von Journalistin ...
Im Februar 2017 beim Zytglogge Verlag erschienen, Platz 1 der Bestsellerliste bei Bider & Tanner, im September mit der Lesefieber Feder 2017 ausgezeichnet; «Durstig» ist das erste Buch von Journalistin Martina Rutschmann, welche zur Zeit für die bz arbeitet. Sie hat sich ein Jahr Auszeit genommen, um ihren Debütroman zu schreiben, und das Ergebnis lässt sich wirklich sehen! «Durstig» handelt von Alixe, welche jahrelang in der Onkologie-Abteilung gearbeitet hat und irgendwann beschliesst, ihren Job zu künden. Sie schafft es einfach nicht mehr zu sehen, wie all diese Menschen sterben. Sie braucht einen neuen Beruf. Neben der Jobsuche tritt auch Fabian in ihr Leben. Schon bald entwickelt sich eine Beziehung und so trifft Alixe das erste Mal auf den 94 jährigen Carl, für welchen Fabian alte Dias digitalisiert. Ein erstes gemeinsames Abendessen bei Carl stellt den Beginn einer Freundschaft dar. Einer Freundschaft voller Erzählungen, Wein und gemütlichen Stunden, aber auch mit neuen Begegnungen, Sichtweisen und vielen Diskussionen, welche mich als Leser begeistern konnte. Martina Rutschmann schreibt wunderschön und ich bin während des Lesens in der Geschichte abgetaucht und habe mit jedem einzelnen Charakter mitgefühlt. Mit Hilfe von Rückblenden entführt sie uns in die Vergangenheit von Rosa und Carl. Rosa ist Carls grosse Liebe. Ihre Liebe, welche trotz all der Jahre, Hindernissen und der riesigen Distanz so stark war, berührte mich beim Lesen auf eine ganz spezielle Weise. Carl ist ein wundervoller Protagonist, welcher Rosa wohl kaum ein besserer Ehemann hätte sein können. Nach ihrem Tod und seiner Diagnose der baldigen Blindheit, beschliesst er zwar sein Leben selbst zu beenden. Er will Sterbefasten. Nichts mehr essen, nichts mehr trinken, bis sein Herz aufhört zu schlagen. Alixe soll ihn in seinen letzten Tagen begleiten und ich fand es faszinierend, diese letzten Tage von Carl so intim als Leser miterleben zu können. «Durstig» ist kein trauriges Buch, nein, viel mehr ist es voller Lebensfreude, oder besser gesagt voller Lebensdurst. Carl hatte ein vollkommen erfülltes Leben, und auch wenn wir in diesem Buch mit dem Tod konfrontiert werden, so empfinde ich dieses Buch viel eher als lebensbejahend, so dass ich nicht einmal Trauer empfand.
Besonders gut gefiel mir die neuartige Thematik. Romane übers Sterbefasten sind kaum vorhanden. Wie die Autorin es geschafft hat die alternative zu Exit in einem so unterhaltsamen Roman zu verpacken, ist beachtlich. Sterbefasten klingt so brutal und als Leser wurde ich genau wie Alixe vor die Frage gestellt, ob ich das in Ordnung finde, wenn ein Mensch auf diese Art sein Leben beenden will.
«Durstig» ist ein sehr aussergewöhnliches Buch, mit authentischen, sympathischen Protagonisten, einem angenehmen, leicht lesbaren Schreibstil und einer Geschichte, welche mich berühren konnte, jedoch überhaupt nicht traurig ist. Dieses Buch gehört für mich wirklich zu den Perlen der Buchwelt. Gehört zu den besten Büchern, die ich dieses Jahr gelesen habe. Ich werde wohl noch oft davon sprechen. «Durstig» überzeugt mit einer bisher kaum besprochenen Thematik und so kann ich es wirklich von ganzem Herzen allen Fans von Lori Nelson Spielman, Jojo Moyes und Viola Shipman empfehlen und vielleicht auch allen, welche gerne ihren Lesehorizont erweitern wollen.