Der Weg in die Freiheit ist kein leichter
Und noch ein Flüchtlingsbuch, allerdings aus einer Zeit, in der Flüchtlinge aus dem Osten noch eher selten waren. Es ist 1980, Ungarn hat eine autoritäre kommunistische Regierung, die durch die Sowjetunion ...
Und noch ein Flüchtlingsbuch, allerdings aus einer Zeit, in der Flüchtlinge aus dem Osten noch eher selten waren. Es ist 1980, Ungarn hat eine autoritäre kommunistische Regierung, die durch die Sowjetunion gesteuert wird, wobei im Vergleich zu seinen Nachbarstaaten Polen, Tschechoslowakei usw. in vielen Bereichen eine gewisse Liberalität Einzug gehalten hat. Doch Ungarinnen und Ungarn, die sich weigern, Mitglied der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei zu werden und/oder nicht mit deren Meinung übereinstimmen, haben es schwer in ihrem Leben. Sie und ihre Familien müssen sich mit schlechten Wohnverhältnissen zufriedengeben, werden im Berufsleben benachteiligt und laufen Gefahr, überall drangsaliert zu werden. Teréz und Károly halten dies nicht mehr aus, vor allem Teréz will dieses Land, das sie trotz allem liebt, mit ihrem Mann und den beiden Kindern verlassen. Im Sommer ist es soweit: Offiziell brechen sie zum Plattensee auf, um dort Ferien zu machen. Doch ihre Fahrt geht weiter: nach Jugoslawien, um von dort die Grenze nach Italien zu überqueren und weiter nach Deutschland zu fahren.
Für Jemanden, der sein Leben lang ein Heim hatte, ist es schwer nachvollziehbar, was es bedeutet, auf der Flucht zu sein. Am Beispiel der Familie Kallay schildert Akos Doma überzeugend, welche Hoffnungen, aber auch wieviel Druck und und Angst dieser Exodus mit sich bringt. Die Freude auf ein Leben in Freiheit und ohne Bespitzelung; auf eine gerechte Behandlung ohne Furcht vor Wilkür. Aber auch die Last des untätigen Wartens auf die erlösenden Papiere; die zunehmende Besorgnis was werden soll, wenn die Papiere nicht kommen. Das Paar Kallay mag bemerkenswert naiv wirken in ihrem Glauben an das Gelingen ihrer Flucht, doch ihre jeweiligen Vergangenheiten, die als Erinnerungen oder Erzählungen immer wieder in die laufende Geschichte eingeschoben sind, machen klar, dass es keine Naivität ist, die sie so hoffnungsvoll sein lässt. Beide haben sich den Optimismus und die innere Überzeugung an das Gute im Menschen und im Leben bewahrt, sodass sie trotz ungeahnter Schwierigkeiten im gelobten Westen, weitermachen. Ungeachtet diverser Rückschläge und obwohl der Schluss des Buches das Ende der Reise offen lässt, bin ich mir sicher: Es wird gelingen; ihre Reise und ihr Ankommen in einem neuen Leben.
Ein schönes Buch, doch ein bisschen wundert es mich schon, dass es auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2015 zu finden ist. Aber da habe ich mich ja schon ein paar Mal gewundert