viel Blut und viele Längen
Ich habe mal wieder das Glück gehabt bei einer Leserunde angenommen zu werden und dieses Mal zu Killer City von Wolfgang Hohlbein. Wolfgang Hohlbein ist einer meiner absoluten Lieblingsautoren, müsst ihr ...
Ich habe mal wieder das Glück gehabt bei einer Leserunde angenommen zu werden und dieses Mal zu Killer City von Wolfgang Hohlbein. Wolfgang Hohlbein ist einer meiner absoluten Lieblingsautoren, müsst ihr wissen. Besonders die Bücher, die er zusammen mit seiner Frau Heike geschrieben hat, habe ich in meiner Jugendzeit verschlungen. Aus diesem Grund habe ich mich auch sehr auf dieses Buch gefreut, denn ich hatte schon lange Zeit keinen Hohlbein mehr in die Hand.
„Bald würden sich die Bürger Chicagos wohl einen neuen Namen einfallen lassen müssen.
Sie wussten es noch nicht, aber der Tod war in ihre Stadt gekommen.“ S. 26
Killer City spielt im Jahre 1893 zur Weltausstellung in Chicago. Thornhill hat das Verlangen Menschen zu töten und möchte sich in Chicago unter die breite Masse mischen um nicht aufzufallen und seinem Hunger nach Blut nachzugeben.
Direkt ab dem ersten Satz fühlt man sich in die Zeit Ende des 19. Jahrhunderts hineinkatapultiert, fühlt das rege Treiben auf den Straßen, hat den typisch unangenehmen Geruch Chicagos in der Nase und lässt sich mitziehen.
Interessant dabei ist, dass all dies aus der Sicht eines Mörders geschildert wird. Bei den meisten Thrillern ist das nicht der Fall und genau das hat mich sehr neugierig auf das Buch werden lassen.
Leider hat der Klappentext nicht das versprochen, was das Buch beinhaltet.
„Das Messer flüsterte ihm mit lautloser Stimme Worte in einer Sprache zu, die er niemals gelernt hatte und nicht verstand und die trotzdem Bilder hinter seiner Stirn entstehen ließen; schreckliche Bilder von durch und durch entsetzlichen Dingen, die ihn mit nichts anderem als Grauen erfüllten und von denen er trotzdem wusste, dass er zu dem Zwecke hierhergeschickt worden war, sie zu tun.“ S. 179
Thornhill ist ein überaus einzigartiger Charakter. Manchmal wusste ich nicht ob ich ihn verabscheuen oder Mitleid mit ihm haben soll. Er kommt nach Chicago zur großen Weltausstellung und möchte seinem Drang Menschen zu töten nachgeben. Bevorzugt geht er dem mit seinem Rasiermesser nach, das er immer bei sich trägt. Bei der Auswahl seiner Opfer geht er aber eigentlich die ganze Zeit totalwillkürlich vor, hat keinen richtigen Plan und dieses Bild vom strukturierten und zielstrebigen Mörder, das ich die ganze Zeit im Kopf hatte, bleibt komplett aus. Hinzu kommt, dass Thornhill als Protagonist voller Selbstzweifel ist und gar nicht weiß ob das, was er tut nun auch das Richtige ist. Stattdessen stolpert er von einer brenzligen Situation in die nächste und reitet sich immer weiter in irgendwelche Probleme rein. Und diese Situationen sind meist so aussichtlos und werden von Mal zu Mal skurriler, sodass man sich wundert, wie es dazu kommen konnte und wie er da wieder heraus gekommen ist.
Ich hatte die meiste Zeit das Gefühl, dass auf kein wirkliches Ziel hingearbeitet wird. Was möchte Thornhill? Wo möchte er hin oder was möchte er erreichen? Ich brauche beim Lesen irgendetwas, auf das ich mit hin fiebern kann und bei dem die Spannung erhalten bleibt. Genau diese Spannung hat mir an vielen Stellen einfach gefehlt und genau das führte zu Längen, besonders im Mittelteil, bei denen ich teilweise keinen Antrieb mehr hatte weiter zu lesen.
Auch blieben die Nebencharaktere etwas auf der Strecke. Zwar wurden die Charaktere, ganz im Stil von Wolfgang Hohlbein, detailliert und perfekt in die Handlung mit eingebaut. Dennoch fehlte ihnen einfach Authentizität und ein gewisser Tiefgang. Der Schreibstil ist wieder einzigartig ausführlich und illustrativ. Durch die typisch langen Satzkonstruktionen werden die gesamte Umgebung und alles andere sehr detailliert beschrieben.
„Diese widerliche Alte hatte ihn nicht nur mit ihren schmutzigen Händen betatscht, sie hatte ihn auch noch in verdammte Niggerkleider gesteckt, die ihr Bastardsohn besudelt hatte!“ S. 84
Was ich an dieser Stelle aber positiv hervorheben möchte ist der Aufbau des Buches. Kapitelweise wird in der Erzähler-Perspektive abwechseln Thornhills Vergangenheit und die Gegenwart um 1893 geschildert. Man bekommt immer wieder Einblicke warum Thornhill so geworden ist und was ihn antreibt bis sich schließlich Vergangenheit und Gegenwart am Ende treffen.
Besonders gut gefällt mir dabei ist die Einbindung historischer Ereignisse in die Handlung und die detaillierte Darstellung oder Beschreibung dieser, auch wenn die Weltausstellung keinen großen Part eingenommen hat und auch nicht ausführlich beschrieben wurde. Auch Thornhills rassistische Einstellung passt sehr genau in diese Zeit. Damals ist man damit aufgewachsen alle, die anders waren als schlecht anzusehen und deswegen spricht Thornhill auch verachtend über Gelbe oder Nigger. Doch nach und nach merkt Thornhill, dass diese abstoßende Denkweise nicht so ganz richtig ist und Weiße gegenüber anderen, nicht so lebenswürdigen Menschen, keinen richtigen Vorteil haben und nimmt einen wichtigen Teil in der Geschichte ein.
Fazit:
Ich hatte mich sehr auf ein neues Buch von Wolfgang Hohlbein gefreut, doch es konnte meine Erwartungen einfach nicht erfüllen. Die Idee einen Thriller aus der Sicht eines Mörders zu schildern ist genial, wurde meines Erachtens aber nicht optimal umgesetzt. Neben einem zwiegespaltenem Protagonisten hat das Buch so seine Längen. Deshalb gibt es von mir nur 2,5 Sterne.