Community-Leserunde zu "Liebewesen" von Caroline Schmitt

Scharfsinnig, berührend und hochkomisch zugleich
Cover-Bild Liebewesen
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Caroline Schmitt (Autor)

Liebewesen

Roman

Ein mutiger Debütroman voller Wucht

"Puff, puff machen die Liebesroman-Stereotype, während sie implodieren: Dieses Buch modernisiert ein ganzes Genre. Seine Figuren sind angedetscht und überfordert und tapfer und hoffnungsvoll, kurz: Sie sind wie wir." Mareike Fallwickl

Vor drei Monaten war ich sicher, dass ich nicht schwanger werden konnte. Dann war ich sicher, dass der Abbruch erfolgreich gewesen und ich in meinem Körper wieder allein war. Ich lag in beiden Fällen daneben.

Lios Körper ist ihr Albtraum, daran ändert auch ihr Freund Max nichts. Als sie ungeplant schwanger wird, starrt sie nicht nur fassungslos auf den positiven Test, weil jemand wie sie doch gar nicht schwanger werden kann, sondern auch auf das Ende einer mühsam erarbeiteten Normalität. Sie ist unfähig, Max von der Schwangerschaft zu erzählen, und genauso unfähig, diese zu beenden. Während das Kind in Lios Bauch wächst, prasseln Erinnerungen auf sie ein: an ihre kalte Mutter, ihren hilflosen Vater und an all das andere, das sie für immer vergessen wollte. Zum ersten Mal stellt sie sich ihrer Vergangenheit - und riskiert damit, dass alles zusammenbricht.

Scharfsinnig, berührend und hochkomisch zugleich erzählt Caroline Schmitt von versehrten Körpern und Seelen, von der Kompliziertheit der Liebe und der großen Sprachlosigkeit, die alles umgibt. Vor allem aber erzählt sie die Geschichte einer großen Befreiung.




Timing der Leserunde

  1. Bewerben 15.05.2023 - 21.05.2023
  2. Lesen 29.05.2023 - 18.06.2023
  3. Rezensieren 19.06.2023 - 02.07.2023

Bereits beendet

Schlagworte

Liebe Beziehung Partnerschaft Schwangerschaft Abtreibung Schwangerschaftsabbruch Selbstfindung Missbrauch Vergewaltigung Mutter Tochter Gewalt Trauma Traumata Schwimmen Freischwimmen Körper Körperbewusstsein Sex Mareike Fallwickl Daniela Dröscher Maren Wurster Caroline Wahl Julia Friese Literarische Unterhaltung

Teilnehmer

Diskussion und Eindrücke zur Leserunde

Veröffentlicht am 22.06.2023

Ein ehrlicher Roman

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Wie Buchtitel und Buchcover vermuten lassen erwartet die Leserin bei diesem Roman keine allzu leichte Kost. Das bedeutet in diesem Fall jedoch nicht, dass der Roman besonders schwer verständlich wäre. ...

Wie Buchtitel und Buchcover vermuten lassen erwartet die Leserin bei diesem Roman keine allzu leichte Kost. Das bedeutet in diesem Fall jedoch nicht, dass der Roman besonders schwer verständlich wäre. Ganz im Gegenteil . durch die relativ kurz gehaltenen Kapitel geht das Lesen ziemlich schnell.
Die Hauptfiguren Lio und Max haben beiden auf jeden Fall jede Menge Ecken und Kanten und wirken dadurch unheimlich authentisch. Sie sind beide keine einfachen Charaktere und tragen beide auch viele Probleme bei und mit sich. Trotzdem erwischt man sich doch immer mal wieder dabei, dass man die ein oder andere Situation vielleicht einmal ähnlich gelöst oder eben nicht gelöst hat.
Lio macht innerhalb der Handlung eine unheimliche Entwicklung durch, die mich sehr beeindruckt hat. Ich hätte sie sehr gerne noch etwas länger begleitet - doch das Buchende kam leider zu früh und etwas plötzlich.
Was mich überrascht und etwas enttäuscht hat war die erst sehr spät auftauchende Schwangerschaft - hier hat der Klappentext irgendwie eine viel frühere und bedeutendere Rolle suggeriert (an dieser Stelle hätte man den Klappentext bzw. den Text im Umschlag besser nicht vor der Lektüre gelesen). Trotzdem war das Buch für mich eine wirkliche Bereicherung.

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Veröffentlicht am 27.06.2023

Eine ergreifende Reise durch die Komplexität der Liebe

1

"Liebewesen" von Caroline Schmidt ist ein Roman, der durch seine außergewöhnliche Handlung und den eindringlichen Schreibstil fesselt. Die Geschichte dreht sich um die Protagonisten Lio und Max, die sich ...

"Liebewesen" von Caroline Schmidt ist ein Roman, der durch seine außergewöhnliche Handlung und den eindringlichen Schreibstil fesselt. Die Geschichte dreht sich um die Protagonisten Lio und Max, die sich auf ungewöhnliche Weise in einer Badewanne kennenlernen und eine Beziehung eingehen. Doch ihre Liebe wird von tiefgreifenden seelischen Belastungen überschattet. Als Lio schwanger wird, steht sie vor der Herausforderung, sich mit ihren eigenen Problemen auseinanderzusetzen und eine bedeutsame Entscheidung zu treffen. Außerdem wird die Geschichte von Lio und Mariam beleuchtet, die nach kurzem Kennenlernen zusammen in eine WG ziehen. Obwohl die beiden Frauen komplett verschieden sind, Mariam ist sehr extrovertiert und Lio sehr introvertiert, verstehen sie sich gut.

Der Schreibstil von Caroline Schmidt ist dennoch äußerst interessant. Sie nutzt verschiedene Stilmittel, um die Geschichte lebendig zu gestalten und den Leser zu fesseln. Besonders beeindruckend fand ich die Einbindung von Fakten über Schwangerschaft, die zu Beginn der Kapitel präsentiert wurden. Dadurch wird nicht nur die Handlung vorangetrieben, sondern es entsteht auch ein informativer Aspekt, der die Geschichte bereichert.

"Liebewesen" hat eine langanhaltende Wirkung, auch nachdem man das Buch beendet hat.

Insgesamt ist "Liebewesen" von Caroline Schmidt eine lesenswerte Geschichte mit einem interessanten Schreibstil und einer fesselnden Handlung. Obwohl mir die Protagonisten seltsam fremd blieben, konnte ich mich von der emotionalen Tiefe der Geschichte mitreißen lassen. Der Roman erzählt von der Suche nach Liebe, Identität und Verbundenheit in einer komplexen Welt der Gegensätze. Dennoch bleibt eine gewisse Unzufriedenheit zurück, da die Bindung zu den Figuren fehlt und wichtige Themen nicht ausreichend vertieft werden. Trotzdem ist "Liebewesen" eine packende Erzählung, die den Leser auf eine ergreifende Reise mitnimmt.

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Veröffentlicht am 25.06.2023

Sprachlos

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Lio trifft Max zum ersten Mal, kommt mit ihm zusammen, wird von ihm schwanger. Ihre Beziehung wird überdeckt von den Traumata ihrer Vergangenheit und einer großen Sprachlosigkeit. „Wichtige Gespräche fingen ...

Lio trifft Max zum ersten Mal, kommt mit ihm zusammen, wird von ihm schwanger. Ihre Beziehung wird überdeckt von den Traumata ihrer Vergangenheit und einer großen Sprachlosigkeit. „Wichtige Gespräche fingen Max und ich oft nur an und bogen dann schnell ab. Aber vielleicht waren sie auch nicht so wichtig.“
Angelockt durch das provokante Cover, das ein Mädchen im biederen Kleid zeigt, das mit einem Gewehr bewaffnet ist, und durch die Leseprobe, die mit dem Wortgefecht zweier Freundinnen aufwartet, habe ich zu diesem Buch gegriffen. Ich hatte erwartet, eine frische und freche Erzählstimme darin zu finden, die ebendiesem ersten Eindruck gerecht wird.
Die Hauptfigur hat Übles erlebt, insofern ist ihr Verhalten ein Stück weit nachzuvollziehen. Allerdings bleiben die Erinnerungen eher im Hintergrund, und wenn dann mal etwas klar angesprochen wird, ist es beispielsweise der Ablauf eines Frauenarzttermins; das ist Alltag und nicht sonderlich erhellend.
Das Nichtsprechen war für mich die größte Schwachstelle des Romans, hat es doch verhindert, in der Beziehung irgendetwas anderes zu sehen, als dass sie verkorkst ist. So fiel es mir schwer, mit der Protagonistin mitzufühlen. Zwar fand ich das Buch nicht schlecht, gerate aber in Anbetracht meiner Erwartungen nicht in Verzückung.

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Veröffentlicht am 21.06.2023

Keine leichte Kost

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Ein Roman, der wichtige gesellschaftliche und emotionale Themen behandelt, mit Charakteren, die besonders sind.

Zunächst ist der Schreibstil von Caroline Schmitt sehr passend und gelungen! Durch Rückblenden ...

Ein Roman, der wichtige gesellschaftliche und emotionale Themen behandelt, mit Charakteren, die besonders sind.

Zunächst ist der Schreibstil von Caroline Schmitt sehr passend und gelungen! Durch Rückblenden in die Vergangenheit findet sich der Leser schnell in die Geschichte ein und wird direkt mitgenommen. Man begleitet Lio und Max, die sich kennen und lieben lernen. Beide haben ein großes Päckchen zu tragen und so trägt jeder für sich seine unausgesprochenen Traumata mit in die Beziehung hinein. Ein Wendepunkt steht bevor, als Lio schwanger wird.

Gut gefallen hat mir die liebevolle Ausarbeitung der Charaktere. Man merkt in jedem Satz, dass viel Arbeit darin steckt. Leider blieb mir die gesamte Geschichte etwas zu oberflächlich und teilweise verwirrend. Vielleicht hatte ich mich zu sehr vom Klappentext leiten lassen, der ja unter anderem am Ende eine große Befreiung verspricht. Angesichts der Gestaltung des Covers hätte ich einen großen Knall erwartet, der für mich in dieser Wiese ausblieb. Das Buch und die Geschichte an sich haben mich aber eher ratlos hinterlassen und sind schnell verblasst. Insgesamt ein Buch, das man gut lesen kann, für mich aber leider kein absolutes must-read.

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Veröffentlicht am 29.06.2023

Ein 'anderer' rosa Liebesroman

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Das Leben der introvertierten, zum verzweifelten Zynismus neigenden Lio nimmt auf einer Uni-Rollschuhparty eine entscheidende Wendung. Denn hier lernt die Biologiestudentin die einnehmende Mariam kennen. ...

Das Leben der introvertierten, zum verzweifelten Zynismus neigenden Lio nimmt auf einer Uni-Rollschuhparty eine entscheidende Wendung. Denn hier lernt die Biologiestudentin die einnehmende Mariam kennen. Mit ihrer direkten, humorvollen Art gelingt es Mariam, Lio als ihre zukünftige Mitbewohnerin für ihre 2er-WG zu gewinnen. Dies ist der Beginn einer intensiven Freundschaft. Während Mariam auch über Sex und Liebe offen mit Lio spricht, ist letztere diesbezüglich zurückhaltend. Schließlich gelingt es Mariam, Lio von der Partnersuche auf Datingportalen zu überzeugen. Über ein solches fädelt Mariam ein Badewannen-Date mit einem gewissen Max ein. Aus dem genauso schüchternen wie verspielten ersten Treffen entsteht schnell mehr. Lio erwidert Max‘ Gefühle, ist aber bei zunehmender Körperlichkeit zögerlich und verkrampft. Lio scheint, je länger ihre Beziehung mit Max andauert, immer besser zu ihrem Körpergefühl und auch zu sich selbst zu finden. Wenige Jahre später gestalten Lio und Max ihr Zusammenleben deutlich unharmonischer. Zwei Jahre nach dem Beziehen ihrer gemeinsamen Wohnung stellt Lio fest, dass sie schwanger ist. Spätestens jetzt wird Lio von ihrer eigenen Kindheit eingeholt.

Bei Caroline Schmitts Romandebüt scheint es sich auf den ersten Blick um einen gewöhnlichen Liebes- oder Coming-of-Age-Roman zu handeln. Nicht zuletzt deswegen, weil auf dem Cover der Romantitel ‚Liebewesen‘ prominent in pastellrosa prangt. Auch der Textauszug auf der Buchrückseite ist mit seinen konsequenten Großbuchstaben und demselben Rosaton nicht zu übersehen. Das Cover zeigt ein Mädchen in weißen Strumpfhosen und rosa Kleid. Der Anschein von Prinzessinnenkitsch wird aber bei genauerer Betrachtung des Bildes jeder/-m Leser/-in genommen. Denn das Mädchen hält ein Gewehr im Anschlag. Ähnlich explosiv liest sich der Text auf der Buchrückseite, ein Textauszug. Hierin taucht der/die Leser/-in durch einen Gedankenmonolog in die Empfindungen Lios bei ihrem ersten Mal, das sie mit Max hat, ein. Da ist Angst, da sind Schmerzen, Angst davor, als Jungfrau ‚enttarnt‘ zu werden. Diese Passage stellt Lios innersten Konflikt der Selbstakzeptanz vor, der aus einer traumatischen Kindheit entwachsen zu sein scheint. Die Körperlichkeit, der Körper Lios erwächst in Schmitts Romandebüt zur Allegorie.

Mit ihrer Schwangerschaft wächst in Lio nicht nur in ihrem tiefsten Innern ein neues unschuldiges Leben heran. Simultan mit ihrem Bauch wachsen ihre inneren Konflikte über sie hinaus, lassen sich nicht mehr verbergen. Lios Schwangerschaft scheint von Beginn an etwas ganz Persönliches, etwas Belastendes zu sein. Keine Euphorie nach dem positiven Schwangerschaftstest, keine Imagination eines zukünftigen Familienidylls.

Statt überbordender Mutterinstinkte scheinen die Ängste der kleinen Lio vermehrt in der werdenden Mutter wach zu werden. Schmitt beschreibt die Kälte des Elternhauses, die strikte Disziplin der dominanten Mutter, ihre Härte und Herzlosigkeit aus der Perspektive von Lio, inszeniert unsichere Protagonistin als Ich-Erzählerin. Die Lesenden bekommen jene intimen Einblicke in Lios Innenleben, die in ihrer Beziehung zu Max mit der Zeit Mangelware werden.

Die inzwischen in der Forschung durchaus erfolgreiche Lio hat in ihrer Laborarbeit einen Kosmos gefunden, durch den sie dem zunehmenden anstrengenden Zusammenleben mit Max entfliehen kann. Das Rationale unterliegt ihrer Kontrolle – im Gegensatz zum Emotionalen und Irrationalen. Vor diesem Hintergrund erscheinen die kurzen Sachtexte, die ab der Schwangerschaft sämtliche Kapitel einleiten, wie eine Laborforschung an der Laborforscherin Lio.

Insgesamt bietet Schmitt mit ihrem Debüt also thematisch und motivisch durchaus innovativen Inhalt. Wir als Lesende sind nah an Lios Empfinden, näher als jede Figur des Romans. Es ergreift die Lesenden zum Ende hin zunehmend das Mitreißende Element, movere. Manchmal jedoch scheint die Leere zwischen den Zeilen eher ungewollt als gewollt. Der kurze Roman bietet dennoch Anknüpfungspunkte an grundlegende Diskurse, in erster Linie durch Inhalt und Grundidee. Schmitts Romandebüt ist in Summe im Konkurrenzfeld seiner Verlagsklasse überaus gelungen. Jedoch fällt die sprachliche-ästhetische Antwort auf die überaus gesamtgesellschaftlich relevanten Konfliktfelder der Protagonistin ausgesprochen genretypisch aus.

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