Als große Kinderbuchliebhaberin war meine Neugier sofort geweckt, als ich das erste Mal auf „Zippel, das wirklich wahre Schlossgespenst“ gestoßen bin. Gespenstergeschichten fand ich schon immer super und da mich der Klappentext und das Cover hier sofort ansprechen konnten, stand für mich sehr schnell fest, dass ich Zippel unbedingt kennenlernen möchte.
Schlossgespenster leben in Burgschlössern? Falsch. Wer hat eigentlich dieses Lügenmärchen in die Welt gesetzt? Schlossgespenster leben doch nicht in alten, zugigen Burgen, um dort mit Ketten zu rasseln oder Ritterrüstungen zum Scheppern zu springen. Nein, also bitte. Zippel ist empört, als er das hört. Er ist ein waschechtes kleines Schlossgespenst und fühlt sich wo am wohlsten? Na, natürlich in einem Türschloss, je rostiger, desto besser. Zippel ist in dem Haustürschloss von der Wohnung von Paul und seinen Eltern zu Hause. Dort hat er sich vor kurzem gemütlich gemacht. Mit der Gemütlichkeit soll es aber sehr schnell vorbei sein, als Paul seinen Schlüssel ins Schloss steckt. Autsch, da tut doch weh! So treffen die beiden also das erste Mal aufeinander. Von dem Moment an beginnt für Paul die lustigste Zeit seines Lebens. Zippel hat nur Quatsch im Gespensterkopf und sorgt bei Paul zu Hause für jede Menge Aufregung und Chaos. Paul hat Zippel sofort ganz fest in sein Herz geschlossen und ist froh, so einen tollen Freund bei sich zu Hause wohnen zu haben. Doch dann soll das Schloss in der Haustür ausgetauscht werden. Oh nein, das müssen Paul und Zippel unbedingt verhindern!
Was für ein tolles Buch! Ich hatte hier mal wieder den richtigen Riecher gehabt, mich konnte „Zippel, das wirklich wahre Schlossgespenst“ von den ersten Seiten an hellauf begeistern. Diese witzige, warmherzige und zauberhaft schöne Geschichte ist definitiv nicht nur etwas für Kinder – auch Erwachsene werden hier jede Menge Freude beim Lesen haben.
Mit Zippel ist Alex Rühle ein wundervoller Buchheld gelungen, der mich immer wieder sehr an das Sams erinnert hat. Wie dieses, so reimt auch Zippel unheimlich gerne und dichtet die lustigsten Liedchen. Diese lassen sich wunderbar vorlesen und werden für einen besonders schönen Vorlesespaß sorgen.
Allerdings sorgt natürlich auch die Handlung für jede Menge laute Lacher und breite Schmunzler.
Zippel ist einfach toll. Das kleine Schlossgespenst ist lieb, frech und ein Meister im Buchstabenverdrehen und Schöpfen neuer Wörter. So nennt er zum Beispiel „Erwachsene“ „Awachsana“ und „natürlich“ wird zu „latürnich“. Und das sind nur zwei Beispiele von vielen. Das Buch sprüht nur so von einfallsreichen, ulkigen Ideen. Super fand ich auch das mit dem Schloss. Wieso sollen Schlossgespenster eigentlich in Schlössern, also Burgen leben? Warum nicht in Türschlössern? Wir Menschen haben einfach von nichts eine Ahnung. Gespenster in Burgen, nee, Humbug ist das. Ein richtiges Gespenst fühlt sich am allerwohlsten in einem schönen rostigen Türschloss.
Was mich mit am besten unterhalten hat, sind Zippels Versuche die Welt von uns Menschen zu verstehen. Wie funktioniert zum Beispiel ein Klo? Wohin verschwindet das Wasser, wenn man spült? Ein äußerst rätselhaftes Phänomen für Zippel. Noch verwirrender ist die Sache mit dem Schreiben. Wo ist denn nur der Rüssel, wenn man Elefant schreibt? Und warum muss es so viele Buchstaben geben?
Mit am erstaunlichsten findet Zippel aber die Sache mit dem Essen. Als Paul seinem neuen Freund zeigen möchte, wie das funktioniert, ist das kleine Gespenst zunächst richtig geschockt. Wo ist denn plötzlich die Mandarine abgeblieben? Was, in Pauls Bauch? Und wie kommt sie da wieder raus?
Ja, ihr merkt vielleicht, Zippel hat noch so einiges zu lernen, wenn er unsere Welt zumindest teilweise verstehen möchte. Ist ja aber auch alles verdammt kompliziert, klar, dass Zippel mit vielem so seine Probleme hat. Paul aber bleibt ganz ruhig und erklärt dem wissbegierigen Gespenst alles so gut er nur kann. Die Dialoge, die dadurch zustande kommen, sind einfach nur köstlich.
Neben Zippel haben mir auch alle anderen Charaktere richtig gut gefallen, allen voran Paul, der ein ganz lieber Junge ist, den man einfach sofort in sein Herz schließen muss. Mit ihm wird sich die Zielgruppe wunderbar identifizieren können. Vermutlich werden so einige Kinder ein bisschen neidisch auf Paul werden. So ein Schlossgespenst zum Freund zu haben ist schon etwas Feines. Zumindest hätte ich als Kind so einen Gefährten in meinem Zimmer klasse gefunden. :D
Okay, Chaos ist bei einem Gespenst natürlich vorprogrammiert, vor allem, wenn es nur Flausen im Kopf hat. Es kann einem aber auch in schwierigen Situationen helfen.
Paul wird leider in der Schule von zwei ziemlich blöden Jungs gemobbt. Als Zippel einmal mit zur Schule kommt, zeigt er diesen Doofis, wo der Hammer hängt. Das Buch kann also nicht nur mit jeder Menge Fantasie und Humor aufwarten, es enthält auch Tiefgang.
Was dann natürlich auch nicht unerwähnt bleiben darf, sind die großartigen, farbigen Illustrationen von Axel Scheffler. Den meisten wird er vermutlich durch „Das Grüffelo“ bekannt sein. Axel Schefflers Zeichenstil ist unverkennbar. Für dieses Buch ist er in meinen Augen ein richtiger Glücksgriff, seine lustigen, liebenswerten Illustrationen passen einfach nur perfekt zu dieser schönen Geschichte. Da hätte es gerne noch viel mehr von geben können. Das Buch besitzt zwar sehr viele Illustrationen, nur waren es mir für meinen Geschmack dann doch schon fast zu wenige. Gerade im letzten Kapitel ist doch sehr viel Text und kaum Bild. Groß gestört hat es mich aber nicht.
Mir hat das Buch unheimlich gut gefallen und ich hoffe sehr, dass wir noch weitere, so tolle Geschichten von Zippel und Paul zu lesen bekommen werden. Und wenn keine Zippel-Abenteuer, so hoffentlich andere Geschichten von Alex Rühle. Mich jedenfalls konnte er mit seinem Kinderbuchdebüt absolut überzeugen.
Fazit: Witzig, herzerwärmend, zauberhaft schön! Mit „Zippel, das wirklich wahre Schlossgespenst“ ist Alex Rühle ein wundervolles Vorlesebuch für die ganze Familie gelungen. Zum Vorlesen eignet sich diese tolle Geschichte wirklich perfekt, aber auch zum Selberlesen bietet es sich für Grundschulkinder prima an. Mir hat das Buch herrliche Lesestunden beschert und ich würde mich riesig über weitere Zippel-Geschichten freuen. Hier vergebe ich sehr gerne volle 5 von 5 Sternen!