Nostalgisch, ohne zu verklären
„Die Schwester sagt: ‚Wenn du konzentriert hochschaust an den Himmel, erscheint dort die Pyramide von Dark Side Of The Moon.‘“ (Pos. 550)
Samstags wird das Auto gewaschen und abends die „ZDF-Hitparade“ ...
„Die Schwester sagt: ‚Wenn du konzentriert hochschaust an den Himmel, erscheint dort die Pyramide von Dark Side Of The Moon.‘“ (Pos. 550)
Samstags wird das Auto gewaschen und abends die „ZDF-Hitparade“ geschaut. Wenn man essen geht, dann in den Balkan-Grill, ansonsten erfreut man sich an der effizienten Einbauküche. Gelegentlich fährt man nach Düsseldorf, geht zu Feinkost Münstermann und kauft Brot bei Hinkel – und manchmal, ja, manchmal auch „Vanilletee aus dem indisch-afghanischen Laden auf der Ratinger Straße“: Es sind die Siebziger Jahre in einer Düsseldorfer Vorstadt, der Ort und die Zeit, in der der 10-jährige Protagonist und Ich-Erzähler seine Kindheit verbringt.
Wer nun je
doch einen nostalgisch-seichten Ausflug in eine vermeintlich gute, alte Zeit befürchtet, darf seine Bedenken getrost vergessen. Ja, ein Hauch von Nostalgie lässt sich nicht abstreiten – insbesondere, wenn man selbst in etwa jener Zeit in einem Düsseldorfer Vorort aufgewachsen ist –, doch von Seichtheit kann dankenswerterweise keine Rede sein. Denn Alexander Gorkows Siebziger sind, durch die Augen seines Protagonisten betrachtet, eben nicht nur der Ort gepflegter Vorgartenidylle und die Zeit, da die Philipshalle noch Philipshalle hieß und die Mata-Hari-Passage mehr war als eine Erinnerung. Es ist zugleich die Ära unverhohlener Altnazis, Ohrfeigen verteilender Pfarrer, schikanierender Mitschüler und Contergan-geschädigter Kinder. Es ist ein von Monstern bevölkerter Ort, und die sind überall: unterm Bett, im Keller, einige von ihnen sind auch im Dorf unterwegs. Doch Gott sei Dank gibt es gute Freunde, eine großartige große Schwester – und die Alben von Pink Floyd.
„Die Kinder hören Pink Floyd“ ist eine sensible und melancholische, bisweilen heitere, aber nie idealisierende Hommage an eine vergangene Epoche. Eine große Leseempfehlung an alle, eine besondere Leseempfehlung an jene, die selbst Kinder der Siebziger sind – und ein Mustread für alle, die diese Zeit in und um Düsseldorf erlebt haben.