blutrünstig und zauberhaft zugleich, mit klitzekleinen Defiziten
Elian und Lira, zwei Individuen, die nicht unterschiedlicher sein könnten... Oder??? Sie die Tochter der Meereskönigin, er der Prinz von Midas, und dennoch sind sie in einigen Punkten über die Maßen identisch: ...
Elian und Lira, zwei Individuen, die nicht unterschiedlicher sein könnten... Oder??? Sie die Tochter der Meereskönigin, er der Prinz von Midas, und dennoch sind sie in einigen Punkten über die Maßen identisch: vereint im gegenseitigen Hass, sind sie beide nichts weiter, als Mörder, die sich nach dem Leben trachten. Die Sirenen hassen die Menschen wegen deren Mordes an ihrer Göttin Keto, die Menschen hassen die Sirenen wegen der Morde an ihrer Art. So scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis sie aufeinandertreffen und das Schicksal für einen der beiden für immer besiegelt ist.
Viele von euch wissen, dass ich eigentlich kein Coverkäufer bin. Dennoch muss ich zugeben, dass mir die Verzierungen gleich ins Auge gesprungen sind, sehen schon toll aus, oder?
Umso erstaunter war ich als ich festgestellt habe, dass der Inhalt sich doch sehr von dem unterscheidet, was mich der erste optische Eindruck vermuten lies. Denn wer denkt, "ja, ein Märchen mit Sirenen" oder so -so harmlos war ehrlich gesagt meine Erwartung-, wird relativ schnell eines besseren belehrt. Denn nicht nur, dass beide Mörder sind, die auf die jeweils andere Art Jagd machen, nein, gerade bei Lira kommt noch eine gewaltige Portion Grausamkeit und Brutalität dazu! In Kombination mit ihrer zornigen, impulsiven Art lässt das gerade im ersten Teil der Geschichte kein allzu rosiges Licht auf sie scheinen.
Diese Abweichung vom Erwarteten fand ich alleine schon ziemlich fesselnd und gelungen, jedoch werden sowohl Geschichte als auch Spannung und Entwicklung der Charaktere durch den Schreibstil der Autorin zusätzlich perfekt unterstützt. Sie erzählt im Wechsel aus den beiden Perspektiven, was nicht nur einen schönen Blick in die Köpfe der zwei ermöglicht, sondern auch in die Schönheiten der Welten, aus denen sie stammen und an denen sie uns teilhaben lassen. Fantasievoll und bildhaft tauchen wir in die wunderschöne und gleichzeitig grausame Unterwasserwelt der Sirenen ein, um gleich darauf Elian und seine Crew zu begleiten, die in Piratenmanier Abenteuer ersegeln und zeitgleich Sirenen jagen.
Wir haben an Sorgen und Wünschen Anteil, allem voran der Sehnsucht nach Freiheit, die beide innehaben.
Viele Aspekte der Geschichte haben mir unheimlich gut gefallen, konnten mich unterhalten und faszinieren. Vor allem, weil ich absolut nicht mit einer so gehörigen Portion Gnadenlosigkeit und Unbarmherzigkeit gerechnet hatte. Gerade im ersten Teil des Buches erleben wir sehr viel Misstrauen, Vorurteile und Drohungen, die ein wirklich düsteres Szenario erschaffen, dass ich sehr faszinierend fand. Im zweiten Teil jedoch, kommen dann eher die Aspekte zur Geltung, mit denen ich gerechnet hatte und leider ist die Geschichte ab diesem Zeitpunkt auch etwas vorhersehbar. Nun gut, das ist vermutlich meistens so, sobald amouröse Emotionen ins Spiel kommen, aber in Kombination mit klitzekleinen Längen, war mir das dann einfach ein bisschen zu "glatt".
Wobei ich jedoch auch zugeben muss, dass das Ende dann doch wieder für viele Dinge entschädigt, aber das müsst ihr jetzt dann doch selbst lesen ;)
Besonders gut hat mir wiederrum gefallen, dass mich bestimmte Aspekte immer wieder zum Grübeln bringen konnten. Dinge wie die Überlegung, was uns eigentlich ausmacht, was unseren Charakter formt. Ob wir nur die Summe unserer Herkunft und Wurzeln sind, und inwiefern wir aus unserer eigenen Haut können. Diese Gedanken hat Alexandra Christo schön in Szene gesetzt und geschickt platziert, so dass sie bestimmt bei den meisten Lesern noch ein bisschen nachhallen werden.
Für mich ist "das wilde Herz der See" eine sowohl blutrünstige als auch zauberhafte Geschichte mit kleinen Defiziten, die jedoch durch Schreibstil und Bildhaftigkeit besticht. Da packt mich doch sofort wieder das "Meerweh"...