Schon allein durch Cammies Gedächtnisverlust ist Spione lieben gefährlich, der vorletzte Band der packenden Reihe um die Gallagher Girls, gleich von Anfang an mitreißend und Nerven aufreibend. Zu Beginn weiß Cameron nicht einmal, wo sie ist und stellt erst kurz darauf schockiert fest, dass seit ihrer letzten Erinnerung mehrere Monate vergangen sind. Als Leser ist man genauso unwissend wie sie und weiß lediglich, dass sie Schreckliches erlebt haben muss, aber eben nicht was.
Zu den optischen Veränderungen – anderer Haarschnitt, neue Haarfarbe sowie eine dünnere Statur – kommt hinzu, dass sie gelegentlich Musik hört, die niemand sonst hören kann, oder ihre Hände sich wie von selbst bewegen. Es ist manchmal richtig unheimlich und Cammie fürchtet sich dadurch teilweise sogar vor sich selbst. Ihre Mutter möchte gar nicht, dass Cam ihr Gedächtnis vollständig zurückerlangt, da ihre zahlreichen Verletzungen mitunter auf Folter hindeuten und ihr Gehirn diese Erlebnisse dann aus gutem Grund verdrängt hat. Die Unwissenheit quält sie jedoch vielmehr, weshalb sie sich dennoch unbedingt erinnern will.
Dass ihre Freundinnen sich ihr gegenüber ziemlich distanziert verhalten und sich Bex scheinbar komplett von ihr abwendet, erschwert ihr die Rückkehr an die Akademie zusätzlich. Als Leser kann man sowohl verstehen, warum Cammie damals ohne sie gegangen ist, als auch, dass die anderen wegen dieser Entscheidung sauer auf sie sind. Bex ist zwischendurch besonders unausstehlich, was ihre beste Freundin wirklich nicht verdient hat. Doch die Mädchen sind seit Jahren befreundet und lassen ihr Chamäleon natürlich nicht im Stich. Sie mögen verletzt und wütend sein, lieben Cam aber trotzdem so sehr, dass sie aufwendige Vorkehrungen treffen um zu verhindern, dass sie ein zweites Mal einfach verschwindet, da sie sie auf keinen Fall verlieren wollen. Ihre Beziehungen bessern sich im späteren Verlauf also zwangsläufig wieder und selbst mit Bex spricht sich Cam irgendwann aus.
Zwischen Cammie und Zach ist seit dem Sommer ebenfalls eine Kluft entstanden und sie befürchtet schon ihn gänzlich verloren zu haben, denn ihn hat sie mit ihrem Alleingang ebenfalls verletzt. Außerdem scheinen er und Bex sich nun sehr nahe zu stehen. Letzte verbindet jedoch einzig die gemeinsame Liebe zu Cam und keine zueinander, was Cammie mit der Zeit erkennt.
Es ist schön, dass die Liebesgeschichte zwischen Zach und Cammie zwar dezent bleibt, aber auch nicht völlig in den Hintergrund rückt. Sie sind sich sehr ähnlich, passen ausgesprochen gut zusammen und man spürt mittlerweile deutlich, wie viel Zach für sie empfindet. Cam ist zwar bewusst, dass sie eigentlich viel größere Probleme hat, doch sie ist nur ein Mensch und kann nicht verhindern sich trotz allem um ihre Beziehung zu ihm zu sorgen. Ihre Gefühle sind nun einmal ein Teil von ihr.
Die Handlung ist durchgängig spannend und zeichnet sich durch viele, brenzlige Situationen aus, die sehr böse hätten enden können. Zusammen mit ihren Freundinnen Bex, Liz und Macey, ihrer Tante Abby, ihrer Mutter, Zach sowie Agent Townsend geht Cammie schließlich den wenigen Spuren nach, die sich über Camerons vergangenen Sommer finden ließen und stoßen nach und nach auf weitere Hinweise, die sie letztlich zu einer wichtigen Entdeckung ihres Vaters führen. Jeder Aufenthalt außerhalb der schützenden Mauern der Schule ist dabei noch gefährlicher und bedrohlicher als zuvor, denn der Cavan Zirkel scheint Cameron nun nicht mehr lebendig zu brauchen, sodass nicht länger nur ihre Freiheit, sondern auch ihr Leben in ernster Gefahr schwebt.
Überraschend taucht eine Person aus einem früheren Band erneut auf, bei der man überhaupt nicht mit einem Wiedersehen gerechnet hätte und die im finalen sechsten Band vermutlich noch eine größere Rolle spielen wird. Es erwarten einen viele schlechte Nachrichten, zum Ende hin allerdings ebenso eine gute, auf die man schon nicht mehr zu hoffen gewagt hatte. Man erfährt endlich, was der Zirkel die ganze Zeit von Cammie wollte und was ihrem Vater damals zugestoßen ist. Auch was Cameron im Sommer widerfahren ist, wird größtenteils aufgedeckt, wenngleich nicht in allen Einzelheiten. Man wird also nicht bis zum abschließenden Band auf die Folter gespannt und erhält zumindest ein paar Antworten. Darüber hinaus sind aber noch genügend andere Fragen offen und Aufgaben zu erledigen. Am Ende gelingt es Ally Carter zudem ihre Leser mit einem völlig unerwarteten Verrat und einer sehr gelungenen Wendung noch einmal zu verblüffen.
Die vier Mädchen stehen am Ende kurz vor dem Abschluss und infolgedessen fällt es einem nicht mehr schwer sich vorzustellen, dass sie danach für echte Geheimdienste arbeiten werden. Die Erwachsenen verheimlichen ihnen zwar nach wie vor einiges und weihen sie weiterhin nicht in alle Pläne ein, vor allem was die mögliche Zerschlagung des Zirkels betrifft, begegnen ihnen jedoch immer mehr auf Augenhöhe statt sie wie Kinder zu behandeln. Inzwischen sind sie oft eine wertvolle Unterstützung und Cam hat im vergangenen Sommer vieles richtig gemacht, sich also wie eine echte Spionin verhalten, bevor sie letztendlich doch gefangen genommen wurde.
Die Mission, auf die sich die Gallagher Girls im Finale wahrscheinlich begeben werden, steht nach den jüngsten Erkenntnissen bereits fest und sie wird weder leicht noch ungefährlich sein. Im Kampf gegen den Zirkel sind sie dafür einen Schritt weiter gekommen und haben nun gute Chancen ihm ein für alle Mal das Handwerk zu legen, wenn sie ihre Karten gut ausspielen. Aber sie können nur wenigen Leuten vertrauen, weil der Zirkel überall seine Spitzel hat. Die Handlung steuert somit unweigerlich auf ein fulminantes Finale im sechsten Band zu.
FAZIT
Mit Spione lieben gefährlich hat Ally Carter einen fünften Band geschrieben, der so fesselnd ist, dass man sich schon nach den ersten Seiten kaum noch davon losreißen kann. Cammies spannende Geschichte lässt einen definitiv nicht mehr los und das Erscheinen des finalen sechsten Bandes kann man nach diesem Ende kaum erwarten!