Ein tolles Buch über 2 starke Frauen
Das Buch umhüllt ein schöner Einband. Der Schutzumschlag wirkt auf den ersten Blick sehr ansprechend und erscheint in einem blassen Rosa. Konträr dazu die mittig über dem Titel angeordnete Zeichnung, die ...
Das Buch umhüllt ein schöner Einband. Der Schutzumschlag wirkt auf den ersten Blick sehr ansprechend und erscheint in einem blassen Rosa. Konträr dazu die mittig über dem Titel angeordnete Zeichnung, die ein Krankenbett mit Fesseln in schwarz-weiß darstellt, aus einem darüberschwebenden Blickwinkel.
Anne Schuster hat hier ein sehr ungewöhnliches Buch vorgelegt.
Voller Spannung berührt es doch zutiefst.
Neben offen politischer Stellungnahme zum Frauenrecht und der Selbstfindung durch Vergangenheitsbewältigung der Ich-Erzählerin geht es auch um den Mord an ihrem Urgroßvater. Es ist also mehr als genreübergreifend und das als Erstlingswerk der südafrikanischen Autorin.
Durch unterschiedliche Schrifttypen werden die 3 Handlungs- und Zeitebenen voneinander abgegrenzt, sodaß man die verschiedenen Perspektiven jederzeit nachvollziehen kann.
1.) Anna Bertrand sucht in Kapstadt 2004 in den Archiven nach Hinweisen zu ihrer Urgroßmutter Maria Jacoba Schultz, die ihr letztes Lebensjahr in der psychiatrischen Anstalt (ihrer Sprache beraubt, der Körper gelähmt) verbringt. Sie stellt ihr viele Fragen, da sie nicht nachvollziehen kann, warum Maria dort untergebracht wurde. Da sie nur weniger Fakten fündig wird, entspringt das meiste ihrer einseitigen Zwiesprache ihrer Phantasie.
2.) Ihre Urgroßmutter Maria erinnert sich in der Psychiatrie an ihr schweres Leben mit einem kaltherzigen, herrischen Ehemann und 6 Kindern. Zugleich beschreibt sie ihr Kapstadt Ende des 18. Jahrhunderts mit all der Diskriminierung von Frauen und dem Rassismus, sowie ihre derzeitige Umgebung in der Irrenanstalt.
3.) Hier finden sich Anweisungen/ Übungen an/ für fiktive Teilnehmerinnen eines Schreib-Workshops oder der Leserschaft, die sich thematisch mit Autobiographie und Erinnerungen auseinandersetzen sollen.
Diese scheint die Autorin im Anschluß daran gleich im Roman umzusetzen.
Während Maria in einer Irrenanstalt dahinvegetiert, und ihre Situation als bedrückend und ausweglos beschrieben wird, findet Anna auf der Suche nach Erkenntnissen zu ihrer Urgroßmutter nicht nur diese in der Vergangenheit, sondern vor allem sich selbst und zu einem selbstbestimmten, hoffnungsvollen Leben.
Ihnen gemein ist ein großes Gerechtigkeitsempfinden, welches sich vor allem im Kampf für die Rechte von Frauen, insbesondere der Prostituierten, widerspiegelt.
Während Maria sich zu ihrer Zeit auch um die, von der Gesellschaft geächteten, "Sexarbeiterinnen" kümmerte, verfolgt Anna den Prozess an einer Prostituierten.
Und läßt sich dabei auch nicht durch einen tätlichen Übergriff zur Aufgabe zwingen.
Ein Buch, das seinen Lesern einiges abverlangt, durch seine vielfältige Thematik, die nichts an Brisanz verloren hat und der Erkenntnis, daß bei aller Ungerechtig- und Auswegslosigkeit doch immer Hoffnung besteht.