Cover-Bild Fräulein Gold: Nacht über der Havel
Band 7 der Reihe "Die Hebamme von Berlin"
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18,00
inkl. MwSt
  • Verlag: ROWOHLT Taschenbuch
  • Themenbereich: Belletristik - Krimi: Historisch
  • Genre: Krimis & Thriller / Krimis & Thriller
  • Seitenzahl: 448
  • Ersterscheinung: 12.11.2024
  • ISBN: 9783499013409
Anne Stern

Fräulein Gold: Nacht über der Havel

Berlin, 1930: In der Stadt brodelt es gewaltig. Wirtschaftskrise und politische Instabilität rufen immer radikalere Kräfte auf den Plan. Auch Hulda spürt, dass die vermeintlich goldenen Jahre vorbei sind. Umso engagierter kümmert sie sich als Hebamme um die Belange der Frauen und Mütter. Als sie einer Schwangeren helfen will, stößt sie auf einen mysteriösen Todesfall im Dunstkreis der Familie: Die jüngere Schwester Jutta ist Teil einer Jugendgruppe, die sich nachts an der Havel trifft. Die Jugendlichen singen und feiern zusammen. Doch dann wird am Ufer ein Student tot aufgefunden. Er war der Anführer von Juttas Gruppe – und ihr heimlicher Schwarm. Aber war sein Tod wirklich ein Unfall bei einem nächtlichen Abenteuer? Bald ahnt Hulda, dass die Zusammenhänge größer sind als angenommen. Eine Jugend ohne Zukunft sucht in unruhigen Zeiten verzweifelt nach Halt. Und ist bereit, einen hohen Preis dafür zu zahlen …

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Veröffentlicht am 17.11.2024

Bruderkampf

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Die Steglitzer Wandervögel, eine Jugendgruppe, feiern eine Party am Havelufer, am nächsten Morgen ist ihr Anführer tot. Verdächtigt wird sein jüngerer Bruder, da die beiden am Vorabend Streit hatten. „Ich ...

Die Steglitzer Wandervögel, eine Jugendgruppe, feiern eine Party am Havelufer, am nächsten Morgen ist ihr Anführer tot. Verdächtigt wird sein jüngerer Bruder, da die beiden am Vorabend Streit hatten. „Ich hasse dich… Und eines Tages bringe ich dich um, das schwöre ich!“ (S. 48)
Zufällig betreut Hulda eine Schwangere, deren Schwester Mitglied der Gruppe ist und an dem Abend dabei war. Hulda merkt schnell, dass diese etwas bedrückt und versucht, ihr zu helfen, aber sie blockt ab.

Dabei hat Hulda eigentlich genug eigene Probleme. Ihre Arbeit in der Beratungsstelle am Nollendorfplatz füllt sie nicht mehr aus. Sie sehnt sich danach, wieder als Hebamme zu arbeiten, aber als alleinerziehende Mutter muss sie an ihre Tochter denken. Denn obwohl Max und sie jetzt schon länger zusammen sind und er wunderbar mit Meta umgeht, ist sie nicht sicher, wohin die Beziehung führt. Zurzeit ist Max verreist und meldet sich nicht, dafür taucht der inzwischen verheiratetet Detektiv Karl plötzlich wieder in ihrem Leben auf. Kein Wunder, dass ihr Nachbar sagt: „Seltsame Frau. An jedem Finger‘n Kerl und trotzdem alleene.“ (S. 272)

1930 hat die Weltwirtschaftskrise Deutschland fest im Griff, die Arbeits- und Obdachlosenzahlen steigen rasant, die politische Situation ist explosiv. Die Nationalsozialisten werden stärker und wollen den Nachwuchs prägen. Darum soll die HJ andere Jugendvereinigungen „übernehmen“. Und die Jugend, die keine Zukunft sieht, lässt sich gern (ver)führen.
„Das moderne Girl hat ausgedient, das brave Gretchen kommt wieder zum Vorschein.“ (S. 33) Frauen sollen wieder nur Hausfrauen sein und werden im Job benachteiligt. So darf z.B. Irma Siegel, die Kriminalbeamtin, die Hulda aus einem früheren Fall kennt und die von Kommissar Gennat jetzt wegen dem Alter des Opfers und vermeintlichen Täters hinzugezogen wird, keine Waffe tragen und muss sich von einem bewaffneten Schutzmann begleiten lassen, wenn sie vor Ort ermittelt. Dabei hat sie in der Ausbildung natürlich auch Schießen gelernt.

Seit dem ersten Fall verfolge ich gespannt Huldas Entwicklung, die eng mit dem politische (Welt-)Geschehen verbunden ist. Sie ist keine Frau, die wegsieht und auch kostenlos arbeitet, wenn eine Schwangere ihre Hilfe braucht. Vor allem aber kann sie Unrecht nicht ausstehen und ist sehr neugierig, weswegen sie schon in einige Fälle verwickelt war und dabei ihr eigenes Leben riskiert hat. Auch hier kann sie sich nicht zurückhalten, weil sie dem jungen Mädchen helfen will. Außerdem macht sie sich Sorgen wegen der vermehrten Übergriffe auf Juden und Homosexuelle, wie ihren guten Freund Bert. Wie lange können sie dem noch trotzen?

„Nacht über der Havel“ ist bereits der 7. Teil der Reihe von Anne Stern. Um alle Zusammenhänge zu verstehen (und weil wirklich alle Bände toll sind), sollte man die Vorgänger gelesen haben, auch wenn die Geschichten in sich abgeschlossen sind. Ich mag die Kombination aus Familiengeschichte und Kriminalfällen, die immer extrem spannend sind, gepaart mit dem Berliner Flair der 20/30 Jahre. Gleichzeitig zeigt Anne Stern, wie sich rechtsnationale Strömungen entwickeln und die Gesellschaft verändern. Ein wichtige Reihe #gegendasvergessen.

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