Phänomenal!
Rezension - Annie Barrows: In Liebe, Layla
„Oooch nö, so ein schnulziger Kitsch“, dachte ich beim Anblick des Covers aus dem btb Verlag – altrosa Blümchen und ein schnörkeliges In Liebe, Layla… Zum Glück ...
Rezension - Annie Barrows: In Liebe, Layla
„Oooch nö, so ein schnulziger Kitsch“, dachte ich beim Anblick des Covers aus dem btb Verlag – altrosa Blümchen und ein schnörkeliges In Liebe, Layla… Zum Glück stellte mir die Buchhandlung Bücher Pustet dieses Exemplar mit der Bedingung verknüpft, auch eine Rezension zu schreiben, zur Verfügung! Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle dafür, mir wäre wegen eines irreführenden Covers ein wahrer Juwel entgangen!
Die Geschichte – genau genommen der Hauptstrang – ist an und für sich recht schnell erzählt. Layla Beck, Senatorentochter mit allen Privilegien, weigert sich den für sie Auserkorenen zu heiraten, woraufhin ihr Vater den Geldhahn zudreht und Layla gezwungen ist zu arbeiten. Ausgerechnet als Historikerin in einer verschlafenen Provinz. Aber Layla stellt sich der Aufgabe, geht offen auf ihre Gastfamilie Romeyn zu und entdeckt, dass viel mehr in ihr steckt, als nur das dümmliche Modepüppchen und nette Betthäschen. Und klar, am Ende findet sie auch die große Liebe und erhält den heiß ersehnten Heiratsantrag.
Annie Barrows schreibt herrlich exzentrisch, mit unglaublich viel Wortwitz und Esprit eine Geschichte über Loyalität und Erwachsen werden. Über die kleine Willa, die sich wie ein „KIeinkind in umnachteter Unwissenheit“ fühlt und den Drang verspürt, endlich die Menschen zu verstehen. Über ihren Vater, Felix Romeyn, der seinen besten Freund verloren hat und nicht zu seinem Beitrag an dessen Tod stehen kann, sich stattdessen ziellos mit kleineren Gaunereien durchs Leben treiben lässt und den Playboy gibt. Ihre Tante Jottie, deren große Liebe der verstorbene Vause und über dessen Tod sie nie hinweggekommen ist, ist als Ersatzmutter eingespannt. Und „diese Frau, glitzernd und frisch und ignorant wie ein Schaf“: Layla Beck.
Den besten Eindruck gewinnt man immer noch – so denke ich – durch sorgsam ausgewählte Textstellen. Daher möchte ich an dieser Stelle einen kurzen Einblick ins Buch gewähren – Layla antwortet ihrem Ex-Liebhaber Charles auf sein Schreiben in die Provinz, in dem er sie für die ihr zugewiesene Arbeit als ungeeignet darstellt und gleichzeitig einen Besuch vorschlägt, nicht ohne zu fragen, inwieweit seine Anwesenheit auffallen würde:
„Charles,
zu behaupten, ich wäre überrascht von dir zu hören, ist noch gelinde ausgedrückt. Hast du bei unserem letzten Treffen kein unwiderrufliches Verbannungsgebot erlassen? Oder war mir der bourgeoise Nebel, der meinen Verstand trübt (direktes Zitat), auch in die Ohren gedrungen? Vielleicht irre ich mich und du hast nicht gesagt, unsere Beziehung fuße auf dekadentem Individualismus und dass ich nichts weiter sei als eine Hure der Oberschicht.
Nein, ich erinnere mich ganz deutlich. Das hast du gesagt. Diese bourgeoisen Nebel kommen und gehen.
Wie kannst du es wagen, mir einen solchen Brief zu schreiben?
Du, mit all deinem scheinheiligen Gerede über Humanität und die Erhöhung der Menschheit, bist so kaltherzig und unmenschlich wie sämtliche Faschisten, die du zu verachten behauptest. Wenn du wirklich auch nur einen Gedanken an mich, als Arbeiterin oder Person, verschwendet hättest, hättest du dich geschämt, meine Arbeit zu verspotten und mit deiner eigenen zu prahlen. Dein arroganter Wahn, deine Beweggründe seien mir verborgen, ist eine Beleidigung meiner Intelligenz. Es ist offensichtlich, dass du herkommen möchtest, um mit mir ins Bett zu steigen, sonst nichts, aber am beleidigendsten finde ich deine Annahme, der Fliegendreck an Charme, den du in deinem Brief verwendest, würde ausreichen, dieses Ziel zu erreichen.
(…) leb wohl.
Layla
Mein Fazit: ironisch, temporeich, exzentrisch – wer das in Form erbaulicher Unterhaltungsliteratur sucht, kann getrost zugreifen!