Zwischen Fiktion & Realität
| © Janna von www.KeJas-BlogBuch.de |
Ganz klar ein Buch, dessen Schreibstil der Leser mögen muss, um sich auf die Geschichte einlassen zu können. Und ein Buch bei dem mir die Besprechung nicht leicht ...
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Ganz klar ein Buch, dessen Schreibstil der Leser mögen muss, um sich auf die Geschichte einlassen zu können. Und ein Buch bei dem mir die Besprechung nicht leicht fällt. Wie fange ich diese Art des Schreibens ein, ohne durchgehen zu zitieren? Wie gebe ich die Geschichte wieder, ohne zu viel zu verraten? …
Es geht um Daniel, seine aufkeimenden Ängste, seine Sehnsucht nach der nicht greifbaren Freundin. Es geht um den Alten, welcher nachts am Steg war – die Blicke trafen sich, er und Daniel umkreisen sich, ohne sich nahe zu kommen. Und es geht um die Ich-Erzählerin, ihrem Abtauchen und Marlies.
Es beginnt mit Daniel, mit seiner Beobachtung eines Mordes. Es beginnt mit dem Blick eines alten Mannes, der etwas erkannte was nicht war … – Dies ist der Beginn des Krimis den sich Marlies und die Ich-Protagonistin überlegt haben. Kein Name, kein Geschlecht – einzig durch den Klappentext hatte ich erfahren, das die Ich-Perspektive von einer Frau erzählt wird. Etwas unbekanntes, nicht greifbares. Irrelevant und doch immer ein Teil der Geschichte. Das Geschlecht spielt keine Rolle, denn die Geschichte spielt mit der Erwartung an sich und wirft die Leser mitten rein.
Nach dem Abschnitt von Daniel wird schnell klar, das seine Geschichte Fiktion ist, ein ausgedachter Part eines Buches. Doch dann verschwimmt es, Parallelen zeichnen sich durch die Seiten … aber es bleibt verschwommen. Kaum in der Hand, entschwindet einem die Antwort auch wieder. Fragen werden aufgeworfen und bleiben unbeantwortet. Eine Ahnung entsteht, welche im Verlauf der Geschichte eines besseren belehrt wird. Man glaubt die Grenzen zu kennen, doch je tiefer ich in die Geschichte eintauchte, umso mehr fragte ich mich was von der Fiktion Realität ist und umgekehrt. Die Ich-Erzählerin lässt sich von ihrem eignen Protagonisten, dem Alten, einnehmen. Sie lässt sich führen von Marlies. Um sich dann in Daniel wieder zu finden. Die Parallelen zwischen Realität und Fiktion sind so stark und doch bin ich immer wieder verunsichert, wer von wem bestimmt wird.
Es ist absolut kein Krimi und es ist kein ‚typischer‘ Roman. Ein sehr eigener Schreibstil, welcher sich poetisch an die Grenzen begibt. Eine große Frage steht im Raum. Und alle Protagonisten sind Gefangene ihrer selbst. Mit eignen Problemen, eignen Sehnsüchten und …
"[…] dann hatte die Angst ihn eines Tages mit solcher Macht überfallen, […] als sie da war, füllte sie ihn so vollkommen aus, daß er sie nie wieder los wurde."
(S. 35)
… den Ängsten und Unsicherheiten. Einsamkeit und Freundschaft. Ein in sich stimmiger Wechsel der Protagonisten. Besonders beim Part der Ich-Erzählerin spielt sie selbst eher eine Nebenrolle, vielmehr steht Marlies im Mittelpunkt, ohne jedoch selbst je ihre Sichtweise zu erzählen. Die Sehnsucht wird skizziert, die kleinen Probleme wenn Worte ungesagt bleiben. Ein Buch zum eintauchen, wenn man sich darauf einlassen kann.
Dieser Wechsel der Protagonisten, das Springen zwischen Fiktion und Realität gefiel mir von Beginn an sehr gut. Ich mag Geschichten die nicht vorhersehbar sind, nicht mal greifbar wohin sie verlaufen. Aber ich muss ihr folgen können und stellenweise gelang es mir nicht immer. Kurzzeitig verlor ich mich in der Geschichte, einen wirklichen Halt hat man jedoch nie so ganz. Nicht mal 200 Seiten gleiten durch die Finger und an dieser Stelle meiner Besprechung ist jedes weitere Wort von mir ist eines zu viel …
Das Buch ist nicht in Kapitel oder Abschnitte unterteilt, es ist ein Fluss der Worte, welcher nur durch kleinere Absätze getrennt ist.
"Am Realismus gehen die schönsten Ideen kaputt."
(S. 116)
Und genau danach lebt das Buch. Es ist wie ein einziger Traum mit verschiedenen Ebenen und doch so nahe an der Realität, das es ein einziges Verwirrspiel ist. Eines welches mir Freude bereitete zu lesen und vor allem ohne die große Antwort einher geht.