Cover-Bild Dr. iur. Viktor Hoeniger, Reichsgerichtsrat
Band der Reihe "Einzeltitel zur Rechtswissenschaft"
48,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Universitätsverlag Halle-Wittenberg
  • Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften - Politik und Staat
  • Genre: keine Angabe / keine Angabe
  • Seitenzahl: 396
  • Ersterscheinung: 09.2020
  • ISBN: 9783869772226
Armin Höland

Dr. iur. Viktor Hoeniger, Reichsgerichtsrat

Aus einem deutschen Richterleben
Das Leben eines Richters in Deutschland, das 1870 beginnt und 1953 endet und in seiner Amtszeit zwischen 1899 und 1935 durch stark unterschiedliche politische Ordnungen hindurch läuft, ist schon für sich eine ergiebige Quelle für Erkenntnisse zu Person, Beruf und Gesellschaft. Im Leben eines Richters verbinden sich hoheitliche Findung und Durchsetzung von Recht mit zeitgenössischer Privatheit. Als Hoheitsträger dient ein Richter dem Staat in seiner jeweiligen politischen Ausprägung, in den privaten Verhältnissen unterscheidet er oder sie sich nicht von anderen Lebensentwürfen, nimmt am sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben der Gesellschaft teil. In seiner Lebenszeit traversierte ein zwischen 1899 und 1935 in Deutschland tätiger Richter wechselvolle Staats- und Rechtsordnungen, vom Deutschen Kaiserreich durch die Revolutionszeit 1918/19 und die Weimarer Republik bis zur Schreckensherrschaft des Nationalsozialismus. Unter besonderen Bedingungen steht ein Lebenslauf in dieser Zeit aber dann, wenn er, wie bei dem Reichsgerichtsrat Dr. Viktor Hoeniger, einen jüdischen Ursprung hat. Die Zugehörigkeit zur jüdischen Religion oder auch nur die jüdische Herkunft unterwerfen das Leben in Deutschland, ungeachtet späterer evangelischer Taufe, den Bedingungen einer religiösen und kulturellen Minderheit, die ab 1933 zu einer rassisch verfolgten Gruppe von Menschen wird. Wer, wie Viktor Hoeniger, als Richter dieser Gruppe angehörte, erlebte mit dem Beginn der „nationalen Erhebung“ die starke Spannung zwischen hoheitlichem Amt und privater Verletzlichkeit, zwischen der Ruhe und Denkkultur des Richteramtes und der hasserfüllten Erregung in der Öffentlichkeit. Aus der Erregung erwuchs Gewalt, aus dieser erwuchsen Verfolgung und schließlich millionenfache Vernichtung von Leben. Viktor Hoeniger hat den Nationalsozialismus überlebt. Warum und auf welche Weise, ist Gegenstand dieses Buches; aber auch, wie schnell die Grenze zwischen bürgerlicher Sicherheit und bedrohtem Leben dünn werden kann, wenn Ethos und Institutionen des Rechtsstaats verloren gehen.

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