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- Verlag: Senfkorn Görlitz
- Themenbereich: Geschichte und Archäologie
- Genre: keine Angabe / keine Angabe
- Seitenzahl: 232
- Ersterscheinung: 27.11.2018
- ISBN: 9783935330442
900 Jahre jüdisches Leben in Schlesien
Fast 900 Jahre leben Juden in Schlesien. Trotz ständiger Ausgrenzungen oder Vertreibungen durch die Allgemeingesellschaft überstanden sie zahlreiche Pogrome, die bis ins 19. Jahrhundert weitgehend religiös begründet wurden, jedoch vielfach ökonomisch motiviert waren. Trotz dieser Bedrohungen standen die Juden solidarisch zusammen und entwickelten eine geistige Kultur, wie an den mittelalterlichen bzw. frühneuzeitlichen Jeschiwen, das sind die jüdischen Gelehrtenschulen, in Schweidnitz, Glogau und Zülz deutlich wird.
Als Geldvermittler – andere Berufe waren ihnen nicht erlaubt – finanzierten sie mit die koloniale Erschließung Schlesiens im 13. und 14. Jahrhundert. Als ihre Dienste im 15. Jahrhundert nicht mehr benötigt wurden, kam es 1453 zu grausamen Pogromen, die durch den Franziskanerprediger Johann Capistran legitimiert wurden. Sie zerstörten die meisten schlesischen jüdischen Gemeinden, auf deren Vernichtung die Städte drängten. Nach dieser Krise existierten im 17. Jahrhundert nur noch zwei jüdische Gemeinden, nämlich in Glogau und Zülz. Im 17. Jahrhundert kam es auch zu jüdischen Niederlassungen in Breslau, bedingt durch die Handelsinteressen der Habsburger Landes- bzw. Stadtherren. Trotz des Widerstands der Städte gegen jüdische Niederlassungen gelang es oberschlesischen Adligen, die ökonomische Potenz von Juden, die aus Polen und Böhmen-Mähren zuwanderten, vor allem als Branntweinbrenner zu nutzen. König Friedrich II. von Preußen behielt zwar nach der Eroberung Schlesiens 1742 die restriktive Politik gegenüber Juden bei, ermöglichte aber die feste Einrichtung einer jüdischen Gemeinde in Breslau, deren Wirtschaftselite sich im ausgehenden 18. Jahrhundert der Aufklärung öffnete. Dies führte nach der (eingeschränkten) Emanzipation von 1812 zur Akkulturation, das bedeutet Öffnung zur Allgemeinkultur, der jüdischen Minderheit.
Die an der Jüdischen Theologischen Hochschule in Breslau (ab 1856) ausgebildeten Rabbiner verfolgten in ihrer Gottesdienstgestaltung einen Mittelkurs zwischen Reform und Orthodoxie, der gemeinsame Gottesdienste in den Gemeinden ermöglichte. Das durch den wirtschaftlichen Aufstieg der jüdischen Minderheit erlangte Selbstbewusstsein dokumentierte sich im Bau architektonisch hochwertiger Synagogen, die im Novemberpogrom 1938 von den Nationalsozialisten zerstört wurden.
Nicht nur durch ihre ökonomischen Erfolge, sondern vor allem durch ihre sozialen, kulturellen und intellektuellen Fähigkeiten trug die jüdische Minderheit entscheidend zum Aufstieg des schlesischen Bürgertums im 19. Jahrhundert bei. Die Allgemeingesellschaft verkannte weitgehend diese Leistungen und interpretierte sie als parvenuehaften Aufstieg einer Gruppe, die sich das aneignete, was ihr nicht zustand. Wenn es im 19. und beginnendem 20. Jahrhundert auch nicht mehr zu Pogromen kam, so versuchten die Antisemiten durch ihre Kampagnen die bürgerliche Gleichstellung der Juden in der Gesellschaft zu verhindern bzw. wieder rückgängig zu machen. Antisemitismus gab es sowohl in den kirchlichen wie in bürgerlichen Milieus.
Dem glanzvollen Aufstieg des jüdischen Bürgertums im 19. Jahrhundert in Schlesien folgte schon nach dem Ersten Weltkrieg ein Krisenbewusstsein, bedingt durch ökonomische Einschränkungen, aber auch durch einen rabiaten Antisemitismus. Dagegen behaupteten sich die Juden durch ihre Solidarisierung, die sich in einem sozialen Engagement sowie dem kulturellen Bewusstsein in der sogenannten jüdischen Renaissance dokumentierte. Der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten folgte die Ausgrenzung, dann die Ausraubung und schließlich die physische Vernichtung der deutschen Juden in Schlesien. Die „letzten Entronnenen“, die den Vernichtungswahn der Nationalsozialisten überlebt hatten, mussten wie die übrigen Deutschen nach 1945 das Land verlassen. Doch bildeten sich bald polnische jüdische Gemeinden, die allerdings durch die stalinistische Politik zur Emigration veranlasst wurden. Eine freie Entfaltung, auch auf dem kulturellen Sektor der noch existenten jüdischen Gemeinden, erfolgte nach der Wende von 1989.
Als Geldvermittler – andere Berufe waren ihnen nicht erlaubt – finanzierten sie mit die koloniale Erschließung Schlesiens im 13. und 14. Jahrhundert. Als ihre Dienste im 15. Jahrhundert nicht mehr benötigt wurden, kam es 1453 zu grausamen Pogromen, die durch den Franziskanerprediger Johann Capistran legitimiert wurden. Sie zerstörten die meisten schlesischen jüdischen Gemeinden, auf deren Vernichtung die Städte drängten. Nach dieser Krise existierten im 17. Jahrhundert nur noch zwei jüdische Gemeinden, nämlich in Glogau und Zülz. Im 17. Jahrhundert kam es auch zu jüdischen Niederlassungen in Breslau, bedingt durch die Handelsinteressen der Habsburger Landes- bzw. Stadtherren. Trotz des Widerstands der Städte gegen jüdische Niederlassungen gelang es oberschlesischen Adligen, die ökonomische Potenz von Juden, die aus Polen und Böhmen-Mähren zuwanderten, vor allem als Branntweinbrenner zu nutzen. König Friedrich II. von Preußen behielt zwar nach der Eroberung Schlesiens 1742 die restriktive Politik gegenüber Juden bei, ermöglichte aber die feste Einrichtung einer jüdischen Gemeinde in Breslau, deren Wirtschaftselite sich im ausgehenden 18. Jahrhundert der Aufklärung öffnete. Dies führte nach der (eingeschränkten) Emanzipation von 1812 zur Akkulturation, das bedeutet Öffnung zur Allgemeinkultur, der jüdischen Minderheit.
Die an der Jüdischen Theologischen Hochschule in Breslau (ab 1856) ausgebildeten Rabbiner verfolgten in ihrer Gottesdienstgestaltung einen Mittelkurs zwischen Reform und Orthodoxie, der gemeinsame Gottesdienste in den Gemeinden ermöglichte. Das durch den wirtschaftlichen Aufstieg der jüdischen Minderheit erlangte Selbstbewusstsein dokumentierte sich im Bau architektonisch hochwertiger Synagogen, die im Novemberpogrom 1938 von den Nationalsozialisten zerstört wurden.
Nicht nur durch ihre ökonomischen Erfolge, sondern vor allem durch ihre sozialen, kulturellen und intellektuellen Fähigkeiten trug die jüdische Minderheit entscheidend zum Aufstieg des schlesischen Bürgertums im 19. Jahrhundert bei. Die Allgemeingesellschaft verkannte weitgehend diese Leistungen und interpretierte sie als parvenuehaften Aufstieg einer Gruppe, die sich das aneignete, was ihr nicht zustand. Wenn es im 19. und beginnendem 20. Jahrhundert auch nicht mehr zu Pogromen kam, so versuchten die Antisemiten durch ihre Kampagnen die bürgerliche Gleichstellung der Juden in der Gesellschaft zu verhindern bzw. wieder rückgängig zu machen. Antisemitismus gab es sowohl in den kirchlichen wie in bürgerlichen Milieus.
Dem glanzvollen Aufstieg des jüdischen Bürgertums im 19. Jahrhundert in Schlesien folgte schon nach dem Ersten Weltkrieg ein Krisenbewusstsein, bedingt durch ökonomische Einschränkungen, aber auch durch einen rabiaten Antisemitismus. Dagegen behaupteten sich die Juden durch ihre Solidarisierung, die sich in einem sozialen Engagement sowie dem kulturellen Bewusstsein in der sogenannten jüdischen Renaissance dokumentierte. Der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten folgte die Ausgrenzung, dann die Ausraubung und schließlich die physische Vernichtung der deutschen Juden in Schlesien. Die „letzten Entronnenen“, die den Vernichtungswahn der Nationalsozialisten überlebt hatten, mussten wie die übrigen Deutschen nach 1945 das Land verlassen. Doch bildeten sich bald polnische jüdische Gemeinden, die allerdings durch die stalinistische Politik zur Emigration veranlasst wurden. Eine freie Entfaltung, auch auf dem kulturellen Sektor der noch existenten jüdischen Gemeinden, erfolgte nach der Wende von 1989.
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