Etwas zäh
Indien ist ein Land mit unendlich vielen Facetten. Ein Land so bunt wie seine Saris, so laut wie die Straßen Delhis, mit intensiven Gerüchen, exotischen Gewürzen, hunderten von Gottheiten. Genau das versucht ...
Indien ist ein Land mit unendlich vielen Facetten. Ein Land so bunt wie seine Saris, so laut wie die Straßen Delhis, mit intensiven Gerüchen, exotischen Gewürzen, hunderten von Gottheiten. Genau das versucht Arundhati Roy in ihrem neuen Roman „Das Ministerium des äußersten Glücks“ in all der Vielfalt abzubilden. Und ich bin beim Lesen daran irgendwie gescheitert.
Die Geschichte beginnt mit der Geburt eines kleinen Menschen, der kein eindeutiges Geschlecht hat und sich als kleines Kind immer mehr als Frau empfindet, obwohl die Mutter es wie einen Jungen erzieht. Schließlich wird eine Hijara namens Anjum aus ihr. Die ersten Kapitel waren verheißungsvoll und ich bin gerne eingetaucht in diese fremde indische Welt. Die Armut und das Kastenwesen, die schwierigen politischen Verhältnisse, die Gottheiten, die den Alltag regeln all das gefällt mir sehr gut und man spürte, dass hier jemand erzählt, der all das genau kennt.
Aber nach und nach ändert sich die Erzählstruktur. Vom stringent erzählten Plot wechselt die Autorin zu einer Art Potburri. Ständig fügt sie neue Personen hinzu, erzählt andere Leben, beschreibt geschichtliche Geschehnisse, die nur am Rande mit der ursprünglichen Geschichte zu tun haben. Die Geschichte zerfasert in unendlich viele kleine Geschichten. Sie überschüttet mit Informationen, mit Facetten dieses Landes, die alle für sich intensiv und interessant sind, aber ich fühlte mich plötzlich wie in einem Sachbuch welches mit belletristischen Mitteln Wissen und Meinung transportieren wollte. Ein Überfluss entstand, den ich nicht mehr einsortieren konnte und ehrlich gesagt auch wollte.
Da der Erzählstil sehr anspruchsvoll und nur mit Konzentration zu lesen ist und mich der Plot nicht fesseln konnte, habe ich mich durchgequält. Die Autorin hat sicherlich sehr viel zu sagen – aber sie hätte meiner Meinung nach, mehrere Romane schreiben sollen und nicht versuchen, alles in einen zu packen.