Rückblick und Ausblick
L.A.Schongauer, verwitwet, ehemaliger Nebenrollenschauspieler in Hollywood, lebt zurückgezogen mit seiner Hündin Asha am Berg oberhalb von Torri del Benaco am Gardasee, als durch einen Zufall gleich zwei ...
L.A.Schongauer, verwitwet, ehemaliger Nebenrollenschauspieler in Hollywood, lebt zurückgezogen mit seiner Hündin Asha am Berg oberhalb von Torri del Benaco am Gardasee, als durch einen Zufall gleich zwei Frauen fast gleichzeitig bei ihm in seinem abseits gelegenen Haus auftauchen. Die eine angekündigt, um mit ihm über sein Leben zu sprechen für einen Artikel, den sie schreiben möchte, die andere, weil sie durch einen Motorschaden bei ihm gestrandet ist. Die eine könnte vom Alter seine Tochter sein, die andere seine Enkelin. Um beide hat er nicht gebeten, im Gegenteil, hat er sich doch mit seiner Einsamkeit angefreundet und muss nun nicht nur seine Türe öffnen, sondern auch seine Gedanken, seine Gefühle und sein Herz. Und gerade letzteres macht ihm gerade mal wieder mächtig Probleme.
Bodo Kirchhoff schildert in einem eindrucksvoll geschriebenen Roman, wie sich die Protagonisten annähern, sich auf ihre ganz spezielle Art öffnen, dabei geht es um Liebe und Verlust, Trauer, Schuld und Abhängigkeiten. Es geht um Vergangenheit und Zukunft. Dabei vewebt der Autor die zwischenmenschlichen Spannungen gekonnt mit den Wetterumständen, der flirrenden Hitze, dem mächtigen Unwetter und der Zeit danach. Es ist ein Roman der leisen Töne mit ungemeiner Tiefe und Ausdruckskraft. Scheinbar endlosen Sätzen. Wörtliche Rede ohne Anführungszeichen. Das fordert, aber es passt auch zu diesen paar Tagen, die aus Sicht von Schongauer geschildert werden. Der Roman lebt nicht von der Spannung im Geschehen, sondern von den Spannungen zwischen den Protagonisten. Man kann sich die beschriebene Gegend, aber auch die Figuren so gut vorstellen. Gerade letztere besitzen eine ungemeine Tiefe und man sinnt auch noch nach dem Lesen eine Weile darüber nach, wie es weiter mit ihnen gehen könnte. Dafür hat der Autor alle Grundlagen geschaffen, der Rest ist Phantasie.
Mein erster "Kirchhoff", aber nicht mein letzter!