Inhalt (Klappentext):
„Die mutige Rea, zuerst Leibwächterin am englischen Königshof, dann heimliche Geliebte des Kronprinzen Robin, ist nach Paris geflüchtet. Dort erhofft sie sich ein neues Leben – insbesondere die Freiheit, andere Menschen ohne Strafe berühren zu dürfen. Denn in Frankreich leben gefürchtete Magdalenen wie Rea ihre Fähigkeiten offen aus. Doch als Ninon, Reas engste Vertraute und Schwester des Roi, ihre Freundin an den Königshof ruft, holt Rea der Fluch ihrer Vergangenheit ein: Niemand Geringeres als Prinz Robin erwartet sie – doch nicht, weil er Rea zurückgewinnen will, sondern weil er um Ninons Hand anhält. Welches Spiel spielt Robin? Und welches Geheimnis verbirgt die unnahbare Madame Hiver, die den französischen König in ihrer Hand hält?“
Meine Meinung:
Das Buch „Palace of Silk – Die Verräterin“ ist der zweite Band einer Trilogie von der Autorin C.E. Bernard. Der erste Band "Palace of Glass - Die Wächterin" hat mir sehr gut gefallen. Dementsprechend gespannt war ich auf den zweiten Teil.
Der bildliche Schreibstil von C.E. Bernard zeigt, dass sie etwas von ihrem Handwerk versteht. Mir gefallen ihre teils sehr detailreichen Beschreibungen. Es gibt Stellen, an denen die/der Leserin/Leser in der Geschichte versinkt, was natürlich immer ein Zeichen des schriftstellerischen Talents der Autorin bzw. des Autors ist. Allerdings empfinde ich den Schreibstil von C.E. Bernard als zu ruhig und redundant. Streckenweise passiert fast gar nichts, während sich die Autorin in Schilderungen verliert oder bereits erwähnte Sachverhalte wieder aufgreift. Die Geschichte wirkt dadurch zu erzwungen. Echte Spannung kommt kaum auf und wenn, dann geht sie zu schnell wieder verloren. Dies ist sehr schade, da Band 1 wie gesagt sehr vielversprechend war.
Ich hatte mir auch von der neuen Szenerie mehr erhofft. Die Stadt Paris bleibt eher blass. Die Ansätze sind vorhanden, doch die Schauplätze werden wenig authentisch beschrieben. Auch die Bürgerinnen und Bürger von Paris, insbesondere die dort in Freiheit lebenden Magdalenen, werden für meinen Geschmack nicht genug erfasst.
Dieses ‚nicht-greifbar-sein‘ wird bei den Haupt- und Nebencharakteren weitergeführt. Mit Rea konnte ich im ersten Band schon nicht wirklich warm werden. Nach einer Zeit entwickelte sie sich jedoch zum Positiven. Für den Ausbau ihres Charakters blieb jedoch auch am Ende von Band 1 noch Luft nach oben. Die Chance, ihre Protagonistin wachsen zu lassen, hat C.E. Bernard in Teil 2 allerdings nicht genutzt. Rea wirkt fade und durchgehend unentschlossen. Auch die kurzzeitige körperliche Beziehung zu einem der anderen Charaktere wirkt unverständlich. Ich hatte während des Lesens bei allen Charakteren das Gefühl, dass sie dem Leser immer wieder entgleiten. Die Autorin hat meiner Meinung nach bei der Beschreibung der verschiedenen Personen nur an der Oberfläche gekratzt. Ihnen fehlt es an Tiefe und die Möglichkeit, dass sich die/der Leserin/Leser mit ihnen identifizieren kann, bleibt in meiner Hinsicht fast gänzlich aus. Es sind viele gute Ansätze vorhanden, z.B. der Kampf für Freiheit und Gleichberechtigung oder auch das Thema Bi- bzw. Homosexualität, allerdings werden sie von der Autorin nicht ausgearbeitet. Besonders Ninon, die man bereits aus Band 1 kennt, hat darunter zu leiden. Sie macht in dem Buch zwischenzeitlich einen charakterlichen Wandel durch, der für das Verständnis der/des Leserin/Lesers viel zu blass bleibt. Auch Figuren wie der Comte, René und Blanc waren für mich nicht greifbar. Das mag auch damit zu tun haben, dass man sich ein wenig in Band 2 hineingeschmissen fühlt. Er bietet wenige Anknüpfungen an seinen Vorgänger, Rückblicke oder kurze Einstiegshilfen wären gut gewesen. Für mich ist es immer wichtig, dass ich das Gefühl habe, die beschriebenen Personen vor Augen zu haben, als wären sie real. Bei „Palace of Silk“ fehlt mir das ungemein.
Mit Robin hatte ich bereits im ersten Band meine Probleme und im zweiten Teil wurde dieser Eindruck nur schlimmer. An einigen Stellen kommt er wie ein verzogenes Kind rüber, das nicht gelernt hat Verantwortung zu übernehmen. Das ewige Hin und Her zwischen Rea und Robin ist nach kurzer Zeit einfach nur noch übertrieben und überflüssig. Ihre Gefühle für einander wirken oberflächlich.
Auch der Grundstein der Geschichte, die Magdalenen, blieb im Vergleich zum Vorgänger recht farblos. Für mich war das einzig Spannende die Gedankenfetzen der Menschen, die Rea berührt. Die Autorin schafft es dort zu zeigen, wie beängstigend es ist, wenn andere die eigenen Gedanken mitverfolgen können (besonders interessant waren dabei Robins Gedankengänge, der sich immer wieder selbst ermahnt, dass er eine Zuhörerin hat). Trotzdem gibt es viele, viele Seiten lang nichts bedeutend Neues und auch, wenn es zum Ende hin wieder relativ spannend und überraschend wird, kann ein gutes letztes Drittel nicht zwei schlechte Drittel wiedergutmachen. Um Spannung wirklich genießen zu können, sollte ein Buch diese von Seite zu Seite aufbauen und die/den Leserin/Leser ans Ende führen. Bei „Palace of Silk“ musste ich mich jedoch bis zum Ende durchkämpfen, ein Lesegenuss konnte sich dabei nicht einstellen.
Mein Fazit:
"Palace of Silk - Die Verräterin" von C.E. Bernard ist für mich eine sehr schwache Fortsetzung. Die Autorin hat viele gute Ansätze nicht weiterverfolgt. Auch der Schreibstil ist ermüdend. Obwohl die Autorin durchaus Potenzial hat und ich an einigen Stellen ihre bildlichen Beschreibungen genossen habe, stellt sich keinerlei Tempo und Spannung ein. Was mich allerdings am meisten stört, ist, dass die Charaktere zu blass und oberflächlich sind.
Einer der Gründe, weshalb ich diese Reihe lesen wollte, war die Beschreibung des Verlags: „Furchtlos und unantastbar - die hinreißende Trilogie für alle Fans von Sarah J. Maas, Kiera Cass und Erin Watt.“ Ich bin ein riesen Fan von Sarah J. Maas und halte sie für eine der begnadetsten Young Adult Fantasy Autorinnen unserer Zeit. Dementsprechend hohe Erwartungen hatte ich an die Bücher von C.E. Bernard. Leider finde ich den Vergleich mehr als unpassend. Die Fußstapfen, die Sarah J. Maas vorgibt, sind unglaublich groß. Es ist dementsprechend schwierig bis unmöglich den Erwartungen zu entsprechen, wenn man mit ihr auf eine Stufe gestellt wird. C.E. Bernard ist eine Autorin mit Potenzial, dennoch hat mich Band 2 ihrer Reihe aufgrund der oben genannten Gründe nicht vom Hocker gerissen. Und da die Reihe mit Werken von Sarah J. Maas verglichen wird, hat mich „Palace of Silk“ leider noch mehr enttäuscht. Maas schafft Welten und Figuren, mit denen „Palace of Silk“ beim besten Willen nicht mithalten kann. Ich hoffe trotzdem, dass die Autorin für den dritten Band bei dem Potenzial ihres ersten Bandes anknüpft und es weiter ausbaut.