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inkl. MwSt
- Verlag: FDCL
- Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften
- Genre: Sachbücher / Politik, Gesellschaft & Wirtschaft
- Seitenzahl: 36
- Ersterscheinung: 31.12.2016
- ISBN: 9783923020744
Lateinamerika
Bioökonomie-Region der Zukunft?
Bioökonomie gehört zu den Begriffen, die immer häufiger auftauchen, ohne dass klar ist, was eigentlich damit gemeint ist. Bioökonomie-Strategien werden in einigen Ländern entwickelt, reichlich Geld fließt in die Forschung, aber wirklich populär ist der Begriff nicht geworden – trotz der sympathischen Assoziation, die mit der Verwendung des Präfix „Bio“ offensichtlich erweckt werden soll. Denn der Begriff bleibt unklar und schwammig.
Der deutsche Bioökonomierat definiert Bioökonomie als „die wissensbasierte Erzeugung und Nutzung biologischer Ressourcen, um Produkte, Verfahren und Dienstleistungen in allen wirtschaftlichen Sektoren im Rahmen eines zukunftsfähigen Wirtschaftssystems bereitzustellen“.
Bei Bioökonomie geht es also „irgendwie“ und im weiteren Sinn um die Nutzung biologischer Ressourcen. Plastischer wird die Idee der Bioökonomie, wenn man auf den politischen Kontext schaut, der die Karriere des Konzepts begünstigt. Das fossile Zeitalter geht zu Ende – diese Botschaft ist in den letzten Jahre zu einem weitgehenden Konsens der Politik geworden. Und es muss zu Ende gehen: nicht wegen des Mangels an Öl oder Kohle, sondern wegen des Klimawandels, der vorwiegend durch das Verbrennen fossiler Energieträger verursacht wird. Um dem Klimawandel wirksam zu begegnen, muss die Wirtschaft der Welt „dekarbonisiert“ werden. Das Konzept der Dekarbonisierung hat es sogar in die Abschlusserklärung des G7-Gipfels in Elmau (2015) gebracht. Kern der Dekarbonisierung ist der Ausstieg aus der Nutzung von Kohle, Öl und Gas. Und derweil deren stoffliche Nutzung (etwa in der Chemieindustrie) nur einen geringen Anteil hat, geht es bei der Dekarbonisierung im wesentlichen um eine Transformation des dominanten Energiesystems.
Der zentrale Stellenwert, den die Energieversorgung im Dekarbonisierungsgebot hat, lässt immer wieder den Verdacht aufkommen, dass es sich bei der Bioökonomie nur um eine Fortsetzung der Politik der Agrartreibstoffe handelt. Diese waren ja in Verruf geraten, eine Konkurrenz mit dem Anbau von Nahrungsmitteln darzustellen (“Tank versus Teller” Debatte). Bioökonomie ist sicherlich auch ein Versuch, Agrartreibstoffe – oder wie es im offiziellen Diskurs heiß: Biokraftstoffe – wieder neu ins Spiel zu bringen, indem die Nutzung einer zweiten Generation derselben in Aussicht gestellt wird, die Reststoffe (wie Stroh) oder nicht essbare Biomasse (Holz) verwendet.
Aber natürlich erschöpfen sich Kontext und Anliegen der Bioökonomie nicht in der Entwicklung neuer Agartreibstoffe. Die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) sieht drei zentrale Säulen für die Entwicklung der Bioökonomie: „fortgeschrittene Kenntnis von Genen und komplexen Zellprozessen, erneuerbare Biomasse und die sektorübergreifende Integration von Biotechnologie“.
Und damit ist ein weiterer Kontext und ein weiteres Problem der Bioökonomie benannt: von Anfang an stand sie unter Verdacht, ein Neuauflage der Gentechnologie unter neuer “Bio-Flagge” zu intendieren. Tatsächlich sind die jüngsten Neuentwicklungen der Gentechnologie ein zentrales Feld der Biotechnologie – und damit der Bioökonomie. Unter dem Begriff „synthetische Biologie“ werden in großer Schnelligkeit neue Gentechnologien entwickelt, die nicht mehr auf der Neukombination von Genen abzielen, sondern auf deren Manipulation oder gar der Schaffung von neuen Formen von Leben.
Lateinamerika ist ein zentraler Schauplatz des Implementation bioökonomischer Ansätze: Hier befinden sich die größten Anbauflächen von genetisch veränderten Pflanzen (insbesondere Soja in Argentinien und Brasilien), Brasilien ist neben den USA der größte Produzent von Agrartreibstoffen und der Kontinent verfügt über einen gewaltigen “Vorrat” an Biomasse (etwa in den Regenwäldern Amazoniens) und angeblich über immenses Potential an Flächen, die landwirtschaftlich genutzt werden können.
Die Studie von Camila Moreno inspiziert diesen Schauplatz, stellt Entwicklungen, Tendenzen und Visionen dar, die sich in neuen Modernisierungsstrategien niederschlagen. Die Verknüpfung von Landnutzung, Energieerzeugung und Klimapolitik steht dabei im Mittelpunkt. Zwar umfasst Bioökonomie viele andere Bereiche (wie etwa eine intelligente Kreislaufwirtschaft), aber gerade in Lateinamerika wird deutlich, dass Bioökonomie Entwicklungsstrategien rund um die Landnutzung neu definiert – und dabei die Macht der Konzerne ausbaut, die Biotechnologie beherrschen.
Der deutsche Bioökonomierat definiert Bioökonomie als „die wissensbasierte Erzeugung und Nutzung biologischer Ressourcen, um Produkte, Verfahren und Dienstleistungen in allen wirtschaftlichen Sektoren im Rahmen eines zukunftsfähigen Wirtschaftssystems bereitzustellen“.
Bei Bioökonomie geht es also „irgendwie“ und im weiteren Sinn um die Nutzung biologischer Ressourcen. Plastischer wird die Idee der Bioökonomie, wenn man auf den politischen Kontext schaut, der die Karriere des Konzepts begünstigt. Das fossile Zeitalter geht zu Ende – diese Botschaft ist in den letzten Jahre zu einem weitgehenden Konsens der Politik geworden. Und es muss zu Ende gehen: nicht wegen des Mangels an Öl oder Kohle, sondern wegen des Klimawandels, der vorwiegend durch das Verbrennen fossiler Energieträger verursacht wird. Um dem Klimawandel wirksam zu begegnen, muss die Wirtschaft der Welt „dekarbonisiert“ werden. Das Konzept der Dekarbonisierung hat es sogar in die Abschlusserklärung des G7-Gipfels in Elmau (2015) gebracht. Kern der Dekarbonisierung ist der Ausstieg aus der Nutzung von Kohle, Öl und Gas. Und derweil deren stoffliche Nutzung (etwa in der Chemieindustrie) nur einen geringen Anteil hat, geht es bei der Dekarbonisierung im wesentlichen um eine Transformation des dominanten Energiesystems.
Der zentrale Stellenwert, den die Energieversorgung im Dekarbonisierungsgebot hat, lässt immer wieder den Verdacht aufkommen, dass es sich bei der Bioökonomie nur um eine Fortsetzung der Politik der Agrartreibstoffe handelt. Diese waren ja in Verruf geraten, eine Konkurrenz mit dem Anbau von Nahrungsmitteln darzustellen (“Tank versus Teller” Debatte). Bioökonomie ist sicherlich auch ein Versuch, Agrartreibstoffe – oder wie es im offiziellen Diskurs heiß: Biokraftstoffe – wieder neu ins Spiel zu bringen, indem die Nutzung einer zweiten Generation derselben in Aussicht gestellt wird, die Reststoffe (wie Stroh) oder nicht essbare Biomasse (Holz) verwendet.
Aber natürlich erschöpfen sich Kontext und Anliegen der Bioökonomie nicht in der Entwicklung neuer Agartreibstoffe. Die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) sieht drei zentrale Säulen für die Entwicklung der Bioökonomie: „fortgeschrittene Kenntnis von Genen und komplexen Zellprozessen, erneuerbare Biomasse und die sektorübergreifende Integration von Biotechnologie“.
Und damit ist ein weiterer Kontext und ein weiteres Problem der Bioökonomie benannt: von Anfang an stand sie unter Verdacht, ein Neuauflage der Gentechnologie unter neuer “Bio-Flagge” zu intendieren. Tatsächlich sind die jüngsten Neuentwicklungen der Gentechnologie ein zentrales Feld der Biotechnologie – und damit der Bioökonomie. Unter dem Begriff „synthetische Biologie“ werden in großer Schnelligkeit neue Gentechnologien entwickelt, die nicht mehr auf der Neukombination von Genen abzielen, sondern auf deren Manipulation oder gar der Schaffung von neuen Formen von Leben.
Lateinamerika ist ein zentraler Schauplatz des Implementation bioökonomischer Ansätze: Hier befinden sich die größten Anbauflächen von genetisch veränderten Pflanzen (insbesondere Soja in Argentinien und Brasilien), Brasilien ist neben den USA der größte Produzent von Agrartreibstoffen und der Kontinent verfügt über einen gewaltigen “Vorrat” an Biomasse (etwa in den Regenwäldern Amazoniens) und angeblich über immenses Potential an Flächen, die landwirtschaftlich genutzt werden können.
Die Studie von Camila Moreno inspiziert diesen Schauplatz, stellt Entwicklungen, Tendenzen und Visionen dar, die sich in neuen Modernisierungsstrategien niederschlagen. Die Verknüpfung von Landnutzung, Energieerzeugung und Klimapolitik steht dabei im Mittelpunkt. Zwar umfasst Bioökonomie viele andere Bereiche (wie etwa eine intelligente Kreislaufwirtschaft), aber gerade in Lateinamerika wird deutlich, dass Bioökonomie Entwicklungsstrategien rund um die Landnutzung neu definiert – und dabei die Macht der Konzerne ausbaut, die Biotechnologie beherrschen.
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