Eine sanft erzählte Geschichte über das Heranwachsen, Trauer und Freundschaft
Niemand aus der Familie versteht die vierzehnjährige June so gut, wie ihr Onkel Finn, nach seinem Tod fühlt sie sich einsam wie noch nie zuvor. Als auf der Beerdigung ein fremder Mann auftaucht, ist June ...
Niemand aus der Familie versteht die vierzehnjährige June so gut, wie ihr Onkel Finn, nach seinem Tod fühlt sie sich einsam wie noch nie zuvor. Als auf der Beerdigung ein fremder Mann auftaucht, ist June verwirrt, denn ihre Eltern bezeichnen ihn als Finns Mörder, obwohl ihr Onkel doch an einer Krankheit gestorben ist - AIDS, über das es 1987 nur wenige Informationen gibt. Kurze Zeit später nimmt der Unbekannte - Toby - Kontakt auf, heimlich, denn Junes Mutter lehnt ihn rigoros ab. Langsam wird June klar, dass sie viel weniger über das Leben ihres geliebten Onkels wusste, als sie bisher dachte und nach und nach entwickelt sich zwischen der Teenagerin und Finns Geliebtem eine zarte Freundschaft.
"Sag den Wölfen, ich bin zu Hause" von Carol Rifka Brunt ist eine berührende Geschichte über eine Heranwachsende, deren Welt durch die damals noch unbekannte Krankheit AIDS und den dadurch bedingten Tod ihres geliebten Onkels auf den Kopf gestellt wird. Mich hat dieses Buch von der ersten bis zur letzten Seite in seinem Bann gehalten, obwohl die Erzählweise eher von leisen Zwischentönen bestimmt wird. June fand ich authentisch dargestellt, meiner Meinung nach gelingt es der Autorin fantastisch, den Lesern das Gefühlschaos ihrer Protagonistin, das so typisch für die Zeit des Heranwachsens ist, emotional nahe zu bringen. Auch die Personen in Junes Umfeld waren in meinen Augen realistisch und lebensecht beschrieben, neben der Hauptfigur war mir besonders der stille, zurückhaltende Toby ans Herz gewachsen.
In ruhigem Schreibstil lässt die Autorin ihrer Geschichte Zeit, sich zu entfalten, dennoch habe ich den Roman in keinem Moment langweilig gefunden, im Gegenteil, ich mochte das Buch zwischendurch kaum aus der Hand legen. Die sanfte Entwicklung der Freundschaft zwischen den beiden Trauernden, die zunächst nur die liebevollen Erinnerungen an Finn verbindet, hat mich bewegt und ich hatte trotz des melancholischen Hintergrundes einige wirklich wunderbare Lesestunden. Für diese ergreifende Lektüre, die in meinen Augen auch den Zeitgeist der späten Achtzigerjahre perfekt eingefangen hat, spreche ich daher gern eine Leseempfehlung aus.
Fazit: Carol Rifka Brunt hat mit ihrem Debütroman eine emotional mitreißende Geschichte geschaffen, die von den leisen Zwischentönen lebt. Trotz des Verlusts und der Trauer, die June und Toby verbindet, schimmert immer wieder Hoffnung durch, die mich durch die Handlung getragen und begeistert hat, so dass ich dieses Buch gern weiter empfehle.