Faszinierend und verstörend zugleich
Die Verfilmung auf Netflix hat mich gleichzeitig gefesselt und abgestoßen.
Der Einzelgänger Joe Goldberg arbeitet in einem Buchladen in New York. Eines Tages erscheint Guinevere Beck in dem Geschäft.
Die ...
Die Verfilmung auf Netflix hat mich gleichzeitig gefesselt und abgestoßen.
Der Einzelgänger Joe Goldberg arbeitet in einem Buchladen in New York. Eines Tages erscheint Guinevere Beck in dem Geschäft.
Die Geschichte ist aus der Perspektive von Joe geschrieben, und zwar so, als spreche er mit Guinevere.
"Du flirtest, und wäre ich einer von diesen Vollidioten, die auf Instagram Bilder hochladen, würde ich das F-K-Schild fotografieren, eine Menge Filter darüber jagen und drunter schreiben: Oh F–K, ja, ich habe sie gefunden. Ganz ruhig, Joe. Sie mögen es nicht, wenn ein Mann zu offensiv rangeht."
Das Setting im Buchladen finde ich toll. Es gibt viele Zitate aus Büchern und Songs. Guinevere ist Studentin an der Brown und schreibt Kurzgeschichten und Gedichte.
Joe googelt sie und beginnt, sie zu stalken. Er steht jeden Abend vor ihrem Fenster und beobachtet sie, folgt ihr auf Twitter und Instagram, ohne dass sie davon weiß.
"Ein Taxifahrer steigt auf die Hupe, weil irgendein frisch geduschter Arsch, der aus einem von Bret Easton Ellis Rohentwürfen gekrochen ist, die nie das Tageslicht erblickt haben, die Straße überquert, ohne auf den Verkehr zu achten. Er sagt Sorry, ohne es zu meinen, und fährt sich mit der Hand durchs blonde Haar. Er hat zu viele Haare. Und er erklimmt diese Treppen, als gehörten sie ihm, als wären sie für ihn gebaut worden, und bevor er oben ist, öffnet sich schon die Tür, und du bist es, die die Tür öffnet, und jetzt bist du da, führst ihn hinein, und während die Tür langsam zufällt, küsst du ihn (...)"
Einerseits erscheint Joe als der perfekt Mann - aufmerksam, zuvorkommend, fürsorglich. Andererseits schreckt er nicht vor Stalking, Einbruch und Mord zurück.
Zu Beginn habe ich noch mit der weiblichen Hauptfigur mitgefiebert, bis sich die Geschichte immer weiter entfaltete.
Irgendwann war ich mir emotional nicht mehr so sicher, wer von beiden der Böse war und für wen ich mitfühlte. Ich war wirklich fasziniert über meine eigene Reaktion.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich das Buch und die Serie empfehlen soll, denn ich habe Bedenken, dass das Verhalten von Psychopathen beschönigt wird. Als Jugendliche hätte ich die Geschichte wahrscheinlich noch nicht richtig einordnen können. Grenzen werden verwischt und übertreten, Kontrolle mit Liebe vermischt.
Wie weit sind wir bereit Dealbreaker für eine Beziehung auszublenden und nur auf die schönen Seiten zu schauen?
Als Autorin war ich fasziniert von der Erzählweise und welche Emotionsumschwünge die Geschichte in mir hervorrief.
Die Leseprobe entspricht ziemlich genau der Verfilmung.
In der Fortsetzung "Hidden Bodies", zieht Joe Goldberg nach Los Angeles.