„[Ich] frage mich, wann die Vergangenheit angefangen hat, Jagd auf mich zu machen. Wann ich angefangen habe, vor ihr wegzulaufen […]. Verdammt, Gerry. Du bist zurückgekommen.“
„Postscript – Was ich dir noch sagen möchte“ ist die unerwartete Fortsetzung von „P.S. Ich liebe dich“ von Cecelia Ahern, übersetzt von Christine Strüh. Sie erscheint am 23.10.2019 im S. Fischerverlag.
Sieben Jahre ist es her, dass Holly Gerry verloren hat. Sieben Jahre, in denen sie langsam ein neues Leben aufbauen und sich selbst weiterentwickeln konnte. Als sie nun im Podcast ihrer Schwester über Gerrys Tod und seine Briefe spricht, kommen alte Gefühle wieder an die Oberfläche. Lang geglaubte Erinnerungen und Schmerzen drängen sich mit Macht wieder in Hollys Gedanken und als dann noch eine kleine Gruppe todkranker Menschen den „P.S. Ich liebe dich“-Club gründet und Holly um Unterstützung bittet, gerät Hollys Leben erneut aus den Fugen. Sie beginnt sich ein weiteres Mal mit Gerrys Tod auseinander zusetzen…
Um vollständig in die Fortsetzung von „P.S. Ich liebe dich“ einsteigen zu können, habe ich direkt zuvor noch einmal Hollys Geschichte gelesen. Das erste, was mir daher an „Postscript“ auffiel, war der Wechsel der Erzählperspektive. Während „P.S. Ich liebe dich“ zwar aus Hollys Sicht, nicht jedoch als Ich-Erzählung geschrieben war, ist „Postscript“ eine reine Ich-Erzählung. Dies hat mich zunächst irritiert, der flüssige Schreibstil und nachdenklich stimmende Plot haben dies aber schnell wettgemacht.
Auch in Band 2 ist Holly wieder die sympathische, dabei aber leicht chaotische und teilweise in Gedanken versunkene junge Frau, die wir alle kennen und lieben. Sie hat ihren eigenen Kopf und den ein oder anderen Spleen, aber gerade das macht sie so authentisch und liebenswert. Holly hat 7 Jahre nach Gerrys Tod ein neues Leben aufgebaut. Teilweise scheinen ihre Erinnerungen an Gerry sogar zu verschwimmen und sie selbst ist eine andere Holly als früher. An ihrer Seite hat sie einen neuen Partner, mit dem sie das erste Mal wieder ein Gefühl von Liebe verspürt. Als sie aber gerade zulässt, dass die beiden sich einen weiteren Schritt annähern und zusammenziehen könnten, beginnen die bereits überwundenen Gefühle Hollys wieder an die Oberfläche zu kommen. Ausgelöst durch das Reden über Gerrys Tod und die eindringliche Bitte des „P.S. Ich liebe dich“-Clubs ist Holly gezwungen, das Erlebte erneut zu verarbeiten. Fast scheint es als wäre Gerry zurück und genau das ist es, was Holly nicht möchte. Sie möchte nicht mehr über den Tod ihres Mannes und seine Briefe sprechen und schon gar nicht möchte sie andere Menschen beim Sterben begleiten. Dies würde nur alte Wunden aufreißen und letztlich auch neue hinzufügen… Doch Holly wäre nicht Holly, wenn das schlechte Gewissen sie nicht doch dazu bringt, zumindest einmal mit den Menschen zu sprechen, hinterher kann man ja immer noch weitersehen…
„Postscript“ greift Gerrys Tod von einer komplett anderen Seite neu auf. Holly muss sich zwar wieder mit der Krebserkrankung ihres Mannes auseinandersetzen, gleichzeitig geht es aber auch darum, wie man sich für todkranke Menschen und deren Angehörige engagieren kann. Wie man sie unterstützen und ihnen Halt geben kann und daran letztlich selber wachsen kann. Auch wird klar, dass Dinge nach einer längeren Zeit und mit einem gewissen emotionalen Abstand aus einem anderen Licht gesehen werden und manche Motive nicht immer so selbstlos sind, wie sie zunächst scheinen. Letztlich ist alles eine Frage der Perspektive und vielleicht waren Gerrys Gründe für seine Briefe andere, als Holly zunächst glaubte?
Ich bewundere Holly für ihren Mut und ihre Tatkraft und denke, dass nicht jeder für die Unterstützung sterbenskranker Menschen gemacht ist. Viele würden an einer solchen Aufgabe zerbrechen und sie einfach nicht bewältigen können. Holly zeigt aber erneut, was in ihr steckt und nicht umsonst bewundern sie viele Menschen.
Auch Holly Freundinnen Sharon und Denise sind in diesem wieder mit von der Partie und auch ihr Leben ist weitergegangen. Sie sind vom Wesen her noch genauso wie vor 7 Jahren und man muss sie einfach liebhaben!
Auch Hollys Familie spielt erneut eine große Rolle und die Vielfältigkeit der Charaktere ist wieder unglaublich gut dargestellt. Nicht wieder auftauchen tut hingegen Hollys Bekannter und guter Freund Daniel und auch ihr eigentlich sehr liebgewonnener Job mit ihrem herzlichen Chef wird mit keiner Silbe erwähnt – schade, denn Hollys jetziger Job als Hilfe und Verkäuferin in Ciaras Laden passt eigentlich nicht zu der Holly die wir kennen…
Insgesamt fand ich die weiterführende Geschichte von Holly bewegend, aber so große Gefühle wie bei „P.S. Ich liebe dich“ konnte „Postscript“ bei mit leider nicht auslösen. Es wurden viele Einzelschicksale und ergreifende Themen behandelt und das grundsätzliche Buchthema finde ich einfach großartig und eine gut umgesetzte Idee die definitiv nachdenklich stimmt! Trotzdem fehlt mir eine gewisse Spannung und eine größere Portion Leidenschaft. Sehr gefallen haben mir hingegen die Rückblicke zu Momenten vor Gerrys Tod, die noch einen größeren Einblick auf die gemeinsame Zeit der beiden geben.
Mein Fazit: Ich bin mir nicht sicher, ob eine Fortsetzung des Bestsellers wirklich notwendig gewesen wäre. Ja, „Postscript – Was ich dir noch sagen möchte“ ist grundsätzlich ein gelungener Roman und schafft einen anderen Blick auf Gerrys Tod und seine Briefe, der mir sehr gefallen hat. Trotzdem hat er für mich nicht in die großen Fußstapfen seines Vorgängers treten können und mich ein klein wenig enttäuscht. Ich vergebe nur 3,5 von 5 Sternen, empfehle den Roman aber definitiv trotzdem allen Lesern von „P.S. Ich liebe dich“, denn vielleicht wollen wir am Ende auch einmal lesen, dass die Welt sich auch nach großen Verlusten weiterdreht und manches später sogar einen Sinn bekommt.