Keine Frage, Christian Buder kann schreiben - glatt und elegant gleitet man förmlich in die Geschichte der 11jährigen - die Zahl 11 wird in dem Buch noch eine herausragende, sehr geheimnisvolle Rolle spielen - Alice, die hochbegabt ist, sich mit Wittgenstein austauscht, in der eigenen Familie jedoch nicht immer auf Verständnis stösst, hinein. Der Stil ist anspruchsvoll, die Figuren witzig, der Rahmen - ein winziges Dorf im Allgäu in der allerkältesten Jahreszeit - originell und gut gewählt, zudem verwöhnt uns der Autor mit Sätzen wie "Auch Bücher sterben ...nur viel langsamer. Und selbst sterbend hatten sie noch viel zu erzählen! (S.24)"
Alice selbst ist eine ungewöhnliche, facettenreiche Figur, die nicht nur Wittgenstein, sondern auch auf andere Gestalten wie bspw. Sokrates trifft. Sie hat es nicht einfach: der Vater ein verschlossener Kommissar, die Mutter vor Jahren am Tag vor dem Heiligen Abend verstorben - ermordet, meint Alice, die Schwester ein nerviger Teenie... der Großvater ist schon auf ihrer Seite, kann aber nicht immer mithalten... Es geht um eine Reihe an Toten, die immer am 23. Dezember auftauchen - seit 10 Jahren wiederholt sich dies in jedem Jahr, doch gibt es noch mehr Tote. Auch Alice scheint in Gefahr zu sein und dann steht auch noch ihr geliebter Großvater unter Verdacht...
Trotz aller Schwierigkeiten, die sich ihr in den Weg stellen, kämpft Alice weiter und arbeitet verbissen an der Lösung des Falles.
Leider schwächelt das Buch am Ende: das ist vor allem sehr absehbar: ich hatte den Mörder ab dem 2. Drittel des Buches zumindest als möglichen Täter, auf jeden Fall aber als jemanden, der ziemlich tief mit drinhängt, im Blick und normalerweise tue ich mich beim Finden solcher Lösungen eher schwer.
Wunderschön geschrieben und anfänglich auch spannend - doch leider ist mir alles viel zu nahe dran an der großartigen Flavia de Luce, der Serienfigur in den Büchern von Alan Bradley : Buders Buch spielt zwar in Deutschland und in der Gegenwart, aber es gibt massenweise Parallelen - beide Protagonistinnen leben ausgesprochen ländlich und sind ungewöhnlich helle für ihr Alter, haben nervige Schwestern: hier eine, da zwei, beide Mütter leben nicht mehr, die Schwestern geben Alice/Flavia die Schuld daran....auch das Alter stimmt mehr oder weniger überein - und die Schwestern sind jeweils älter.
Obwohl Überirdisches vorkommt - in Form von Alices Erscheinungen, die jedoch genauso gut der Fantasie eines unterforderten Mädchens entspringen können - hat die Geschichte für mich nichts mit herkömmlichem Fantasy zu tun. Die Verbindung zu Wittgenstein hätte eleganter herausgearbeitet werden können, um auch eine Distanz zu Flavia de Luce herzustellen, die aus meiner Sicht überhaupt nicht gegeben war.
Was mir gefiel - das Lokalkolorit war gut hineingebracht, teilweise war die Handlung auch wirklich sehr spannend - aber irgendwann kam dann nichts Neues mehr.
Trotzdem würde ich auch das nächste Buch der Serie lesen wollen - der Stil gefällt mir wirklich gut und vielleicht kommen noch ein paar Alice-spezifischere Eigenschaften zum Tragen. Und... möglicherweise kann das Ende dann überraschen!