Tragisches Beziehungsdreieck
1969 Frances Jellico hat ihre dominante Mutter jahrelang gepflegt, bis diese stirbt. Für Frances ist es wie ein Befreiungsschlag, kann sie doch endlich ihr eigenes Leben in die Hand nehmen und muss niemandem ...
1969 Frances Jellico hat ihre dominante Mutter jahrelang gepflegt, bis diese stirbt. Für Frances ist es wie ein Befreiungsschlag, kann sie doch endlich ihr eigenes Leben in die Hand nehmen und muss niemandem mehr Rechenschaft ablegen. Sie nimmt den Auftrag an, ein architektonisches Gutachten für ein Herrenhaus zu erstellen und reist dafür von London in die Grafschaft Devon nach Lynton, um für einige Zeit in dem Haus zu verbringen. Dort trifft sie auf das Hausmeisterpaar Peter und Carla, die allein in dem recht einsam gelegenen Haus leben. Schnell entsteht zwischen Carla und Francis eine Freundschaft. Aber zwischen Peter und Frances entwickelt sich ebenfalls etwas, nämlich Gefühle, was zu schicksalshaften Ereignissen führt….
Claire Fuller hat mit ihrem Buch „Bittere Orangen“ einen interessanten Roman über eine Dreiecksbeziehung vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und bildgewaltig, die Autorin nimmt den Leser mit auf eine intensive Reise in eine einsame Gegend und ins Ungewisse. Die Handlung lebt von den wechselnden Erzählperspektiven. In der einen wird der Sommer des Jahres 1969 und Frances‘ Aufenthalt in Lynton thematisiert, in der anderen erfährt der Leser von den Erinnerungen, die Frances über jene Zeit hat, während sie im sterbenskrank im Krankenhaus liegt. Die Autorin versteht es, mit der Sprache zu spielen und dem Leser während der Lektüre Bilder in den Kopf zu brennen. Die Landschaftsbeschreibungen sind malerisch und farbenfroh, die Atmosphäre des abgeschieden gelegenen Herrenhauses sowie die Einsamkeit, in der die drei Protagonisten leben, ist regelrecht zum Greifen.
Die Charaktere sind sehr unterschiedlich angelegt und detailliert ausgearbeitet. Obwohl man sich als Leser keinen wirklich verbunden fühlt, stellt sich bei der Lektüre eine eigenartige Faszination ein, die einem Spanner gleicht, der etwas Unerlaubtes heimlich beobachtet. Frances ist eine Frau, die sich jahrelang ihrer dominanten Mutter gebeugt hat und sich von ihr herumkommandieren lassen. Ihre eigenen Träume musste sie dabei ganz nach hinten stellen. Sie kann erst aufatmen, als die Mutter stirbt und sehnt sich nach Selbstbestimmung und Freiheit. Frances wirkt oftmals eingeschüchtert, manchmal naiv und oft wie eine Träumerin. Cara lebt in dem Herrenhaus und freut sich über weibliche Gesellschaft, der sie alles anvertrauen kann. Allerdings bekommt man bei ihr mehr oder weniger das Gefühl, dass sie etwas wirr ist oder nicht ganz von dieser Welt. Peter ist ein geheimnisvoller und auch manchmal etwas unheimlicher Mann, der mit dem Feuer spielt.
„Bittere Orangen“ ist ein ungewöhnliches Buch über eine komplizierte Dreiecksbeziehung, die am Ende tragische Ereignisse nach sich zieht. Mit malerischer Sprache und Durchhaltevermögen bekommt der Leser eine durchaus interessante Geschichte geboten, deren Höhepunkt erst am Ende stattfindet, wenn man gar nicht mehr damit rechnet. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung!