Wichtige Fragen rund um das Tabuthema "Tod"
Dieses Buch hatte ich durch Zufall entdeckt und als ich den Klappentext gelesen habe, wusste ich, dass ich es lesen muss. Ausschlaggebend war der Umstand, dass ich selbst seit September mit Krebskranken ...
Dieses Buch hatte ich durch Zufall entdeckt und als ich den Klappentext gelesen habe, wusste ich, dass ich es lesen muss. Ausschlaggebend war der Umstand, dass ich selbst seit September mit Krebskranken zusammenarbeite und auch auf einer Palliativstation tätig bin, auf der das Thema Tod allgegenwärtig ist. Besonders angesprochen hat mich, dass das Buch von zwei Fachpersonen geschrieben wurde, die selbst auf einer Palliativstation resp. in einem Hospiz tätig sind und sie aufgrund ihrer Erfahrungen wissen, wovon sie sprechen.
Das Buch ist in acht Teile untergliedert, die sich mit den folgenden Themen auseinandersetzen: (1) Aus dem Blickwinkel der Sterbenden: Der Umgang mit der endgültigen Nachricht, (2) Aus dem Blickwinkel der Angehörigen: Der Umgang mit dem Wissen um den nahen Tod, (3) Grundsätzliches zur guten Begleitung am Lebensende, (4) Die Krankheit schreitet voran, und das Sterben wird sichtbarer - was hilfreich ist, (5) Die Sterbephase: Was geschieht und was hilfreich ist (6) Der Tod: Die Abläufe und was mit Verstorbenen passiert, (7) Trauer, (8) Hilfreiche Adressen.
Wie man bereits auf den ersten Blick erkennen kann, hat das Autorenduo damit alle wichtigen Phasen im Zusammenhang mit einer nicht heilbaren Erkrankung und dem Sterbeprozess in ihr Buch integriert. Die jeweiligen Unterkapitel in den entsprechenden Abschnitten sind jeweils als Fragen formuliert (wie es der Buchtitel bereits vermuten lässt) und dieses Stilmittel ist aus meiner Sicht eine sehr gute Wahl, da meine bisherigen Erfahrungen im Bereich der Psychoonkologie zeigen, dass die Diagnose Krebs (und damit vermutlich auch andere Diagnosen von unheilbaren Erkrankungen) viele Unsicherheiten und Fragen auslösen können. Das Beantworten von Fragen ist ein Weg, den Betroffenen ihre Unsicherheiten ein Stück weit nehmen zu können, das das Aneignen von Wissen und Informationen einem das Gefühl von Kontrolle (und damit auch Sicherheit) geben kann, das im Umgang mit dem Ungewissen helfen kann.
Viele der im Buch beantworteten Fragen waren mir bereits bekannt, weil ich in letzter Zeit einige Bücher zum Thema Krebs bzw. Psychoonkologie gelesen habe und darin natürlich auch die Themen Tod und Sterben behandelt wurden. Das ist für mich aber als Pluspunkt zu werten, denn es hat mir gezeigt, dass das Autorenduo - wie erwartet - einen grossen Erfahrungsschatz mit sich bringt und auf sehr verständliche Art und Weise ihr Fachwissen an Betroffene und ihre Angehörigen weitergeben können, um ihnen so ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass keine Frage offen geblieben ist und die Autoren das Thema Tod sehr breit abgedeckt haben.
Weniger gut gefallen hat mir, dass ich mit zunehmender Seitenzahl den Eindruck gewonnen habe, dass nicht ganz klar wird, an wen sich das Buch als Adressat richtet. Während die ersten beiden Kapitel noch jeweils klar nach Betroffenen und Angehörigen gegliedert waren - was aus meiner Sicht absolut Sinn ergibt, da sich die Fragen sehr unterscheiden können - verliert sich dieses Schema im weiteren Verlauf leider etwas. Das fand ich etwas ungünstig, da ich das Gefühl hatte, es wurden plötzlich Fragen vermischt, die eher für Angehörige und andere, die eher für Betroffene gedacht waren. Ich hätte es rückblickend hilfreicher gefunden, wenn alle Fragen nach ihrer jeweiligen Zielgruppe geordnet worden wären.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft ein kleines Detail beim Beantworten der Fragen. Es kam leider sehr häufig vor, dass in einer Antwort ein wichtiges Thema angesprochen wurde, das für eine vollständige Erklärung notwendig gewesen wäre, es dann aber mit einem "darauf gehen wir genauer auf Frage XY ein" abgetan wurde. Das fand ich sehr ungünstig, denn wenn ich mitten im Absatz einer ausführlichen Antwort bin, blättere ich nicht einfach weiter, weil ich sonst komplett im Lesefluss gestört werde. Wenn so eine strikte Unterteilung nach Fragen gemacht wird, dann hätten die Autoren mindestens direkt in der nachfolgenden Frage darauf eingehen müssen. Das war aber leider nicht der Fall, so dass man vielleicht bei Frage 30 angekündigt bekommen hat, dass man in Frage 38 genauer auf ein Thema eingehen wird, dass auch für Frage 30 relevant gewesen wäre. Bis dahin hatte ich aber meistens schon wieder vergessen, was der Kern der Frage 30 gewesen ist. Die Reihenfolge der Fragen fand ich deshalb manchmal etwas ungünstig gewählt. Mich hätte es nicht gestört, wenn sich die Autoren hin und wieder wiederholt hätten und ihre Antworten teilweise redundant ausgefallen wären, denn es ist schliesslich nachvollziehbar, dass der Tod ein so komplexes Thema sein kann, dass es sich nicht mit einer simplen Antwort erklären lässt und viele Antworten ähnlich ausfallen können.
Fazit:
"99 Fragen an den Tod" beschäftigt sich genau mit dem, was der Titel ankündigt: Fragen, die sich rund um die Themen Tod und Sterben drehen. Das Buch dient als "Leitfaden für ein gutes Lebensende" und richtet sich sowohl an Betroffene, die die Diagnose einer unheilbaren Erkrankung erhalten haben, sowie auch deren Angehörige, die ihre:n Liebste:n vor und während dem Sterbeprozess begleiten. Das Buch wurde von zwei Fachpersonen geschrieben, die selbst in der Palliativmedizin und in einem Hospiz tätig sind und ihr Fachwissen und ihren Erfahrungsschatz auf sehr verständliche Weise weitergeben. Das Buch ist wirklich sehr gut recherchiert und deckt in meinen Augen die wichtigsten Bereiche rund um das Thema Tod ab. Schade fand ich nur, dass die Einteilung der Fragen etwas geschickter gewählt hätte werden können, denn leider wird nicht immer ganz klar, an wen sich die jeweiligen Fragen und Antworten nun richten sollen. Von mir gibt es deshalb 4 Sterne und eine Leseempfehlung für Betroffene und Angehörige, die sich mit dem Tod auseinandersetzen wollen oder müssen.