Cover-Bild Ein wenig Glück
22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Unionsverlag
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 224
  • Ersterscheinung: 18.07.2016
  • ISBN: 9783293005068
Claudia Piñeiro

Ein wenig Glück

Roman
Stefanie Gerhold (Übersetzer)

Ein Bahnübergang, eine heruntergelassene Schranke, ein blinkendes rotes Licht und kein Zug. Drei, fünf, acht Minuten … und kein Zug. Mary Lohan hat ihren sechsjährigen Sohn, Federico, und Juan, seinen Schulfreund, im Auto. Sie wollen ins Kino. Ihr Auto ist das dritte in der Warteschlange. Der erste Wagen umfährt die Schranke und überquert die Gleise, der zweite ebenso. Die Kinder singen vergnügt, der Filmbeginn rückt näher, und kein Zug ist in Sicht. Also los, auch sie wird es wagen. Die Schranke ist schon lange ein Ärgernis. Ob ein Zug überhaupt kommt, ist ungewiss.

Zwanzig Jahre nach der Katastrophe kehrt Mary zurück in die Vergangenheit, aus der sie geflohen ist.
Zwischen herbeigesehnten Begegnungen und erschütternden Enthüllungen begreift sie endlich, dass ihre Rückkehr vielleicht so etwas wie ein wenig Glück bedeutet.

Weitere Formate

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

  • Dieses Buch befindet sich bei tinstamp in einem Regal.
  • tinstamp hat dieses Buch gelesen.

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.11.2017

Bleibt im Gedächtnis!

0

Schon aus dem Klappentext wird ersichtlich, dass diese Geschichte nicht unbedingt leichte Kost ist. Die Handlung rief bei mir viele Empfindungen hervor: Entsetzen, Schmerz, Trauer, Wut, Mitgefühl und Verständnis.
Und ...

Schon aus dem Klappentext wird ersichtlich, dass diese Geschichte nicht unbedingt leichte Kost ist. Die Handlung rief bei mir viele Empfindungen hervor: Entsetzen, Schmerz, Trauer, Wut, Mitgefühl und Verständnis.
Und dies alles auf nur 224 Seiten, für die man sich allerdings Zeit nehmen sollte. Der Leser spürt die Intensivität der Geschichte, die die Autorin in einfachen und klaren Sätzen erzählt. Weit ab von Kitsch und Gefühlshudelei, denn es geht um Schuld und Vergebung.

Mary, die eigentlich Marilé heißt, kehrt nach zwanzig Jahren in ihre alte Heimat Argentinien zurück. Ihre Aufgabe ist es für das Garlic Institut in Boston, wo sie und ihr kürzlich verstorbener Mann Robert tätig waren, die Anträge anderer Schulen zu sichten und diese vor Ort zu evaluieren. Ihr Auftrag führt sie just an ihr ehemaliges College, das St. Peters. Vor Ort soll sie herauszufinden, ob es alle Aufgaben einer Eliteschule gerecht wird. Dabei kehrt sie an den Ort zurück, den sie vor zwanzig Jahren verlassen hat und nie mehr aufsuchen wollte.

In immer wiederkehrenden Rückblenden erzählt uns Marilé nach und nach ihre Lebensgeschichte. Diese beginnt mit ihrem Job als Lehrerin, ihrer Heirat mit Mariano, einen Arzt. Dieser kommt aus einer reichen und angesehenen Familie. Seine Vater besitzt eine eigene Klinik. Ein wunderschönes Eigenheim und ein Sohn vervollkommen das Glück, wie es scheint. Doch ein unbedachter Augenblick verändert Marilés Leben für immer...
Die Menschen um sie herum verurteilen die junge Mutter. Aus der plötzlich angesehenen Arztfrau wird eine unerwünschte Ehefrau, eine Geächtete, eine Mörderin. Die Vorurteile und die verbalen Übergriffe nehmen zu und erinnern immer mehr an eine Hexenjagd im Mittelalter. Die Schuldgefühle werden immer stärker, als sich auch die eigene Familie von ihr abwendet, um den guten Ruf zu wahren. Daraufhin entschließt sich Marilé zu gehen und ihr altes Leben hinter sich zu lassen, bevor sie endgültig zerbricht. Sie steigt in das nächste Flugzeug und landet schlussendlich in den Staaten. Noch am Flughafen hilft ihr ein Mann, der ihr fortan ihre Stütze wird und ihr dabei hilft zu überleben. Sie schneidet sich die Haare ab, färbt sie rot und trägt färbige Kontaktlinsen. Aus Marilé wird Mary...

"Das alles hat nicht einmal eine Minute gedauert. Und trotzdem braucht man viele Wörter, um solch eine Minute zu erzählen, oder auch nur eine Sekunde, einen Moment, einen winzigen, kaum messbaren Bruchteil der Zeit."

Der Leser erlebt die wenigen Minuten, die Marilés Leben von einem Augenblick auf den anderen für immer verändern, in wiederkehrenden Abständen, in einer Art Endlosschleife. Dabei wird der Text immer länger und offenbart Stück für Stück, wie es zum Unglück kam und wie Maria diese endlosen Minuten empfand. Dieses außergwöhnliche Stilmittel wird als eine Art "Einschub" zwischen den Rückblenden und der gegenwärtigen Geschichte eingebunden. Dies wirkt sehr eindringlich und geht langsam, aber zielsicher mitten ins Herz.

Schreibstil:
Die Autorin hat einen klaren und präzisen Schreibstil. Mit wenigen Worten vermag sie die Gefühle und Gedanken der Protagonistin wiederzugeben.
Der Roman ist in der Ich-Form verfasst und in drei Teile gegliedert. Der erste Teil heißt "Logbuch mit Unterbrechungen: Zurückkommen" und erzählt aus der Gegenwart, Teil zwei nennt sich "Die Freundlichkeit von Fremden" und hier erzählt Piñeiro größtenteils aus der Vergangenheit. Dieser Abschnitt ist sehr emotional und der Beste des Buches. Das letzte Drittel "Boston" erzählt von der Rückkehr in die Staaten, der als eine Art Abschluss gedacht ist.
Claudia Piñeiro wechselt dabei regelmäßig zwischen den Zeiten und verschiedenen Schreibstilen hin und her.


Fazit:
Ein ergreifender Roman über Schuld und Vergebung und wie ein einziger Augenblick ein Leben zerstören kann. Ein Buch, das zum Nachdenken anregt und definitiv im Gedächtnis bleibt!