Eine Parabel darüber, wie Zeitreisen uns vermutlich psychisch und physisch zermürben würden, der Fluss der Zeit zur Nebensache wird und wir uns nur noch auf uns selbst verlassen können — oder?
„Zeitmaschinen gehen anders“ ist die im Rahmen der „Meisterwerke der Science-Fiction“-Reihe erschienene Neuauflage des Klassikers von 1973. Damals wurde „The man who folded himself“, wie der Originaltitel ...
„Zeitmaschinen gehen anders“ ist die im Rahmen der „Meisterwerke der Science-Fiction“-Reihe erschienene Neuauflage des Klassikers von 1973. Damals wurde „The man who folded himself“, wie der Originaltitel lautet, für den Nebula Award nominiert. David Gerrold hat mit diesem Werk einen Klassiker geschaffen und diesen habe ich mir gestern in einer kleinen Lese-Session einverleibt. ? Das Vorwort ist von Sascha Mamczak und eine kleine Perle für sich. Jeder, der die alte Ausgabe noch daheim hat, sollte allein für das grandiose Vorwort einen Blick in die neue Ausgabe werfen. ❤ Inhaltlich geht es um den jungen Daniel, der von seinem Onkel Jim einen Zeitreise-Gürtel vererbt bekommt. Voller Verwirrung testet Daniel diesen erst einmal, begegnet seinem zukünftigen Ich und sein Leben ändert sich von einer Sekunde zur nächsten. Er klappert alle interessanten Ereignisse der Vergangenheit und der Zukunft ab, verändert Dinge, nur um sie später wieder zu „löschen“ und begegnet letzten Endes sogar einer weiblichen Version seiner selbst…
Kein Moment kann mir entkommen. Ich habe das Zwielicht verfolgt und die Dämmerung eingefangen. Ich habe den Tag erobert und die Nacht gezähmt. Ich kann leben, wie und wo es mir beliebt, denn ich bin der Herr der Zeit.
David Gerrold hat hier meiner Meinung nach wirklich ein dickes Ei gelegt – im guten Sinne! Anstatt den Leser mit auf die Reise durch Zeit und Raum zu nehmen, erzählt er, wie das Zeitreisen Daniel mit der Zeit mürbe im Kopf macht, welche psychologischen Krisen er zu bewältigen hat und wie er mit der Sache überhaupt klar kommt. Während Daniel sich philosophischen inneren Monologen hingibt, erfährt der Leser allerhand Dinge, die in anderen Zeitreise-Romanen unter den Tisch gekehrt werden: Wie sieht es beispielsweise aus, wenn man mit sich selbst im Reinen ist, Selbstliebe kein Fremdwort ist und man dann eine oder mehrere Versionen seiner selbst trifft? Fühlt man sich zu „dem anderen Ich“ hingezogen? Kann so möglicherweise eine Beziehung entstehen? Und wie nimmt man das Verrinnen der Zeit wahr, wie erlebt man selbst das Heute? All diese Fragen beantwortet Gerrold in seinem kurzen Roman. Anfangs war ich sehr skeptisch, ob angesichts der Länge überhaupt eine gute Zeitreise-Story vorhanden sein kann, aber diese Zweifel wurden schnell beiseite geräumt. Die Seiten flogen nur so dahin, und schnell war das Büchlein ausgelesen. Ich musste dann erst einmal den ganzen Inhalt Revue passieren lassen, bis ich auch die eine oder andere Sache verstanden habe, aber im Großen und Ganzen kann man sagen, dass dieses Buch eine wunderbare Parabel ist. Die abgeschlossene Handlung und das Fehlen eines offenen Endes haben mich sehr erfreut, zumal ich nur selten offene Enden mag. Allerdings haben mich Kleinigkeiten gestört; zum Beispiel Daniels Umgang mit seiner weiblichen Version; die Dialoge schienen mir doch sehr unglaubwürdig (okay, es ist ein Zeitreiseroman, so viel zu Glaubwürdigkeit, aber die Dialoge müssen doch nicht ins Absurde purzeln!). Das Set-Up, also dass der gesamte Roman quasi ein Tagebuch ist, finde ich toll. Auch wenn man nicht 100% mit dem Protagonisten mitfühlen kann und er doch charakterlich „platt“ wirkt, kann man dennoch die Gedanken und die Sorgen, die in während seiner Zeitreisen plagen, auf eine Art nachvollziehen. David Gerrold hat mit „Zeitmaschinen gehen anders“ eine Idee angestoßen, wie Zeitreisen bis zu einem gewissen Punkt wirklich ablaufen würden; was wir tun würden und welche Fragen uns beschäftigen.
Die vollständige Rezension findet ihr auf meinem Blog: http://killmonotony.wordpress.com