Cover-Bild Mr. Goebbels Jazz Band
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24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Frankfurter Verlagsanstalt
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: historischer Roman
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 320
  • Ersterscheinung: 16.03.2023
  • ISBN: 9783627003067
Demian Lienhard

Mr. Goebbels Jazz Band

Berlin, Frühjahr 1940. Auf Beschluss von Joseph Goebbels wird für den Auslandsradiosender Germany Calling eine Big Band
gegründet, die als Mr. Goebbels Jazz Band internationale Bekanntheit erlangt. Die besten europäischen Musiker, darunter auch
Ausländer, Juden und Homosexuelle, spielen im Dienst der NS-Propaganda wortwörtlich um ihr Überleben – ausgerechnet
mit Jazz, der als »entartet« galt. Bis zu 6 Millionen britische Haushalte täglich lauschen den Swing-Stücken mit anti-alliierten
Hetztexten und dem Star-Moderator William Joyce alias Lord Haw-Haw, der nach seinem Aufstieg in der British Fascist
Union aus London nach Berlin geflohen war. Joyce soll den Erfolg »an der Front im Äther« literarisch dokumentieren lassen. Der dafür ausgewählte Schweizer Schriftsteller Fritz Mahler findet sich im Zuge seines Auftrags, einen Propagandaroman über die Band zu schreiben, in verruchten Berliner Clubs und illegalen Jazzkellern wieder, trinkt zu viel Cointreau, verzettelt sich
in seinen Recherchen und muss nicht nur die Skepsis der Musiker überwinden, sondern auch seine gefährlichen Auftraggeber
über das schleppende Vorankommen seines Unterfangens hinwegtäuschen.
Demian Lienhard erzählt die ungeheuerliche (fast bis ins Detail wahre) Geschichte von Mr. Goebbels Jazz Band und des berüchtigten Radiosprechers William Joyce. In furiosem Tempo jagt Lienhard seinen Figuren von New York nach Galway, London, Manchester, Zürich, Danzig und Berlin nach und stellt den menschenverachtenden Zynismus des NS-Staats ebenso bloß wie die Perfidie der Nazi-Propaganda. Gezeigt wird das Scheitern künstlerischer Produktion im Dienste einer Ideologie, wobei auch die eigene Erzählung verschmitzt unterwandert wird, bis hin zum überraschenden Paukenschlag.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.03.2023

Eine kaum bekannte Facette der Propagandakriegsführung im zweiten Weltkrieg

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Im nationalsozialistischen Deutschland gilt amerikanische Tanzmusik und ganz besonders Jazz-Musik als entartet und ist deshalb eigentlich verboten. Eigentlich - denn ausgerechnet Reichs-Propagandaminister ...

Im nationalsozialistischen Deutschland gilt amerikanische Tanzmusik und ganz besonders Jazz-Musik als entartet und ist deshalb eigentlich verboten. Eigentlich - denn ausgerechnet Reichs-Propagandaminister Josef Goebbels ließ 1940 in Berlin ein Jazz-Orchester der Spitzenklasse zusammenstellen, das insbesondere das zu Propaganda- und Falschinformationszwecken genutzte, in England und dem weiteren "feindlichen" Ausland zu hörende, deutsche Auslandsradio mit durch Hasstexte unterlegter Swingmusik unterstützen sollte.
Der aus England geflohene britische Faschist William Joyce, der in Deutschland unter dem Namen Wilhelm Fröhlich lebt, ist die Stimme dieses englischsprachigen Senders. Als Lord Haw-Haw bringt Joyce täglich über das Auslandsradio Desinformationen und deutsche Propaganda in Millionen von englischen Haushalten, während die Jazzband in lockerer Swingmusik mit Hetz-Texten gegen Führungskräfte Englands oportuniert.
Um die bunt gemischte Jazzband, bestehend unter anderem aus Juden, Ausländern und Homosexuellen, gegen die skeptischen Stimmen in Parteiführung und Gessellschaft rechtfertigen zu können, möchte Joyce ihre Bedeutung für die Propaganda in Romanform festhalten lassen und engagiert dafür mit Fritz Mahler einen schweizer Schriftsteller, der fortan versucht, die Geschichte der Musiker in Schriftform zu bringen - ein äußerst schwieriges Unterfangen...
"Mr. Goebbels Jazz Band" basiert auf wahren Begebenheiten. Die Band hat es tatsächlich gegeben, ebenso wie den Radiosender und den Moderator Lord Haw-Haw. In diesem Buch wird allerdings in erster Linie die Geschichte von Fritz Mahler und seiner schwierigen Mission erzählt, eine Art "Bandbiografie" und eine Darstellung der Bedeutung der Jazzband für die deutsche Propaganda im Ausland zu erstellen.
Das Buch ist toll geschrieben, spannend und sprachlich interessant. Es enthält viele interessante Anekdoten und enttarnt in Teilen den Zynismus der nationalsozialistischen Ideologie.
Bis zum Ende des Buches bleibt jedoch unklar, was der Autor eigentlich erzählen möchte - die Geschichte der Band, die Geschichte der Musiker, die Geschichte des William Joyce, die Geschichte Fritz Mahlers oder alles zusammen. "Mr. Goebbels Jazz Band" ist sehr lesenswert, aber der Sinn der ganzen Story erschließt sich mir bis heute nicht und läßt mich mehr verwirrt, denn informiert zurück.

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Veröffentlicht am 10.03.2023

Germany calling

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Was für eine Geschichte! Ich hatte noch nie von Mr Goebbel's Jazzband gehört, aber es scheint sie tatsächlich gegeben zu haben. Was für eine verrückte Idee! Allerdings geht es hier in dem Roman mehr um ...

Was für eine Geschichte! Ich hatte noch nie von Mr Goebbel's Jazzband gehört, aber es scheint sie tatsächlich gegeben zu haben. Was für eine verrückte Idee! Allerdings geht es hier in dem Roman mehr um William Joyce, der unter dem Namen Fröhlich in Deutschland lebt und Mitglied der British Fascist Union war und mit seiner Frau nach Deutschland geflohen ist. Man erfährt seine Lebensgeschichte und auch die von dem Schweizer Fritz Mahler, einem eher erfolglosen Schriftsteller, der engagiert wird, um über die Jazzband zu schreiben oder doch eher über Joyce? Es geht auch immer mal wieder um die Band oder einzelne Mitglieder, allerdings bleiben diese eher im Hintergrund. Am Ende gibt es ein langes Nachwort, in dem noch so einiges ge- und erklärt wird. Mal etwas ganz anderes. Der Sprecher Omid-Paul Eftekhari bringt diese teils abstruse, teils unglaubwürdige und dann wieder erschreckende Geschichte gut rüber.

Veröffentlicht am 07.04.2023

Eine Geschichte mit Potential

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Schon als ich angefragt wurde, ob ich das Buch vorab lesen und rezensieren wollte, war meine Neugier geweckt. Joseph Goebbels hatte eine Jazzband? Das hatte ich noch nicht gehört und erschien mir zunächst ...

Schon als ich angefragt wurde, ob ich das Buch vorab lesen und rezensieren wollte, war meine Neugier geweckt. Joseph Goebbels hatte eine Jazzband? Das hatte ich noch nicht gehört und erschien mir zunächst völlig absurd. Beim näheren Hinsehen ist es natürlich durchaus plausibel - und sowieso historisch belegt. Zur Propaganda gehört es eben, Reichweite zu erzeugen, da war dann auch ein Mittel recht, das man in Deutschland selbst in jener Zeit nicht zugelassen hätte. Galt Jazzmusik im Dritten Reich als „entartet“, garnierte man das englischsprachige Programm der Propagandasender mit Musik, die bei den Adressaten in Großbritannien ankam. Und da man selbst produzierte, ließ sich in den Songtexten selbst auch Propaganda transportieren. So weit, so nachvollziehbar.

Meine Erwartung, viel über die Band, ihr Entstehen, Wirken und späteres Schicksal zu erfahren, oder auch über die Wirkweise der Propaganda, wurde jedoch enttäuscht. Auch Details über das Leben in Deutschland in den 40er-Jahren sucht man vergebens. Im Epilog wird zumindest kurz zusammengefasst, was aus den Protagonisten der wahren Geschichte wurde.

Im Fokus der Story stehen William Joyce, besser bekannt als Lord Haw-Haw, der Radiostimme des deutschen Propagandasenders für Großbritannien, und der Schriftsteller Fritz Mahler. Der US-Amerikaner/Ire/Brite und der Schweizer begleiten das Wirken der Jazzband, die eigentlich „Charlie and his Orchestra“ heißt. Mahler soll einen (Propaganda-)Roman über die Band schreiben, konzentriert sich dabei aber zunehmend auf Joyce als Hauptperson. Dessen (wahre) Lebensgeschichte ist durchaus spannend und lesenswert.

Der Stil des Buches ist außergewöhnlich. Die vollständige Abwesenheit direkter Rede wird Freunde des Konjunktiv I erfreuen, denn Dialoge werden durchaus reichlich geführt. Lienhardt gibt den allwissenden Erzähler, der mit seinem Schreibstil die Lesenden mit einbezieht, das Geschehen kommentiert und durch Einschübe, zum Teil in Klammern gesetzt, bewusst Distanz zum Beschriebenen aufbaut. Die Gefahr, den Protagonisten Sympathien entgegenzubringen, wird durch die Erzählweise effektiv entgegengewirkt (zumal sie ohnehin wenig Anlass bieten, sie zu mögen). Das ist dem Thema und der Zeit angemessen, die Methode transportiert (Wort-)Witz und hat mir gut gefallen. Dennoch ist der Schreibstil eigenartig und wer lange, verschachtelte Sätze nicht mag, wird das Buch wohl schnell aus der Hand legen.

Aus der Hand gelegt habe ich es auch immer wieder und musste mich zum Weiterlesen fast zwingen, denn dynamisch oder fesselnd ist die Geschichte nicht. Das laut Klappentext „furiose Tempo“ hat mich nicht gepackt, langweilig war das Buch jedoch keineswegs. Mein Urteil ist entsprechend ambivalent: Kann man gut lesen, muss man aber nicht unbedingt. Es ist ein außergewöhnliches Buch, bedient gewisse künstlerische Ansprüche und bietet eine Metaebene, die ich nicht erwartet hatte. Gleichzeitig ist mir die Intention nicht klar geworden, auch nicht durch die Nachworte. Ich mag Bücher, die in mir einen Denk- und Veränderungsprozess auslösen - die Geschichte selbst hat das Potential, aber richtig gefunkt hat es nicht.

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Veröffentlicht am 16.03.2023

Charlie and His Orchestra

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… sind 15 vollkommen unterschiedliche Künstler, deren einzigen Gemeinsamkeiten die Liebe zu ihrer Musik und ein perfekt geschnittener Smoking zu sein scheinen. Zu dieser Erkenntnis kommt der österreichische ...

… sind 15 vollkommen unterschiedliche Künstler, deren einzigen Gemeinsamkeiten die Liebe zu ihrer Musik und ein perfekt geschnittener Smoking zu sein scheinen. Zu dieser Erkenntnis kommt der österreichische Schriftsteller Fritz Mahler, der 1941 von William Joyce alias Wilhelm Froehlich engagiert wird. Er soll einen Roman über Joseph Goebbels‘ gegen England gerichteten Propagandasender German Calling schreiben, dessen Zugpferd „Ein hauseigenes Orchester, sozusagen eine musikalische Schattenarmee … die in der Lage sei, die Briten Tag und Nacht mit dem allerfeinsten Propagandajazz zu bombardieren.“ (S. 18) ist.

Mahler wird dafür extra nach Berlin geholt. Doch je länger er dort lebt, sich durch die Nachtclubs treiben lässt, in dem Versuch, sich mit den Musikern anzufreunden, die ihn auf Abstand halten, weil sie ihn für Goebbels Spion halten, um so weniger weiß er, woran er seine Handlung festmachen soll. Ihm fehlt der rote Faden, die Leitfigur. Mehr aus einer Laune heraus rückt er Froehlich in den Mittelpunkt – und plötzlich schreibt sich das Buch fast von allein. Statt eines Romans über den Sender und die Jazzband, die aus Ausländern, Juden und Homosexuellen besteht, versucht er sich an Froehlichs wechselvoller Biographie, der als englischer Nazi nach Deutschland kam. Währenddessen tobt um ihn herum der Krieg, von dem Mahler außer ein paar Bombenangriffen nichts mitzubekommen scheint.

„Lange, verschnörkelte Sätze, altmodische Wörter, manierliche Wendungen …“ (S. 276) sagt Froehlich über Mahlers Roman, und genauso empfinde ich auch Demian Lienhards Schreibstil. Er kommt vom Hundertsten ins Tausendste, verliert sich in scheinbaren Nebensächlichkeiten, in Mahlers wirren Gedanken und Träumen. Alles ist irgendwie surreal, man weiß nie, ob es jetzt Dichtung oder Wahrheit ist und die Schlussbemerkungen inkl. Nachwort verwirren noch mehr. Darin erzählt Lienhard, dass er auf der Suche nach seiner Familiengeschichte in einem Archiv auf das Manuskript dieses Romans gestoßen ist und dieses jetzt veröffentlicht hätte.

Vielleicht verstehe ich das literarische Konzept einfach nicht, vielleicht bin ich auch mit falschen Erwartungen an das Buch gegangen. Ich hatte gehofft, etwas über die einzelnen Musiker und ihre Schicksale zu erfahren und was Joyce im Radio erzählt, um die Hörer zu beeinflussen, stattdessen geht es um Mahlers Ringen um Worte. Wichtige Fakten werden in Nebensätze eingestreut, die man wie Perlen suchen muss. So erzählt ihm einer der Musiker in einer lauen Stunde, dass das Orchester sie vor der Front rette. „Zu wenig Jude, um von der Wehrpflicht befreit zu sein, aber zu viel, um als Deutscher durchzugehen.“ (S. 191)

Auch wenn es nicht mein Buch war, lasst Euch davon bitte nicht abschrecken und bildet Euch eine eigene Meinung.

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