Cover-Bild Kryptowährungen und ihre steuerlichen Auswirkungen
28,00
inkl. MwSt
  • Verlag: dbv-Verlag (Österreich)
  • Genre: keine Angabe / keine Angabe
  • Seitenzahl: 216
  • Ersterscheinung: 03.07.2018
  • ISBN: 9783704107107
Dietmar Knapp

Kryptowährungen und ihre steuerlichen Auswirkungen

inkl technische, betriebswirtschaftliche und zivilrechtliche Aspekte
7.1 Formalrechtliche Einordnung der Kryptowährung

Werteinheiten von Kryptowährungen als Tokens haben keine einzelnen Personen als Emittenten. Diese Wertmarken werden programmtechnisch über einen bestimmten Algorithmus digital geschaffen. Unter Hinweis auf eine Stellungnahme der EZB aus dem Jahre 2012 stellt eine virtuelle Kryptowährung eine Art von seinen Erfindern ausgegebenes und kontrolliertes digitales Geld dar, für das keine gesetzlichen Regelungen bestehen, sodass es nur im betreffenden dezentralen Netzwerk Akzeptanz findet. Kryptowährungen per se sind beidseitig handelbare Quasi-Währungen, die die beteiligten Netzwerknutzer auf einer Grundlage eines bestimmten Wechselkurses kaufen und verkaufen können. Unter Hinweis auf das Urteil First National Bank of Chicago (C-172/96) ist der Primärzweck einer Kryptowährung die Verwendung als privat geschaffenes Zahlungsmittel. In Folge wurde auf Ebene des Binnenmarkts der Grundsatz aufgestellt, dass der Umtausch von konventionellen Währungen in bitcoins und umgekehrt von der Umsatzsteuer befreit ist. Diese Rechtsansicht ergibt sich aus der Analogie, sodass diese Umtauschvorgänge grundsätzlich als Finanzgeschäfte qualifiziert werden. Da eine Kryptowährung als vertragliches Zahlungsmittel innerhalb eines bestimmten Netzwerkes einzustufen ist, kann diese weder als Kontokurrent noch als Einlage angesehen werden. Zum anderen stellt eine Kryptowährung ein unmittelbares Zahlungsmittel dar, das als solches von den beteiligten Wirtschaftsteilnehmern als Netzwerkbeteiligte akzeptiert wird. Demzufolge ist anzunehmen, dass eine Kryptowährung weder ein Wertpapier darstellt, das ein Eigentumsrecht an einer juristischen Person begründet, noch ein anderes vergleichbares Wertpapier ist.
Zusammengefasst kann folgendes in diesem Kontext festgestellt werden:

1. Tokens als Werteinheiten einer Kryptowährung sind nach den Aussagen des Salzburger Steuerdialogs 2014, bezogen auf bitcoins, als unkörperliche Wirtschaftsgüter einzuschätzen, die mit einer Finanzanlage oder einem Finanzinstrument vergleichbar sind. Trotzdem kann nicht angenommen werden, dass ein Finanzinstrument im Sinne der geltenden Bestimmungen vorliegt.
2. Tokens stellen aufgrund des nicht gegebenen Annahmezwangs kein gesetzliches Zahlungsmittel dar, sodass es als vertragliches Tauschmittel zu qualifizieren ist.
3. Werteinheiten einer Kryptowährung, die innerhalb eines dezentralen Beteiligten¬netzwerkes als vertragliches Zahlungsmittel eingeschränkt anerkannt werden, stellen keine gesetzliche Fremdwährung dar.

7.2 Umsatzsteuerrechtliche Aspekte

Steuergegenstand der Umsatzsteuer ist der Umsatz eines Unternehmens, sodass festzuhalten ist, dass auf persönliche Verhältnisse des Unternehmers keine Rücksicht genommen wird. Die Umsatzsteuer ist eine Verkehrssteuer, weil sie an den wirtschaftlichen Verkehrsvorgang anknüpft, sodass sie vom Belastungsziel als Verbrauchsteuer ausgebildet ist.

7.2.1 Rechtsgrundlagenabgrenzung im Zusammenhang mit Kryptowährungen

Die nationale Rechtsgrundlage der Umsatzbesteuerung ist das Umsatzsteuergesetz, das auf der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie (77/388/EWG) samt der 1. und 2. Vereinfachungs-Richtlinie der EG als Binnenmarktregelung, zusammengefasst in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (2006/112/EG), Bezug nimmt. Gemäß Art 113 AEUV wird für den Bereich der Umsatzsteuer, den Verbrauchsteuern und den sonstigen indirekten Steuern zwecks Interessenverfolgung zum Gemeinsamen Markt ein Harmonisierungsauftrag an den Rat im Wege des besonderen Gesetzgebungsverfahrens und das Europäische Parlament als Anhörungsorgan erteilt. Unter Hinweis auf die Bestimmungen des Art 115 AEUV ist Ziel dieser Harmonisierung, Rechtsvorschriften zu erlassen, die in den Mitgliedstaaten das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes sicherstellen sollen. Hinderniselement für diese Regelungen ist das Einstimmigkeitsprinzip der Mitgliedstaaten bei der Beschlussfassung. Das Verhältnis zwischen Unionsrecht und nationalem Recht wurde seitens des EuGH mehrfach behandelt, sodass festgestellt werden muss, dass Verordnungen der EU in den Mitgliedstaaten unmittelbar wirksam und anwendbar sind. Richtlinien der EU begründen grundsätzlich keine Rechte und Pflichten für die einzelnen Bürger, sondern nur für die Mitgliedstaaten selbst. Trotzdem ist auf den Grundsatz der unmittelbaren Anwendung Bezug zu nehmen, weil Richtlinien der EU ins nationale Recht zu transformieren sind. Nationale Gerichte und Behörden haben nationales Recht, das Richtlinien der EU umsetzt, nach dem Grundsatz der richtlinien- als unionsrechtskonformen Auslegung anzuwenden; dies gilt auch für Auslegungen anderer nationaler Rechtsnormen mit unionrechtlichen Bezug. Im Rahmen des nationalen Umsatzsteuerrechts ist jedenfalls der Anwendungsvorrang des Unionsrechts von Belang.
Zusammengefasst kann der Stufenbau der Rechtsordnung wie folgt erkannt werden:

1. Baugesetze der Verfassung unter Berücksichtigung der EU-Grundrechtscharta
2. Primäres Unionsrecht als Verordnung der EU
3. Sekundäres Unionsrecht als Richtlinie der EU
4. Nationales Verfassungsrecht auf Bundes- und Landesebene
5. Einfache nationale Gesetze auf Bundes- und Landesebene
6. Verordnungen als generelle Rechtsnomen, die von Verwaltungsbehörden zwecks Rechtsverbindlichkeit im Außenverhältnis erlassen wurden
7. Bescheide als individuell-konkrete Anordnung der Behörde, die vom Rechtssubjekt zu befolgen ist

Zusätzlich sind bilaterale Staatsverträge im Rahmen der Doppelbesteuerungsabkommen völkerrechtlich im Sinne des Art 9 B-VG zu beachten und die Rechtsprechung der Höchstgerichte, die für die Rechtsentwicklung durch Rechtsatzsetzung maßgeblich sein können. Erlässe der Behörde stellen nur einen Auslegungsbehelf mit Unverbindlichkeitsvorbehalt für Gerichte dar.
Finanzverfassungsrechtlich ist die Umsatzsteuer als gemeinschaftliche Bundesabgabe gem § 6 Abs 1 Z 2 F-VG in Verbindung mit § 9 Abs 1 FAG normiert. Die Rechtsauffassung des BMF zu Zweifelsfragen und Auslegungsproblemen des Umsatzsteuerrechts werden in den Umsatzsteuerrichtlinien 2000 (UStR) abgehandelt.
Derzeit ist weder durch den Gesetzgeber selbst noch durch eine nationale Rechtsprechung eindeutig geklärt, wie Geschäfte mit Kryptowährungen konkret zu behandeln sind, weshalb diesbezüglich nur auf die Rechtsmeinung des BMF vertraut werden kann.

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