Vor dem Putsch
Die türkische Schriftstellerin Ece Temelkuran hatte mich dieses Jahr mit ihrem Sachbuch „Wenn dein Land nicht mehr dein Land ist oder Sieben Schritte in die Diktatur“ beeindruckt. Daher wollte ich auch ...
Die türkische Schriftstellerin Ece Temelkuran hatte mich dieses Jahr mit ihrem Sachbuch „Wenn dein Land nicht mehr dein Land ist oder Sieben Schritte in die Diktatur“ beeindruckt. Daher wollte ich auch einmal einen Roman von ihr lesen und Stumme Schwäne ist ein ebenso beeindruckendes Portrait der Türkei zu einer bestimmten Zeit, 1980 kurz vor dem Militärputsch. Das Land ist gespalten und zerrissen. Die Autorin war 1980 noch ein Kind, daher ist es sinnig, dass vieles aus den Perspektive von Kindern gezeigt wird. Anhand zweier Familien in Ankara sieht man den Zustand der Unruhe.
Immer wieder wechseln die Perspektiven, aber meistens ist es aus der Sicht der Kinder Ayse und Ali. Sie kommen aus verschiedenen Schichten. Ali, Sohn von armen Kurde, ist ein ernster Junge, der schon einiges versteht. Ayse ist noch naiv, nimmt aber doch vieles schon wahr, aus den besorgten Gesprächen der Erwachsenen.
Ein gut gewähltes Sinnbild für den Zustand des Landes sind die Schwäne, denen die Flügel gebrochen werden, um sie am wegfliegen zu hindern.
Die Kinder wollen die Schwäne retten, und irgendwie damit auch das Land, und sie wollen Schmetterlinge ins Parlament bringen.
Man spürt in diesem 2015 geschriebenen Roman auch Parallelen von 1980 zur Gegenwart.
Ece Temelkurans Stil ist ausdrucksstark, die Romanstruktur raffiniert gemacht. Ich kann das Buch nur empfehlen.