Hilfreiches und verständliches Werk!
Was Hochsensibilität ist, was sie ausmacht, ob man wahrscheinlich hochsensibel ist, was Hochsensible über dieses Persönlichkeitsmerkmal wissen müssen oder wie man mit HS umgeht, erklärt Eliane Reichardt, ...
Was Hochsensibilität ist, was sie ausmacht, ob man wahrscheinlich hochsensibel ist, was Hochsensible über dieses Persönlichkeitsmerkmal wissen müssen oder wie man mit HS umgeht, erklärt Eliane Reichardt, welche selbst hochsensibel, hochbegabt und Synästhetin ist, in ihrem Buch „Hochsensibel“.
Nach einer sehr ansprechenden Einführung erhält der Leser bei einem Selbsttest, der in die Kategorien „Das Fremdbild“, „Sensorisches“, „Körperliches“, „Das Innenleben“ und „Weiteres“ unterteilt ist, die Möglichkeit, herauszufinden, ob die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass er zu den etwa 15% HSM gehört.
Nach dieser Einschätzung beginnt der erste Teil des Buches, in welchem besonders auf die Forschungsgeschichte eingeht. Zuerst wird auf mitunter bestimmte Eigenschaften von HSM und ihre Denkweise eingegangen, sodass man ein sehr gutes Gespür davon erhält, was alles im Zusammenhang mit Hochsensibilität steht. Des Weiteren erklärt Eliane Reichardt von Einflüssen, die sich in den letzten Jahrzehnten zusätzlich ergeben haben und bei HSM beispielsweise Stress auslösen können. Im Anschluss daran werden introvertierte und extrovertierte HSM voneinander anhand einer Tabelle sehr anschaulich abgegrenzt. Auch der Sonderfall HSS (High Sensation Seaker) wird behandelt und durch ein Interview sehr verständlich deutlich gemacht. Danach soll das Denken von HSM erläutert werden, weswegen die Autorin zum Beispiel auf divergentes Denken eingeht.
Als nächstes beschäftigt sie sich mit Hochbegabung, welche wohl häufig mit Hochsensibilität einhergehe, von dieser aber stark abzugrenzen sei. Hier räumt sie mit Mythen auf, macht wichtige Begriffe und Merkmale fest, behandelt verschiedene Definitionen, zeigt verschiedene Dimensionen (Psychosomatische, Sensorische Imaginative, Intellektuelle und Emotionale Dimension) der Überregbarkeiten nach Kazimierz Dabrowski auf. Außerdem nimmt sie zu der Frage der Notwendigkeit von IQ-Tests stellung und gibt für Leser die einen solchen gerne machen würden Tipps.
In dem nächsten Unterkapitel wird Synästhesie in ihren unterschiedlichten Formen behandelt und verständlich erklärt.
Dann beginnt auch schon der 2. Teil des Buches, der Hilfestellungen für Alltagssituationen geben soll. Hierzu werden verschiedene realistische Szenen geschildert und wichtige Punkte dieser in Bezug auf HSM erläutert. Außerdem werden Hilfestellungen zum Bewältigen überfordernder oder in hohem Maße stressigen und daher belastenden Situationen gegeben – ob in der Schule oder beim Einkaufen. Aber auch auf das Thema des Arztbesuches wird eingegangen, da HSM sich von Ärzten oder Therapeuten häufig missverstanden oder nicht ernstgenommen fühlen. Ein -wie ich finde – auch sehr interessantes Kapitel zeigt, wie man mit einem hochsensiblen Körper umgehen sollte, da auch dieser saehr empfindlich ist. In „Hochsensible und Psychotherapie“ wird erklärt, weswegen es sich bei HS um keine psychische Störung handelt, sie aber oft als solche eingestuft und behandelt wird. Ebenso wird erklärt, wieso es zu Diagnosen wie „AD(H)S“, „Narzissmus“, „Angst- und Anpassungsstörungen“, „Sozialphobie“, „Autismus“ oder „Borderline“ kommt.
Als letztes wird auf den langfristigen Umgang mit Hochsensibilität eingegangen. Dabei werden auch ein paar Methoden genannt um den Alltag zu meistern und nützliche weiterführende Literatur sowie Internetadressen angegeben.
Dieses Buch führt einen auf sehr verständliche Weise in die Thematik der Hochsensibilität ein. Egal ob man sich bereits mit dieser beschäftigt hat oder noch nicht: Durch die möglichst ganzheitliche Betrachtung auf 256 Seiten erhält man einen guten Überblick. Beim Lesen merkt man wirklich, wie intensiv sich die Autorin mit dem Thema beschäftigt hat. Sehr ansprechend finde ich auch, dass sie sich nicht nur auf Wissenschaftler bezieht, sondern auch auf ihre eigenen Erfahrungen eingeht sowie immer wieder kleine Interviews einstreut. So wird der Text auch sehr lebendig und bleibt ständig spannend; er lässt sich angenehm flüssig lesen. Sehr gut waren für mich auch Darstellungen wie Statistiken oder Modelle, die einem die Vorstellung beispielsweise von verschiedenen Denkmustern erleichtern.
Auch macht die Autorin Mut, sich selbst so anzunehmen wie man ist, seine Stärken zu erkennen, keinen Druck aufzubauen und das bestmögliche aus Hochsensibilität zu machen.
Ich kann dieses Buch sehr weiterempfehlen, da es sich intensiv mit Hochsensibilität auseinandersetzt, sie aus vielen verschiedenen Perspektiven betrachtet, Verknüpfungen erstellt, wissenschaftlich fundiert aber durchgehend verständlich und anschaulich erklärt und darüber hinaus Hilfestellungen für den Alltag gibt. Ich bin von diesem Buch begeistert!