Cover-Bild Fernwärme klimaneutral transformieren
Band 218 der Reihe "Schriftenreihe des IÖW"
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inkl. MwSt
  • Verlag: Institut für ökologische Wirtschaftsforschung Berlin
  • Genre: keine Angabe / keine Angabe
  • Ersterscheinung: 06.2020
  • ISBN: 9783940920225
Elisa Dunkelberg, Alexander Deisböck, Benjamin Herrmann, Bernd Hirschl, Tino Mitzinger, Johannes Röder, Steven Salecki, Pablo Thier, Timo Wassermann

Fernwärme klimaneutral transformieren

Eine Bewertung der Handlungsoptionen am Beispiel Berlin Nord-Neukölln
Fernwärme ist in Berlin wie in vielen anderen Großstädten wichtiger Bestandteil der urbanen Wär-meversorgung – etwa 40 % der Wohnungen beziehen in der Hauptstadt Fernwärme. Da in der Fernwärme überwiegend fossile Energieträger eingesetzt werden, muss die Fernwärmeerzeugung eine Transformation durchlaufen, um dem Klimaschutz- und Kohleausstiegsziel des Landes Berlin gerecht zu werden. Die Studie zeigt basierend auf Analysen zur Entwicklung des Wärmebedarfs und zu den Potenzialen an erneuerbarer Wärme und Abwärme im Versorgungsgebiet Nord-Neu-kölln unterschiedliche Erzeugungsoptionen für die dortige Fernwärme auf.
Anhand der Wärmegestehungskosten und der CO2eq-Emissionen lässt sich ein Transformations-pfad für die Fernwärme ableiten. Die erste Phase fokussiert den Kohleausstieg, den Ausbau von gasbasierter Kraft-Wärme-Kopplung und Power-to-Heat, die Einbindung von gewerblicher Ab-wärme sowie die Errichtung von Pilotanlagen zur Einbindung von Abwasser- und Flusswasser-wärme sowie tiefer Geothermie. In der zweiten Phase folgt die umfassende Einbindung der lokalen Wärmequellen Abwasser, Flusswasser, Solarthermie und Geothermie sowie die Substitution von Erdgas durch synthetisches Gas.
Die zukünftige Höhe der CO2eq-Emissionen in der Fernwärme hängt in hohem Maße von der Ent-wicklung des Gas- und Stromsektors ab. Als Folge des Kohleausstiegs werden in Zukunft mehr gas- und strombasierte Wärmeerzeugungstechnologien eingesetzt werden. Diese tragen nur dann zur Klimaneutralität bei, wenn der Ausbaupfad für erneuerbare Energien im Stromsektor konse-quent verfolgt wird und es einen verbindlichen Grüngaspfad für den Gassektor gibt. Ein hoher Ein-satz von Gas in der zukünftigen Fernwärme birgt das Risiko, dass aus ökonomischen Gründen auch längerfristig Erdgas anstelle von synthetischem Gas eingesetzt wird, was zu einem Lock-In-Effekt in Bezug auf die CO2eq-Emissionen führen würde. Eine umfangreiche Nutzung lokaler Wär-mequellen sowie die energetische Gebäudesanierung mindern hingegen die zukünftig erforderliche Gasmenge in der Fernwärme und führen damit mit größerer Planbarkeit zu einer CO2eq-Reduktion in der erforderlichen Höhe. Zudem ist die große Menge an erneuerbarem Strom für die Produktion von synthetischem Gas bei hohem Gasbedarf in der Fernwärme kritisch zu sehen.
Für die Einbindung der lokalen Wärmequellen werden zukünftig auch aus Gründen der Resilienz höhere Speicherkapazitäten erforderlich und Kooperationen zwischen verschiedenen Akteuren werden wichtiger. Auch die Genehmigungsprozesse verändern sich. Das Land Berlin sollte den Transformationsprozess durch Maßnahmen wie die Förderung von Pilotanlagen, das Bereitstellen einer Absicherung für Investitionsrisiken sowie eine unterstützende Haltung bei den Genehmi-gungsprozessen mit voranbringen.

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