Ein zeitloser Klassiker
Was Theodor Fontane seine "Effi Briest", das war Friedrich Hebbel seine Protagonistin Klara in "Maria Magdalene"; zur damaligen Zeit (Mitte der 1840er) das erste Trauerspiel des Bürgertums. Lange Zeit ...
Was Theodor Fontane seine "Effi Briest", das war Friedrich Hebbel seine Protagonistin Klara in "Maria Magdalene"; zur damaligen Zeit (Mitte der 1840er) das erste Trauerspiel des Bürgertums. Lange Zeit weigerten sich Theater das Stück aufzuführen, aus Angst die Gesellschaft könne sich dadurch "auflösen".
Hebbel musste ausführlichst schriftlich erklären und versichern, dass sein Stück zum Wohle der Gesellschaft und nicht zu dessen Untergang geschrieben wurde. Sein Pamphlet befindet sich als Vorwort im Buch.
Zur ersten beachteten Aufführung des Stücks kam es dann im Oktober 1846 und nun, im Jahre 2019, hatte schließlich ich das Vergnügen die Maria Magdalene zu lesen:
Tragödie wird hier als die eingeschränkte Wahlmöglichkeit zwischen Alternativen definiert, die die Gesellschaft mehr oder minder billigen würde, die aber moralisch alle falsch sind. Sicherlich ein Thema, das heute wie damals die Gemüter erhitzt und tiefer Reflexion Bedarf. Somit lohnt es sich auch im 3. Jahrtausend für's intrapsychische Vorankommen, dieses Stück zu lesen und/oder es sich mal im Theater anzuschauen.
Weitere Pluspunkte:
Die Texte lesen sich erstaunlich flüssig. Keine ellenlangen, hochgestochene Schachtelsätze. Auch die Themen, die die Charaktere umtreiben, scheinen heute so aktuell wie damals: Mode wiederholt sich stets, Angst der Tochter, dass die Mutter ihrer Krankheit erliegt, ein Vater der sich schwer tut Gefühle zu zeigen, ein Bruder, der der Spielsucht anheim fällt... Letzteres hat ja leider durch Online-Wetten wieder stark an Bedeutung gewonnen.
Fazit: Durchgängiger Spannungsbogen von der ersten Seite an, angenehm flüssig zu lesen und thematisch überraschend zeitlos. Hier passt wunderbar der Spruch vom Kinderlesezeichen meiner Jüngsten: Lesen macht aus halben Portionen ganze Persönlichkeiten.