Manipulation ohne genauen Fokus auf die Tat
Klappentext:
„Eine Wohnung, drei Frauen, ein Mann. Eine der Frauen ist tot. Als der Notarzt eintrifft, herrscht eine ruhige, ja unheimliche Atmosphäre, und er stellt fest: Elisabeth ist – vor den Augen ...
Klappentext:
„Eine Wohnung, drei Frauen, ein Mann. Eine der Frauen ist tot. Als der Notarzt eintrifft, herrscht eine ruhige, ja unheimliche Atmosphäre, und er stellt fest: Elisabeth ist – vor den Augen ihrer Mitbewohner – verhungert. Muriel, Petrus und Elisabeth haben, jeder auf eigene Art, den Halt im Leben verloren. Elisabeths Schwester Melodie und der Verzicht auf Nahrung scheinen diese Lücke zu füllen. Was sich von innen – bis in den Tod – richtig anfühlt, ist von außen nur sehr schwer zu fassen. Gerda Blees erzählt aus ganz unterschiedlichen Perspektiven, auch die Eltern, die Polizei oder der Tatort selbst kommen zu Wort.“
„Wir sind das Licht“ ist der Debüt-Roman von Autorin Gerda Blees. Was erwartete uns hier? Schwierige Frage, denn diese Geschichte hat mich fasziniert und erstaunt aber dennoch habe ich etwas anderes erwartet. Beginnen wir mit dem Inhalt: als Leser erfahren wir im ersten Kapitel den Hungertot von Elisabeth. Er ist verstörend, schmerzt und lässt einen nur wortlos zurück. Eine Gräueltat wird hier beschrieben. Diese Wortlosigkeit wir dann in den nächsten Kapiteln von Gegenständen, Situationen etc. komplett abgelöst. Uns erwarten hier Kapitel wie „Wir sind das Cello.“ oder „Wir sind die Demenz.“. Diese erzählen uns das Seelenleben von Melodie, Muriel und Petrus. Elisabeth bleibt leider etwas außen vor und kommt nur selten darin vor. Wir erleben unterschiedliche Perspektiven und dies in endlos-erscheinenden, langen Bandwurmsätzen. Es ist ein hypotaktischer Stil den Blees hier nutzt. Einerseits verlieren wir Leser völlig die innere Betonung für Sätze, verlieren manches Mal den Sinn, den Hauptaugenmerk und werden auf bestimmte Weise von der Autorin geleitet. Wir werden manipuliert, genau wie Melodie ihre Mitbewohner mit ihrer Lichttherapie manipuliert. Wir Leser werden eingelullt von Wort-Geblubber das scheinbar nie enden will. Für meine Begriffe verlor sich daher der Blick auf den Tod von Elisabeth komplett. Muriel wurde dann weiter in den Fokus gerückt. Ich suchte nach dem Warum. Warum wurde dieses Elend mit angesehen? Warum wurde hier nicht eingegriffen? Sekte? Alles ist hier schonungslos und selbstredend so von der Autorin gewollt. Wir sollen den Fokus von Elisabeth aus den Augen verlieren. Wir sollen uns den Worten hingeben. Der Schreibstil ist äußerst interessant und wie gesagt, psychologisch eine reife Leistung der Autorin. Dennoch blieben mir zu viele Fragen unbeantwortet und ich hasse einfach Bücher mit offenem Ende. Für mich äußerst unbefriedigend.
Ich muss wirklich gestehen, dieses Buch ist weder Fisch noch Fleisch für mich. Es ist interessant, faszinierend und irgendwo abgrundtief geschrieben aber ich lasse mich nicht gern beim lesen manipulieren. Ich lasse mir nicht vorschreiben wie ich ein Buch zu lesen habe, und genau das tut die Autorin mit dem Kapitel „Wir sind die Erzählung“. Man könnte aber meinen es sei Melodie selbst die dort spricht, denn Manipulation, um den Verstand reden, einreden, das Denken anderen überlassen ist hier der Fokus.
Die Geschichte ist ein Roman und kein Krimi, das sollte hier beachtet werden. Wie gesagt, ich hatte andere Erwartungen an die Story: warum musste Elisabeth sich dieser Lichttherapie unterziehen? Was war ihre Intention? Was trieb sie dahin? Ihre Einsamkeit? Viele, viele offene Fragen.
Die zwei Sterne gibt es nicht nur für die interessante Ausführung sondern auch für das gelungene Cover: der offene Kühlschrank mit dem Licht. Jeder hätte essen können, der Weg zum Kühlschrank stand offen aber niemand tat es. Er war das Licht zum Leben mit Nahrung. Zudem finde ich diese Geschichte als Zeugnis unserer Gesellschaft (da traf das Kapitel „Wir sind die Nachbarschaft“ sehr genau ins Schwarze), denn es muss immer erst etwas passieren bis alle Aufwachen aus ihrem Tiefschlaf…
2 von 5 Sterne für dieses Werk.