- Verlag: Humanities Online
- Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften - Soziologie und Anthropologie
- Genre: keine Angabe / keine Angabe
- Ersterscheinung: 2002
- ISBN: 9783941743038
Gesellschaft im Umbruch I
Politische Soziologie im Zeitalter der Globalisierung
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Im Verständnis des politischen Systems neigen wir vor allem in Deutschland zu einer Illusion. Diese wird von der Funktionsweise des Systems selbst nahegelegt, kollektiv verbindliche Entscheidungen bereitzustellen, die scheinbar die 'Gesellschaft' als ganze zu steuern vermögen. Das gilt auch für die populär gewordene Politikverdrossenheit. Sie hat sozusagen noch an dieser Illusion teil. Bei hellsichtigen Sozialwissenschaftlern setzt sich mittlerweile die Einsicht durch, daß die Veränderung der Konstellation zwischen dem Wirtschafts- und dem politischen System zwangsläufig von der technologiebasierten Infrastruktur eines globalen Weltsystems herbeigeführt wird. Sie ist von ihren Konzepten her global angelegt. Das verändert die Reichweite einer effektiven Gestaltung staatlicher Regelungen dramatisch. Es ist in diesem Zusammenhang aber auch auf eine andere grundlegende Veränderung aufmerksam zu machen. Unter den bereits bestehenden Organisationssystemen sind die staatlichen Organisationen nur ein Beteiligter unter vielen anderen. Damit wird einhergehen, daß die klassische Funktion des politischen Systems, die Normierung und Durchsetzung von Regelungen im öffentlichen Interesse, nicht mehr in und über diese Organisationssysteme und ihre elektronischen Netze verbindlich einzugreifen vermag. Staatliches Machthandeln kann in diesen Netzen nicht mehr durchgreifend ausgeübt werden, das heißt, das Medium 'Macht' kann nicht mehr durchgängig die Annahmemotive von kollektiv verbindlichen Entscheidungen bewirken.
In unserem Verständnis von Globalisierung werden wir immer noch fehlgeleitet. Das hängt nicht nur mit der journalistischen Beschreibung zusammen, sondern auch mit der Selbstbeschreibung globaler Handlungssysteme. Wenn wir z.B. von BBC World den griffigen Slogan hören 'Global Concerns – Local Solutions', so führt das, bei scheinbarer Plausibilität, letztlich doch in die Irre. Der Slogan legt ein Bild von Globalität als einen den Himmelskörper 'Erde' räumlich umgreifenden Prozeß nahe. Dies ist ein falsches Bild. Globalisierung ist als ein operatives Netzwerk zu verstehen, das auf der Basis der modernen Kommunikationstechnologien operiert. Es strukturiert sich durch eine Digitalisierung von Wahrnehmung, Beobachtung und kommunikativen Operationen.
Die vorliegende Sammlung von Artikeln ist in den letzten zehn Jahren geschrieben worden. Sie setzt sich mit der Situation in Deutschland nach der Wiedervereinigung und den Anforderungen an die Umgestaltung des 'Standorts Deutschland' auseinander. Die damit einhergehenden Veränderungen im Selbstverständnis der Deutschen und die Standortpolitik gehörten vor allem in den neunziger Jahren zu den Tagesthemen. Man sollte den Geist der Artikel als von der Einsicht Lester Thurows inspiriert begreifen, der einigen Industrienationen voraussagt, daß sie – wie das alte Rom – schleichend untergehen werden; es ließe sich hinzufügen, daß dies dann der Fall sein wird, wenn sie sich nicht der Herausforderung der Globalisierung offen und gezielt stellen. Vermutlich bleibt uns nichts anderes übrig, als in die Systemrationalität von Global Players, seien es Wirtschaftsunternehmen oder andere Organisationen, zu vertrauen.
Man könnte die wirtschaftspolitische Forderung nach einer konsequenten Deregulierung für rhetorisch zugespitzt halten. Aus unserer Sicht sind die Deregulierungskonzepte vor allem in Deutschland nicht konsequent durchgeführt worden. Es gibt diesbezüglich Hemmnisse, die vermutlich auch mit der kollektiven Mentalität und dem Anspruchsdenken zu erklären sind, aber auch mit der dominierenden ordnungspolitischen Rolle der Interessenverbände. Zwischen die Einsicht in die strukturell erforderlichen Änderungen und ihre Umsetzungen treten die formalen Organisationen, nicht nur die Interessenverbände, wie Gewerkschaften, Parteien, Lobbygruppen, Kirchen, sondern auch die Verwaltungsorganisation, über die der Machtkreislauf im politischen System verläuft. Alle erstrebenswerten Umstrukturierungen werden von formalen Organisationen kleingearbeitet. Für problem-, marktbezogene und – wie man gelegentlich auch sagt – 'pragmatische' Lösungen ist der Spielraum immer noch zu gering. Wie auch immer man sich zu dem Deregulierungsproblem verhalten mag, was zu lösen sein wird, ist die Neubewertung der Steuerungsfunktion des Staates als dem Organisationsprinzip des ausdifferenzierten politischen Systems. Dies wird nicht in einem einzigen Schritt geschehen, sondern sich als Problem, auch in reformulierten Versionen, fortlaufend stellen. Organisationssoziologen sind sich aber auch darüber bewußt, daß Reformen immer wieder zu neuen Reformen Anlaß geben und dadurch oft ihr Leerlauf programmiert ist. Die Grenzen, denen Reformen unterliegen, sollten aus unserer Sicht systemtheoretisch reformuliert werden.
Im Verständnis des politischen Systems neigen wir vor allem in Deutschland zu einer Illusion. Diese wird von der Funktionsweise des Systems selbst nahegelegt, kollektiv verbindliche Entscheidungen bereitzustellen, die scheinbar die 'Gesellschaft' als ganze zu steuern vermögen. Das gilt auch für die populär gewordene Politikverdrossenheit. Sie hat sozusagen noch an dieser Illusion teil. Bei hellsichtigen Sozialwissenschaftlern setzt sich mittlerweile die Einsicht durch, daß die Veränderung der Konstellation zwischen dem Wirtschafts- und dem politischen System zwangsläufig von der technologiebasierten Infrastruktur eines globalen Weltsystems herbeigeführt wird. Sie ist von ihren Konzepten her global angelegt. Das verändert die Reichweite einer effektiven Gestaltung staatlicher Regelungen dramatisch. Es ist in diesem Zusammenhang aber auch auf eine andere grundlegende Veränderung aufmerksam zu machen. Unter den bereits bestehenden Organisationssystemen sind die staatlichen Organisationen nur ein Beteiligter unter vielen anderen. Damit wird einhergehen, daß die klassische Funktion des politischen Systems, die Normierung und Durchsetzung von Regelungen im öffentlichen Interesse, nicht mehr in und über diese Organisationssysteme und ihre elektronischen Netze verbindlich einzugreifen vermag. Staatliches Machthandeln kann in diesen Netzen nicht mehr durchgreifend ausgeübt werden, das heißt, das Medium 'Macht' kann nicht mehr durchgängig die Annahmemotive von kollektiv verbindlichen Entscheidungen bewirken.
In unserem Verständnis von Globalisierung werden wir immer noch fehlgeleitet. Das hängt nicht nur mit der journalistischen Beschreibung zusammen, sondern auch mit der Selbstbeschreibung globaler Handlungssysteme. Wenn wir z.B. von BBC World den griffigen Slogan hören 'Global Concerns – Local Solutions', so führt das, bei scheinbarer Plausibilität, letztlich doch in die Irre. Der Slogan legt ein Bild von Globalität als einen den Himmelskörper 'Erde' räumlich umgreifenden Prozeß nahe. Dies ist ein falsches Bild. Globalisierung ist als ein operatives Netzwerk zu verstehen, das auf der Basis der modernen Kommunikationstechnologien operiert. Es strukturiert sich durch eine Digitalisierung von Wahrnehmung, Beobachtung und kommunikativen Operationen.
Die vorliegende Sammlung von Artikeln ist in den letzten zehn Jahren geschrieben worden. Sie setzt sich mit der Situation in Deutschland nach der Wiedervereinigung und den Anforderungen an die Umgestaltung des 'Standorts Deutschland' auseinander. Die damit einhergehenden Veränderungen im Selbstverständnis der Deutschen und die Standortpolitik gehörten vor allem in den neunziger Jahren zu den Tagesthemen. Man sollte den Geist der Artikel als von der Einsicht Lester Thurows inspiriert begreifen, der einigen Industrienationen voraussagt, daß sie – wie das alte Rom – schleichend untergehen werden; es ließe sich hinzufügen, daß dies dann der Fall sein wird, wenn sie sich nicht der Herausforderung der Globalisierung offen und gezielt stellen. Vermutlich bleibt uns nichts anderes übrig, als in die Systemrationalität von Global Players, seien es Wirtschaftsunternehmen oder andere Organisationen, zu vertrauen.
Man könnte die wirtschaftspolitische Forderung nach einer konsequenten Deregulierung für rhetorisch zugespitzt halten. Aus unserer Sicht sind die Deregulierungskonzepte vor allem in Deutschland nicht konsequent durchgeführt worden. Es gibt diesbezüglich Hemmnisse, die vermutlich auch mit der kollektiven Mentalität und dem Anspruchsdenken zu erklären sind, aber auch mit der dominierenden ordnungspolitischen Rolle der Interessenverbände. Zwischen die Einsicht in die strukturell erforderlichen Änderungen und ihre Umsetzungen treten die formalen Organisationen, nicht nur die Interessenverbände, wie Gewerkschaften, Parteien, Lobbygruppen, Kirchen, sondern auch die Verwaltungsorganisation, über die der Machtkreislauf im politischen System verläuft. Alle erstrebenswerten Umstrukturierungen werden von formalen Organisationen kleingearbeitet. Für problem-, marktbezogene und – wie man gelegentlich auch sagt – 'pragmatische' Lösungen ist der Spielraum immer noch zu gering. Wie auch immer man sich zu dem Deregulierungsproblem verhalten mag, was zu lösen sein wird, ist die Neubewertung der Steuerungsfunktion des Staates als dem Organisationsprinzip des ausdifferenzierten politischen Systems. Dies wird nicht in einem einzigen Schritt geschehen, sondern sich als Problem, auch in reformulierten Versionen, fortlaufend stellen. Organisationssoziologen sind sich aber auch darüber bewußt, daß Reformen immer wieder zu neuen Reformen Anlaß geben und dadurch oft ihr Leerlauf programmiert ist. Die Grenzen, denen Reformen unterliegen, sollten aus unserer Sicht systemtheoretisch reformuliert werden.
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