Cover-Bild Studiohefte 17. Christoph Raitmayr
5,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Tiroler Landesmuseum
  • Themenbereich: Kunst
  • Genre: keine Angabe / keine Angabe
  • Seitenzahl: 64
  • Ersterscheinung: 24.10.2013
  • ISBN: 9783900083489
Günther Dankl, Peter Weiermair, Markus Neuwirth

Studiohefte 17. Christoph Raitmayr

I see you from my window
Wolfgang Meighörner (Herausgeber)

CHRISTOPH RAITMAYR. I see you from my window – Modelle und Zeichnungen
Das vorliegende Studioheft 17 versteht sich als Begleitpublikation zur gleichnamigen Ausstellung, die im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum vom 25. Oktober 2013 bis zum 5. Jänner 2014 gezeigt wird.
Christoph Raitmayr, Hauptpreisträger des Kunstpreises der Raiffeisen-Landesbank Tirol AG 2012, zeigt im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum bis 5. Jänner fast ausschließlich im Jahr 2013 geschaffene Werke. Doppelbödigkeit sowie ein raffiniertes Spiel mit Brüchen kennzeichnen seine Arbeit: Er gestaltet mithilfe unterschiedlicher Versatzstücke aus Architektur, Design und Kunstgeschichte Skulpturen, die sowohl persönliche als auch kollektive Themen reflektieren. Er arrangiert auf niederen Sockeln einfache Modelle von Gebäuden aus der Zeit des Biedermeier bis heute, Reproduktionen von Kunstwerken sowie Objekte aus dem Alltag zu bühnenbildartigen Ensembles. Die kunsthistorischen Bezüge, die er auf den Podesten präsentiert, bricht er auf diese Weise mit hintergründiger Ironie. Seinen „Inseln“, wie Raitmayr seine Modelle lapidar nennt, wohnt das Moment des Geheimnisvollen inne. Sie lassen sich als Orte der Wünsche, Phantasien und Sehnsüchte deuten, worauf nicht zuletzt auch die selten gegebenen Titel, wie z. B. „In Träumen versunken“, verweisen. Seine Inseln erzählen Geschichten, die zwar vom Künstler gestartet, aber von den Betrachterinnen und Betrachtern weitergesponnen werden können. Häuser, Schiffe oder ein Bett in Miniaturform werden zu symbolhaften Akteuren, die Skulpturen zu einem Spiegel innerer Seelenlandschaften. Die rätselhaften Gebilde faszinieren in ihrer formalen Strenge. Das Material, das Raitmayr gemeinsam mit den Architekturmodellen arrangiert, entnimmt er dem Internet. Wolken, Wellen, Bäume, Küsten- und Seelandschaften, Reproduktionen von Kunstwerken, aber auch Objekte wie Segelschiffe oder ein Nachtkästchen nehmen den Häusern ihre Modellhaftigkeit und transformieren sie gleichsam zu Porträts persönlicher wie kollektiver Entwürfe. Auffallend ist, dass Raitmayr seine Miniaturgebäude oftmals nur auf der Seite, die dem Betrachter zugewandt ist, mit Fenstern und Türen versieht. Er verleiht den Architekturen damit gleichsam Gesichter, die dazu einladen, die Inhalte der beigestellten Accessoires mit dem Innenleben der einzelnen Häuser oder mit der gesamten Ansiedlung in Verbindung zu bringen. Raitmayr kehrt damit den Titel der Ausstellung „I see you from my window“ in sein Gegenteil. Er bietet uns einen Einblick in seine Häuser, legt deren Innenleben frei und eröffnet Spielraum für individuelle Assoziationen. Zugleich schafft er durch die unterschiedlichen Niveaus der Podeste eine Art Psychogramm einer architektonischen Landschaft, ähnlich der einer Siedlung oder eines Dorfes, die zumeist durch ein sich gegenseitiges Beobachten und argwöhnisches Betrachten gekennzeichnet ist.
Neben diesen bühnenartigen Architekturlandschaften präsentiert der Künstler auch Zeichnungen, in denen er sich ironisch-kritisch mit der Architektur in Tirol auseinandersetzt. Ähnlich stringent wie in den Skulpturen verfährt Raitmayr auch in den Zeichnungen, die er im Ferdinandeum erstmals ausstellt. Sie sind auch im Studioheft abgebildet. Von mehr oder weniger bekannten architektonischen Vorbildern ausgehend - zumeist dem ersten Band des Führers „Österreichische Architektur des 20. Jahrhunderts“ von Friedrich Achleitner entnommen - zerstört oder verfremdet er die in präzisen Linien zumeist in verkleinerter Form mittig gesetzten Zitate, setzt neue Architekturteile wie Treppen oder Balkone dazu oder lässt Bäume aus ihnen wachsen. Der Künstler belegt die Architekturvorbilder mit neuen Inhalten oder öffnet neue Betrachtungsweisen, gleichsam als ob er diese gerade durch die Verfremdung einer ironisch-kritischen bis stark persönlich aufgeladenen Überprüfung unterziehen möchte. Damit öffnet Raitmayr einen weitreichenden Assoziationsbogen, der bekannte Wahrnehmungsmuster ebenso hinter- wie neue Interpretationsweisen befragt.

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