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- Verlag: Velbrück
- Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften - Soziologie und Anthropologie
- Genre: keine Angabe / keine Angabe
- Seitenzahl: 320
- Ersterscheinung: 03.05.2010
- ISBN: 9783938808818
Organisation und Moral
Die dunkle Seite
Organisationen sind die mächtigen Akteure der Moderne. Organisationen sind Orte normaler moralischer Katastrophen.
Organisationen sind Moralverdrängungsmaschinen. Organisationen sind Legitimationsfabriken.
Wie ist das möglich? Wie geht das? Was tun?
Heute, da die Form der Organisation in der Gesellschaft fest institutionalisiert ist, da wir es als Selbstverständlichkeit betrachten, dass die gesellschaftlichen Funktionen der Produktion, der Dienstleistung, der Erziehung, der (Aus-)Bildung, der Gesundheitsfürsorge, der Versicherung, der Wissenschaft und Forschung von Organisationen übernommen und in organisierter Form erfüllt werden, sind wir gefangen in der Form der Organisation. Dass der Zauberlehrling namens korporativer Akteur Eigensinn und Eigendynamik entwickeln und es vom bloßen Mittel zum verselbständigten Zweck bringen würde; dass seine Funktionserfordernisse diejenigen Zwecke bedrohen und schließlich dominieren könnten, um derentwillen er einst gerufen worden war, diese Gefahr war zu Anfang noch nicht absehbar und ist heute nicht mehr, oder kaum noch, abzuwenden. In dieses Noch-nicht-nicht-mehr, in diese Zeitfalle, sind die Menschen geraten, weil der Köder so lockte: Organisation beschert ungeahnte Effizienz, enorm gesteigerte Vermögen – Fähigkeiten, Ressourcen, Kompetenzen. Das indes hat in eine Konstellation geführt, die ich mit Günther Anders (1980) prometheisch nenne: Wir können mehr – weit mehr! –, als wir verantworten können. Das hatte Anders noch vor allem auf die technischen Möglichkeiten der Menschen gemünzt. Die Menschen stehen in »prometheischer« Scham vor der glitzernden Perfektion, dem glänzenden Funktionieren ihrer Maschinen – und, wie ich nun also ergänze, ihrer Organisationen. Auch unsere organisatorischen Möglichkeiten verhelfen uns zu mehr Können, als wir verantworten können. »Organization matters«, diese Formel, mit der sich Organisationsforscher in aller Welt etwas mühsam der Relevanz ihres Gegenstandes zu vergewissern trachten, ist die Untertreibung des Jahrhunderts. Vor allem aber macht nicht nur Organisation im Singular, also das Organisieren und die Organisiertheit, einen gewaltigen Unterschied, sondern es sind heutzutage zumal Organisationen im Plural, also die sozialen Systeme als korporative Akteure (mit ihrem Eigensinn), die »etwas ausmachen«: »organizations matter«.
Organisationen sind Moralverdrängungsmaschinen. Organisationen sind Legitimationsfabriken.
Wie ist das möglich? Wie geht das? Was tun?
Heute, da die Form der Organisation in der Gesellschaft fest institutionalisiert ist, da wir es als Selbstverständlichkeit betrachten, dass die gesellschaftlichen Funktionen der Produktion, der Dienstleistung, der Erziehung, der (Aus-)Bildung, der Gesundheitsfürsorge, der Versicherung, der Wissenschaft und Forschung von Organisationen übernommen und in organisierter Form erfüllt werden, sind wir gefangen in der Form der Organisation. Dass der Zauberlehrling namens korporativer Akteur Eigensinn und Eigendynamik entwickeln und es vom bloßen Mittel zum verselbständigten Zweck bringen würde; dass seine Funktionserfordernisse diejenigen Zwecke bedrohen und schließlich dominieren könnten, um derentwillen er einst gerufen worden war, diese Gefahr war zu Anfang noch nicht absehbar und ist heute nicht mehr, oder kaum noch, abzuwenden. In dieses Noch-nicht-nicht-mehr, in diese Zeitfalle, sind die Menschen geraten, weil der Köder so lockte: Organisation beschert ungeahnte Effizienz, enorm gesteigerte Vermögen – Fähigkeiten, Ressourcen, Kompetenzen. Das indes hat in eine Konstellation geführt, die ich mit Günther Anders (1980) prometheisch nenne: Wir können mehr – weit mehr! –, als wir verantworten können. Das hatte Anders noch vor allem auf die technischen Möglichkeiten der Menschen gemünzt. Die Menschen stehen in »prometheischer« Scham vor der glitzernden Perfektion, dem glänzenden Funktionieren ihrer Maschinen – und, wie ich nun also ergänze, ihrer Organisationen. Auch unsere organisatorischen Möglichkeiten verhelfen uns zu mehr Können, als wir verantworten können. »Organization matters«, diese Formel, mit der sich Organisationsforscher in aller Welt etwas mühsam der Relevanz ihres Gegenstandes zu vergewissern trachten, ist die Untertreibung des Jahrhunderts. Vor allem aber macht nicht nur Organisation im Singular, also das Organisieren und die Organisiertheit, einen gewaltigen Unterschied, sondern es sind heutzutage zumal Organisationen im Plural, also die sozialen Systeme als korporative Akteure (mit ihrem Eigensinn), die »etwas ausmachen«: »organizations matter«.
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