Ein leises, bisweilen trauriges Buch über das Schärenleben und alte Fehden
Alltägliche Pflichten bestimmen Ellinors Leben auf der Schäreninsel Hustrun. Da ist ihr greiser, nörgeliger und kranker Vater, den sie pflegt und sein Schärentaxi weiter betreibt, ohne auch nur einmal ...
Alltägliche Pflichten bestimmen Ellinors Leben auf der Schäreninsel Hustrun. Da ist ihr greiser, nörgeliger und kranker Vater, den sie pflegt und sein Schärentaxi weiter betreibt, ohne auch nur einmal ein liebes Wort oder einen Dank von ihr zu bekommen. Ihre Tiere Edison, das Pferd, der Kater, und ihre Hühner versorgt sie genauso liebevoll wie ihren heimlichen Klostergarten, den sie wie ein Geheimnis hütet. Ellinor ist mit der Insel verwurzelt und vom Leben enttäuscht. Nach dem Freitod ihrer einsamen Mutter Hertha, die immer eine Fremde für die Schärenbewohner blieb und mit dem rauen Leben dort nichts anfangen konnte, scheint auch Ellinors Leben zu stagnieren. So verwundert es letztlich nicht, dass sie beschließt, ihrem eigenen Leben ein Ende zu setzen, sobald ihr Vater nicht mehr lebt. Einzig vom Inselmütterchen erfährt sie Zuwendung und die Kinder der Sommergäste geben ihr etwas Beständigkeit und Geborgenheit. Sie liebt Poesie, hört gerne Radio und ist doch von der Außenwelt abgeschnitten – ohne Strom und Gesellschaft anderer Menschen. Dann gibt es da noch die Sommermänner, die sie im Herbst wieder wegschickt und ihnen nie einen Kuss oder gar ihr Herz schenkt. Das gehört nur einem Mann – auch wenn sie das vergessen hat – Herrman Engström. Überraschend kehrt Herrman, der Vogelmaler auf Hustrun zurück, um sein Elternhaus zu verkaufen. Das Wiedersehen mit seiner Jugendliebe Ellinor reißt nicht nur alte Wunden auf, sondern bringt Erinnerungen an eine schöne Zeit voller Gefühle, Hoffnungen und Träume herauf.
Im Laufe des Romans taucht immer wieder das Jahr 1914 auf. In kurzen Abschnitten erfährt der Leser, welche Tragödie sich in diesem Jahr bei einem gewaltigen Schneesturm auf dem Eis abspielte. Diese Tragödie führte letztlich zur Feindschaft zwischen den Familien Ingman und Engström. Die Engströms werden von den anderen Schärenbewohnern gemieden, da sie ihnen die Schuld an dem Unglück geben.
Es braucht nicht immer eine spannende, schnelle Handlung, um eine eindrückliche und schöne Geschichte zu erzählen. Die Autorin hat viel Poesie, Erinnerungen, den Gleichklang des Schärenlebens, Hoffnungen und Träume, Tragödien und Schuldzuweisungen und unglückliche Beziehungen zu einer leisen, aber nicht weniger schönen Geschichte verwoben. Dabei ist die Geschichte nie ins Kitschige abgedriftet. Mit der pflichtbewussten und braven Ellinor fühlte ich mich verbunden, obwohl ich ein ganz anderer Typ bin und die Einsamkeit einer Schäreninsel auf Dauer sicher nicht ertragen könnte. Ihren Charakter und auch den von Herrman finde ich gut beschrieben. Die beiden haben eine ganz unterschiedliche Wahrnehmung, was ihre gemeinsame Jugendzeit anbelangt. Das ist ganz menschlich und jeder verarbeitet Erlebnisse und Traumata anders. Mir hat der Roman samt stimmungsvollem Cover und falunrotem Einschlag sehr gut gefallen und ich werde ihn sicherlich weiterempfehlen.