Cover-Bild Der Weltreporter
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22,00
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  • Verlag: Galiani Berlin ein Imprint von Kiepenheuer & Witsch
  • Themenbereich: Belletristik - Dystopische und utopische Literatur
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 352
  • Ersterscheinung: 11.02.2021
  • ISBN: 9783869712352
Hannes Stein

Der Weltreporter

Ein Roman in zwölf Reisen
Haarsträubend komisch, auf erschreckende Weise prophetisch und zugleich schneidend realistisch, ein Feuerwerk der Phantasie und sokratischen Weltweisheit: Als hätten Stanislaw Lem, P. G. Wodehouse, Arno Schmidt und Wolf Haas zusammen einen Roman geschrieben.

Nein, eigentlich wollte sich Julia Bacharach gerade gar nicht verlieben. Nicht in einer fast leeren Hotelbar in diesen Umständen (draußen ist gerade Lockdown und wegen einer Epidemie kommen nur die wenigen herein, die immun sind) und erst recht nicht in einen Typen wie Bodo von Unruh. Aber sie ist unvoreingenommen und neugierig und er reist für ein Magazin um die ganze Welt und recherchiert Geschichten, die bewusstseinserweiternder wirken als die besten Drogen – z.B. zu einem sagenumwobenen, mit völlig neuartigen Geschmackssensationen aufwartenden Restaurant, in das man nur auf Einladung kommt – und nachdem man vertraglich versichert hat, blind den Anweisungen des Personals zu folgen, egal was passiert. Über eine jahrzehntelang vergessen Stadt in Sibirien, die rein kybernetisch gesteuert wird, und in der ausschließlich die für das Gemeinwohl besten Entscheidungen getroffen werden. Über Nachfahren der Münchner Räterepublik, die ihre anarchistischen Ideale im brasilianischen Dschungel leben und und und.

Mit der Zeit bemerkt Julia, dass mit Bodo irgendetwas nicht stimmt. Durch seine grandiosen Geschichten gelingt es ihm aber immer wieder, sie in seinen Bann zu ziehen.

Ein Roman über die Kraft des Erzählens, Fakt und Fiktion, über echte Schlaraffenländer und falsche Paradiese, über die Liebe und über den Tod, der uns am Ende alle erwartet.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.02.2021

Zu schön, um wahr zu sein

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Journalistennachwuchs wird schon ganz zu Beginn eingeschärft: Wenn eine Geschichte zu schön ist, um wahr zu sein, dann stimmt sie meistens auch nicht. Also Vorsicht, sorgfältig recherchieren und Fakten ...

Journalistennachwuchs wird schon ganz zu Beginn eingeschärft: Wenn eine Geschichte zu schön ist, um wahr zu sein, dann stimmt sie meistens auch nicht. Also Vorsicht, sorgfältig recherchieren und Fakten checken. Denn wer auf einen Fake reinfällt oder gar eine Fälschung verbreitet, macht sich nicht nur selber zum Gespött, sondern gibt denen Aufwind, die auch heute wieder laut und oft "Lügenpresse" schreien.

Dass auch gestandene Profis dem Sog der zu schönen als wahrscheinlichen Geschichte erliegen können, das hat das Beispiel des "Stern" und der gefälschten Hitler-Tagebücher ebenso bewiesen wie zuletzt der große Sündenfall beim "Spiegel" mit dem als Edelfeder gehypten Claas Relotius. Der schrieb zwar schön, gab aber leider Phantasiewerke als echte Reportagen aus. Seitdem kennt man in der Branche den Begriff "das ist wohl eher geclaast", wenn eine Geschichte mal wieder zu schön klingt, um wahr zu sein.

Mit seinem Buch "Der Weltreporter" ging "Welt"-Korrespondent Hannes Stein einen ganz anderen Weg: Er schrieb nämlich gleich einen Roman. Über den Journalisten Bodo von Unruh, der bei einem Nachrichtenmagazin arbeitet, das nicht mit Spesenkosten für große Exklusivreportagen geizt. Und Bodo von Unruh, so heißt der schon etwas angejahrte Starreporter, liefert grandiose Entdeckungen: Im tiefsten brasilianischen Urwald findet er die Überreste einer bajuwarischen Rätemonarchie, bei der Ursozialismus und Verehrung der Wittelsbacher Hand in Hand gehen. Ganz nebenbei muss auch noch die Geschichte vom traurigen Schicksal des Märchenkönig Ludwig II. umgeschrieben werden. Oder die utopische Stadt im fernen Sibirien, abgeschottet hinter Mauern, wo eine künstliche Intelligenz den Alltag steuert. Der Indianerstamm, der den ansonsten aus dem Gedächtnis der Amerikaner getilgten 45. Präsidenten verehrt, der als Hologramm weiterhin verspricht, Amerika wieder groß zu machen.

"Der Weltreporter" spielt in einer nicht allzu fernen Zukunft, Nummer 45 ist bereits Geschichte, doch es gibt noch Menschen, die sich an die Tragödien und Irrwege des 20. Jahrhundert erinnern. Derzeit haben die meisten allerdings andere Probleme: Eine Krankheit grassiert, nur ein verschwindend kleiner Teil der Bevölkerung ist immun. Auch Weltreporter Bodo von Unruh hat das exklusive orangene Kärtchen, dass ihm Immunität bescheinigt und erlaubt, überhaupt ohne Tests und Quarantäne im Ausland unterwegs zu sein.

Auch Julia, Philosophiestudentin mit einer Vorliebe für Stoiker, gehört zu den Wenigen, die die Krankheit nicht mehr fürchten müssen. Die beiden lernen sich in einer Hotelbar kennen, aus einem One night Stand wird eine Liebesbeziehung, unterbrochen von den Pausen, wenn Bodo für seine Reportagen unterwegs ist, ob nun nach Afghanistan, wo Drogenlords im Hindukusch eine afghanische Eidgenossenschaft geschaffen haben, in einen indischen Ashram oder zu einem britischen Literaturwissenschaftler, der den Beweis liefert, dass Shakespeare in Wahrheit eine italienische Jüdin war.

Exklusivgeschichten am laufenden Band also, die Liebesgeschichte bildet die Klammer zwischen den Texten. Dann aber gibt es einen Zwischenfall, der Julias Argwohn weckt. Ist Bodo ehrlich zu ihr? Ist er überhaupt ehrlich? Wieso eigentlich ist der angeblich so menschenscheue Fotograf, mit dem er seine Reportagereisen macht, nie aufzufinden, obwohl er im gleichen Haus wie Bodo lebt? Die Studentin entwickelt detektivischen Spürsinn, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen.

Manchmal kann ein Journalist die schönsten Geschichten schreiben, wenn er sich nicht an die Tatsachen halten muss, sondern nach Herzenslust der Fabulierlust nachgehen kann - in einem Roman eben. Hannes Stein macht davon reichlich Gebrauch und hatte wohl auch viel Spaß dabei. Dass die Welt, in der die Handlung spielt, von einer globalen Pandemie geprägt ist, sei nur Zufall, versichtrt der Autor in seinem Vorwort. Es sei alles schon vor einem Jahr fertig gewesen. Ehrlich?

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Veröffentlicht am 11.02.2021

Die Reportagen des Bodo von Unruh

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Ein fantasie- und einfallsreicher, ungewöhnlicher Roman, dem nicht umsonst ein Zitat von Sindbad der Seefahrer vorangestellt. Und auch der Autor spricht in der Vorbemerkung von einer Liebes-Lügen-Geschichte.

Es ...

Ein fantasie- und einfallsreicher, ungewöhnlicher Roman, dem nicht umsonst ein Zitat von Sindbad der Seefahrer vorangestellt. Und auch der Autor spricht in der Vorbemerkung von einer Liebes-Lügen-Geschichte.

Es beginnt mit einer jungen Frau, Julia, und einem älteren Mann, die in einer Bar miteinander ins Gespräch kommen. Der Mann heißt Bodo von Unruh und ist angeblich Reporter, der über Reisen schreibt.
12 der Reisen werden in diesem Buch erzählt.

Die Rahmenhandlung mit Julia gefällt mir ganz gut, die Reisebeschreibungen konnten mich nicht alle überzeugen. Aber das ist nicht so entscheidend, wenn man merkt worauf das ganze hinausläuft und ich kann den Roman empfehlen.

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Veröffentlicht am 17.02.2021

Nichts ist so, wie es scheint

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In naher Zukunft beherrscht "die Krankheit" das Leben in Deutschland. Wenige Menschen sind unterwegs, Kontakte sind unerwünscht. Da trifft es sich gut, dass ausgerechnet Reisereporter Bodo von Unruh und ...

In naher Zukunft beherrscht "die Krankheit" das Leben in Deutschland. Wenige Menschen sind unterwegs, Kontakte sind unerwünscht. Da trifft es sich gut, dass ausgerechnet Reisereporter Bodo von Unruh und Studentin Julias Bacharach immun gegen die Krankheit sind. In einer Hotelbar lernen sich der ältere von Unruh und die quirlige Julia kennen. Er ist nicht ihr Typ, zu alt, macht optisch wenig her. Doch am Ende siegt die Neugier auf einen neuen Menschen und die beiden treffen sich häufiger, wenn auch nicht oft, denn der Reporter ist überall auf der Welt unterwegs, um neue Reiseberichte für ein Hochglanzmagazin zu schreiben.

Hannes Stein hat ein Szenario entworfen, das gerade jetzt hoch aktuell ist. Obwohl er versichert, den Roman vor Ausbruch der Corona Pandemie geschrieben zu haben, sind doch viele Parallelen zu entdecken. Seine beiden Hauptprotagonisten könnten unterschiedlicher nicht sein, ein Weltenbummler und Einzelgänger trifft auf eine junge Studentin, die nebenher als Taxifahrerin jobbt. Ihre Treffen sind nicht häufig, dienen aber als Rahmenhandlung des Romans, der eigentlich mehr als Kurzgeschichtensammlung gesehen werden kann.


Zusammen mit seinem Fotografen bereist der Reporter die ganze Welt und erlebt überdurchschnittlich Skurriles, Fantastisches und lernt unglaubliche Menschen kennen. Er spielt mit den Emotionen des Lesers, gibt Rätsel auf und legt den Finger auf gesellschaftliche Wunden.

Der Besuch eines nur durch Einladung und einer horrenden Summe als Eintritt zu erreichenden Restaurants ist so ein Beispiel. Narkotisiert, um den Ort des Geschehens nicht wiederzufinden, erreicht der Gast eine Lagerhalle statt eines Nobelrestaurants. Die Menüfolge ist festgelegt und lautet wie folgt:
"Mehlwurmcocktail im Buffelgras, Aalsuppe mit tausendjahrigen Ei, Lauwarme Vogelnest mit Catsup, Fliegenpilsrisotto mit Hakarl, Kandierte Dachsohren, Eskimo Eiskrem, Funferlei von Langschwein, Achtschatze Reispudding"

Nichts, bei dem einem das Wasser im Mund zusammenlaufen würde, aber ein Gang hat es tatsächlich mehr als alle anderen in sich. Nicht gerade mein Lieblingsreisebericht.

Selbst die kleine Liebesgeschichte nimmt am Ende eine überraschende Wendung, mit der ich so nicht gerechnet habe. Desto näher sich die beiden Liebenden kommen, um so offensichtlicher wird es, dass Bodo etwas zu verbergen hat.

Dem Autor ist es gelungen, mich mehrmals zu schocken und auch innezuhalten. Nicht alles, was ich gelesen habe, hat mich tatsächlich begeistert. Manchmal wurde mir zu sehr herumphilosophiert oder das blaue vom Himmel gelogen. Dennoch trifft er mit seinen Geschichten genau den Puls der Zeit, ob es um einen amerikanischen Präsidenten geht oder um eine geheime Stadt, die von künstlicher Intelligenz gesteuert wird, es stimmt nachdenklich.

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