Wolfszeit
Klappentext (übernommen):
Harald Jähners große Mentalitätsgeschichte der Nachkriegszeit zeigt die Deutschen in ihrer ganzen Vielfalt: etwa den „Umerzieher“ Alfred Döblin, der das Vertrauen seiner Landsleute ...
Klappentext (übernommen):
Harald Jähners große Mentalitätsgeschichte der Nachkriegszeit zeigt die Deutschen in ihrer ganzen Vielfalt: etwa den „Umerzieher“ Alfred Döblin, der das Vertrauen seiner Landsleute zu gewinnen suchte, oder Beate Uhse, die mit ihrem „Versandgeschäft für Ehehygiene“ alle Vorstellungen von Sittlichkeit infrage stellte; aber auch die namenlosen Schwarzmarkthändler, in den Taschen die mythisch aufgeladenen Lucky Strikes, oder die stilsicheren Hausfrauen am nicht weniger symbolhaften Nierentisch der anbrechenden Fünfziger. Das gesellschaftliche Panorama eines Jahrzehnts, das entscheidend war für die Deutschen und in vielem ganz anders, als wir oft glauben.
Meine Bewertung:
Zum Cover: Das Cover gefällt mir besonders gut! Zu sehen ist Mittelpunkt ein Mann, der dem Betrachter zwar den Rücken zugedreht hat, aber auf die Gegebenheiten vor sich blickt. Er trägt einen schwarzen Anzug, eine Mütze sowie Gummistiefel. In seiner Hand hält er einen Korb. Der Hintergrund jedoch wirkt wie das genaue Gegenteil! Weit und breit sieht man nur noch Schutthauen zerbombter und verwüster Gebäude.
Zum Titel: Der Titel "Wolfszeit" bezieht sich auf die Übergangsphase nach Ende des Zweiten Weltkrieges. In dieser Zeit schien "der Mensch zum Wolf" geworden zu sein.
Zum Inhalt: Der Autor Harald Jähner zeigt in seinem Roman "Wolfszeit" ein umfangreiches Bild der deutschen Nachkriegsjahre. Dabei beleutet der Autor die Jahre unmittelbar nach dem Krieg, 1945 bis 1947, die im Vergleich zur NS-Zeit und den ersten Jahren der Bundesreppublik von Historikern deutlich weniger beschrieben worden sind. Der Blick liegt dabei auf verdrängte Aspekte der Nachrkiegszeit - die Erfahrungen von Frauen. In der Nachkriegsgesellschaft herrschte Frauenüberschuss und so lernten sie autonom zu handeln. Doch auch die Gewalterfahrungen seitens der Rotenarmee bleibt nicht unausgesprochen. Trotzdessen beschreibt Jähner den Alltag der Deutschen, welches von Aufbruchstimmung, aber auch von Verlust und Verdrängung geprägt ist. Das Buch erzählt vom Plündern, Stehlen, vom Schwarzhandel, von der Währungsreform und vom VW-Käfer. Es thematisiert aber auch die alliierten Entnazifizierungsmaßnahmen, Nierentischen und Beate Uhses Versandgeschäft.
Zum Schreibstil: Der großartige und doch sehr unterhaltsame Schreibstil machen es einem unmöglich dieses Buch an die Seite zu legen! Harald Jähner hat sehr fundiert recherchiert und dabei mit vielen Quellen und Sekundärliteratur gearbeitet, die im Anhang näher aufgelistet wurde. Er zeigt, dass man vor allem durch Tagebücher, Romane, Filme, Gedichte und Lieder mindestens so viel über eine Gesellschaft erfahren kann wie durch Statistiken oder Parteiprogramme. Dennoch übt Jähner Kritik an der Betrachtung der sogenannten "Stunde null". Außerdem schafft es der Autor die vielen Details und historischen Fakten spannend zusammenzubringen, so dass man dieses Sachbuch genau so verschlingt, als wäre es ein Roman. Ein sehr guter Leseverlauf wird durch kurze Sätze, das Vorhandensein von Absätzen und vielen Fotografien begünstigt. Dieses Sachbuch ist in insgesamt einen Vorwort, zehn Kapitel sowie einen Nachwort und Anhang unterteilt.
Mein Fazit:
Dieses mit dem Preis der Leipziger Buchmesse 2019 ausgezeichnete Sachbuch handelt von den ersten zehn Nachkriegsjahren und zeigt, wie Deutschland wieder zu sich kam.
Von mir gibt es insgesamt 5 von 5 Sternen und ich spreche eine klare Leseempfehlung aus!
Danke an den Rowohlt - Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares!