Klischees und Stereotype
Selbstbewusstsein dem Körper und dem eigenen Sex gegenüber steht im Vordergrund. Dazu gehört vor allem Ehrlichkeit, mit sich selbst und der eigenen Situation. Selbstbefriedigung und Sex für eine Nacht, ...
Selbstbewusstsein dem Körper und dem eigenen Sex gegenüber steht im Vordergrund. Dazu gehört vor allem Ehrlichkeit, mit sich selbst und der eigenen Situation. Selbstbefriedigung und Sex für eine Nacht, schnell ist klar, worum es geht: Lust in all ihren Ausprägungen. Persönlich war ich immer wieder leicht verwirrt, dass Seitenschüsse nicht nur gegen Eltern, sondern auch gegen Verheiratete / monogame Paare abgegeben werden.
Der Reihe nach: Mehr als einmal verweist das Buch auf Seitensprünge und Liebschaften, bzw. „Fickschaften“. Sie werden geradezu angepriesen, um die eigene Sexualität nicht hinter dem Alltag verkümmern zu lassen. Problematisch sehe ich dabei, dass immer wieder regelrechter Betrug proklamiert wird. Statt einem gesunden Weg in polyamoröse Beziehungen, kritisiert das Buch Monogamie als Blödsinn und spricht im gleichen Zug vom heimlichen Seitensprung.
Das ist mir definitiv zu platt und provoziert regelrecht „One Night Stands“ als gesunder Umgang. Dass auch Polyamorie Regeln kennt und nicht etwa wildes Rumpoppen mit jedem, der gerade willig ist, geht komplett unter. Dafür ist das Buch zu Ich-gerichtet. Ich stimme komplett zu, dass viele – gerade Frauen – auch in der Sexualität mehr an sich denken sollten und keinesfalls Praktiken oder sonst was dem Partner zu liebe „mitmachen“. Genauso falsch ist es aber wohl, nur noch die Erfüllung des eigenen Sexualtriebs im Sinn zu haben.
Den scheint es übrigens für Verheiratete / Paare mit Kindern nicht mehr zu geben. Da frage ich mich immer, wie die Kinder zustande gekommen sind. Dass Sexualität nicht nur für Alleinstehende oder frisch Verliebte wichtig ist, habe ich mir bisher wohl eingebildet. Für ein Buch, das den Untertitel Die Sexbibel fürs 21. Jahrhundert trägt, wird da ziemlich viel ausgeklammert und nicht etwa wirkliche Vielfalt und Offenheit gepredigt, sondern ein ganz bestimmtes, verkitschtes Bild des immer sexhungrigen Singles bzw. hinterrücks daueruntreuem Mitglied einer Zweierbeziehung.
So gut und treffend einige Kapitel sind, die mit alten Stereotypen und sexueller Unterdrückung aufräumen, so schade finde ich es, dass dabei neue Stereotype geschaffen werden und klare Ausgrenzungen entstehen. Der Versuch „jeder so, wie er will“, der mehr als einmal als Fazit herhalten muss, kommt da gewaltig ins Wanken. Noch dazu ist es wieder ein Buch, dass Polyamorie nicht wirklich fasst und da eher Klischees bedient. Ich hatte mir mehr erhofft.