Cover-Bild Kurgast
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  • Verlag: Suhrkamp
  • Themenbereich: Biografien, Literatur, Literaturwissenschaft - Biografien und Sachliteratur
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 144
  • Ersterscheinung: 03.05.1977
  • ISBN: 9783518368831
Hermann Hesse

Kurgast

Aufzeichnungen von einer Badener Kur

Zu den amüsantesten, wenn auch unbekanntesten Büchern Hesses gehört sein Kurgast . Diese Aufzeichnungen von einer Kur in Baden sind »hinter einer halb scherzhaften Fassade mein persönlichstes und ernsthaftestes Buch«, schrieb Hesse im Oktober 1923, unmittelbar nach Beendigung der Niederschrift.

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Veröffentlicht am 20.12.2021

Hesse als Kurgast - Socios habere malorum

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Ein halbes Jahr vor Thomas Manns „Zauberberg“ unter dem Titel „Psychologia Balnearia“ 1923 erschienen, „auf der Mitte seines Weges zwischen Siddhartha und Steppenwolf“ (Klappentext), hielt der 1946 mit ...

Ein halbes Jahr vor Thomas Manns „Zauberberg“ unter dem Titel „Psychologia Balnearia“ 1923 erschienen, „auf der Mitte seines Weges zwischen Siddhartha und Steppenwolf“ (Klappentext), hielt der 1946 mit Nobelpreis gewürdigte Hermann Hesse (1877-1962) seine „Aufzeichnungen von einer Badener Kur“ für sein „persönlichstes und ernsthaftestes Buch.“ Der Ich-Erzähler outet sich an zahlreichen Stellen als „der Kurgast Hesse“ (45, 115, 135 u.ö.), der 46-jährig „wegen zunehmender Gicht- und Ischiasbeschwerden erstmals in den schweizerischen Kurort Baden“ strebte, wo „jene chlornatriumhaltigen Schwefelquellen sprudeln, die schon Tacitus gerühmt hat.“ (Klappentext) Wie im „Zauberberg“ ist die körperliche Seite des Geschehens aber nur die „halb scherzhafte Fassade“ für eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Künstlertum eines Schriftstellers und Außenseiters: res severa verum gaudium. Statt den „Freuden des Geistes und der Askese“ (41) freien Lauf zu lassen, in der Horizontalen seinen Jean Paul zu lesen (50, 71, 131) und zwischen Marmor, Schlagsahne und Musik (58) auf die „Erlösung durch die Kunst“ (53) zu hoffen, sieht sich der Badegast am Ende seiner Kur nur zum „Philister geworden“ (94), der einem im Hotel- und Badebetrieb eingebauten, aber fremdbestimmten Mechanismus von Zerstreuung und Augenlust (96) zum Opfer fällt und eine Art „unerschöpflicher Trost“ daraus erfährt, „dass ringsum Leute hinkten, Leute seufzten, Leute in Krankenstühlen fuhren, welche viel kränker waren als ich…“ (12) Der „alte() Solitär, dem alles Herden- und Hotelleben tief zuwider ist“ (17), macht sich angeblich „nichts daraus, die Majorität gegen mich zu haben“ (9), aber sein Zimmernachbar, als Holländer „der Mann aus dem Haag“ (69), strotzt vor Vitalität und Geselligkeit, und „im Lauf von zwölf bitteren Nächten ist mir dieser Herr überaus wichtig geworden“ (66), vor allem wenn in dessen Zimmer mit der „Nummer 64 ganz Holland Kirmes feiern (konnte)“, also im Sozialen so aus dem Vollen schöpfte, dass die Hotelakustik den nervösen Literaten und Einzelgänger nachhaltig daran zu hindern suchte, „angestrengt nachzudenken, angestrengt zu schreiben“ (68). „(…) und am meisten hasste ich alle die unzähligen Anzeichen seiner Kraft, Gesundheit und Unverwüstlichkeit (…), die überlegene Apathie seines Blickes, alle diese Anzeichen seiner biologischen und sozialen Überlegenheit.“ (76) Am Ende der Kur fällt dem Literaten der Abschied von den Leidensgenossen - socios habere malorum - dennoch schwer, denn die Versöhnung von Kunst und Leben, bezeichnet als „meine Doppelmeldodie“, als „diese Doppellinie“, als „die Zweiheit“ oder als „die beiden Pole des Lebens“ (141,143), stellen sogar bei einem mehrwöchigen Kuraufenthalt die perenniale Lebensaufgabe des Künstlers dar.
Michael Karl

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