Cover-Bild Sehnsuchtsland
10,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Francke-Buch
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: Generationenroman
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 480
  • Ersterscheinung: 05.2016
  • ISBN: 9783868275919
Irma Joubert

Sehnsuchtsland

Thomas Weißenborn (Übersetzer)

1905 aus St. Petersburg geflohen, findet die kleine Hildegard mit ihrer Familie auf dem Landgut der adligen Vorfahren in Königsberg ein neues Zuhause. Das aufgeweckte Mädchen steckt voller Energie und Wissensdurst, sehnt sich aber zutiefst nach Liebe und Anerkennung. Als sie dem Studenten Gustav von Langner aus Deutsch-Südwestafrika begegnet, beginnt sie zaghaft zu träumen – vom Sehnsuchtsland Afrika und von Gustav.
Doch dann bricht der Erste Weltkrieg aus und ihre Träume zerplatzen wie eine Seifenblase. Hildegard ahnt nicht, welch turbulente Zeiten ihr noch bevorstehen. Sie ahnt nicht, dass sie schon bald im Berlin der 20er-Jahre
leben und nicht nur einen, sondern zwei Weltkriege wird
meistern müssen. Vor allem aber ahnt sie nicht, welche Umwege das Leben sie noch führen wird, bevor sie endlich das findet, wonach sie sich am meisten sehnt: ein Zuhause.

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Lesejury-Facts

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.04.2018

Ein neues Leben in einem neuen Land

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Ein neues Leben in einem neuen Land

Die Protagonistin Hildegard von Plötzke muss bereits als Kind erfahren, was es bedeutet, alles zurück lassen und ein neues Leben in einem fremden Land beginnen zu müssen. ...

Ein neues Leben in einem neuen Land

Die Protagonistin Hildegard von Plötzke muss bereits als Kind erfahren, was es bedeutet, alles zurück lassen und ein neues Leben in einem fremden Land beginnen zu müssen. Nach dem Petersburger Blutsonntag im Jahre 1905 flieht ihre Familie vor den Bolschewisten und lebt fortan in einem herrschaftlichen Haus in Ostpreußen, in der Nähe von Königsberg. Irma Joubert stellt ihren Lesern ein trauriges kleines Mädchen vor, deren Eltern eine lieblose Ehe führen, wo es auch keine Zärtlichkeit oder gar Liebe für ihre einzige Tochter gibt. Das einsame Kind wendet sich ihrer geliebten Nanny Miss Jones zu, die sie mit Wärme und mütterlicher Zuneigung überschüttet – Dinge, die sie bei ihren leiblichen Eltern nicht erfährt. Als es in Deutschland zum Krieg kommt, scheint sich der Schrecken der Flucht aus Russland zu wiederholen. Hildegard muss jedoch nicht nur den ersten, sondern auch den zweiten Weltkrieg überstehen, und aus dem verwöhnten, fremdbestimmten Mädchen aus adeligem Hause wird eine selbständige junge Frau, die gelernt hat, sich an die schlimmen Umstände anzupassen. Über kurz oder lang verliert sie geliebte Familienangehörige und Bekannte, aber trotz allen Entbehrungen und allem Leid findet auch Hildegard letztendlich ihr kleines, persönliches Glück.

Irma Joubert erzählt in diesem Buch vom Leben einer tapferen Frau, die unerschütterlich ihren Weg geht und es versteht, sich den Gegebenheiten anzupassen. Ihre Protagonistin macht im Verlauf des Buches eine enorme persönliche Wandlung durch und entwickelt sich zu einer charakterstarken und selbständigen Frau. Was diesen Roman auszeichnet, sind die exzellent recherchierten Schilderungen der historischen/politischen Ereignisse des Jahres 1905 bis hin zum Ende des zweiten Weltkrieges. Durch die Person der Protagonistin und etlicher, sehr gut ausgefeilter Nebenfiguren lässt die Autorin diese Zeitspanne für ihre Leserschaft lebendig erlebbar werden. Sowohl der Müßiggang und die Oberflächlichkeit des Adels, als auch die bittere Armut und die tristen Zustände der gesamten Bevölkerung in Kriegszeiten werden dermaßen lebhaft geschildert, dass man nicht umhin kann, ganz tief in diese Geschichte einzutauchen. So liest man von der Weltwirtschaftskrise der dreißiger Jahre und der damit verbundenen Arbeitslosigkeit von Millionen Menschen, vom Kampf um die Machtübernahme zwischen den Nationalsozialisten und den Kommunisten in Deutschland, den immer stärker ausartenden Antisemitismus, dem Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich und den Ausbruch des zweiten Weltkriegs, der Explosion des Zeppelins „Hindenburg“ und letztendlich den Überlebenskampf im ausgebombten Berlin, als die Invasion der Russen einmarschiert. Dieser Flut von Ereignissen wird auf beinahe fünfhundert Seiten Raum gegeben, wobei es der Autorin stets trefflich gelingt, sie kunstvoll mit der Geschichte ihrer Protagonistin zu verweben.

Den Schreibstil von Irma Joubert, der Emotionen, Spannung und christliche Werte mit dem Zeitgeschehen verwebt, kann ich nur als brillant bezeichnen. Leider hat die Autorin sich auch in diesem Buch dafür entschieden, ihre Geschichte im Präsens zu erzählen. Eine Schilderung von Ereignissen in der Gegenwartsform, die im Verlauf mehrerer Jahrzehnte stattgefunden haben, irritiert mich stets und behindert meinen Lesefluss erheblich. Bei dieser Neuerscheinung von Irma Joubert bin ich dennoch froh, mich trotz meiner Abneigung gegen den Erzählstil für die Lektüre dieses Buches entschieden zu haben. „Sehnsuchtsland“ war für mich ein gewaltiges Epos, ein Buch, das seine Leser fesselt und nachhaltig zu beeindrucken vermag. Mit diesem Roman ist Irma Joubert ein wahres Meisterwerk gelungen, das ich persönlich als eines meiner Lese-Highlights dieses Jahres bezeichne.


Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine starke Frau

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Ich war eine der beiden Glücklichen, die diesen Roman vom Francke Verlag in einer kleinen, aber feinen Lovelybooks Leserunde lesen durfte. Das Buch stand schon auf meiner (ellenlangen) Wunschliste und ...

Ich war eine der beiden Glücklichen, die diesen Roman vom Francke Verlag in einer kleinen, aber feinen Lovelybooks Leserunde lesen durfte. Das Buch stand schon auf meiner (ellenlangen) Wunschliste und deshalb freute ich mich umso mehr.
Zu Beginn der Geschichte ist unsere Protagonistin Hildegard ein kleines Mädchen von ein paar Jahren. Als in St.Petersburg der Zar gestürzt wird, müssen Hildegards Eltern vor den Bolschewisten fliehen. Auf dem Landgut in Königsberg wächst Hildegard zuerst unbeschwert auf, auch wenn ihre geliebte englische Nanny und der aus Deutsch-Südwestafrika stammende Student Gustav, ihre einzigen Vertrauten sind. Besonders Gustav ist ihr ein wahrer Freund, der sie nicht wie ein Kind behandelt, sondern mit ihr viele ernstere Gespräche führt und Hildegard von seiner weit entfernten Heimat erzählt. Der Vater ist ein eher kühler und distanzierter Mann und ihre Mutter lebt überhaupt in einer anderen Welt. Als ihre Nanny plötzlich ohne Abschied abreist und auch Gustav bald darauf das Land verlässt, ist Hildegard ein sehr einsames Kind. So wächst sie in einem sehr emotionslosen Umfeld auf. Doch dann bricht der erste Weltkrieg aus und erneut ändert sich alles. Hildegard bietet freiwillig ihre Hilfe im Lazarett an. Als gut behütetes Töchterlein geht sie eher etwas unbedarft an die Sache heran und erlebt hier die schrecklichen Folgen des Krieges. Als ihre Eltern alles verlieren, willigt sie in eine arrangierte Hochzeit ein, um ihre Familie vor dem Ruin zu wahren. Von Königsberg zieht sie nach Berlin, nichts ahnend, dass bald der nächste Krieg über sie hereinbrechen wird....

Die Autorin erzählt eine sehr detaillierte und emotionale Geschichte, die aufzeigt, wie viel ein Mensch erleiden kann. Die sehr reale und lebendige Darstellung der beiden Weltkriege lassen den Leser gebannt an den Seiten kleben. Die vielen Bombardments und vorallem der Mangel an Lebensmittel am Ende des Zweiten Weltkrieges werden sehr lebendig geschildert. Ich habe schon viele Geschichten, die während des Weltkrieges spielen gelesen, aber noch in keinem wurde der nagende Hunger und die Furcht so realitätsnah und detailliert erzählt. Vielleicht liegt es auch daran, dass die Autorin in der Gegenwart erzählt, was die Gefühle und Vorkommnisse noch realer macht. Man steckt selbst mittendrin und erlebt die Ohnmacht und die Verzweiflung hautnah mit.

Hildegard hat in ihrer Kindheit keine Liebe und Geborgen erfahren und auch in ihrem weiteren Leben wird ihr immer wieder vorgeschrieben, was sie zu tun hat. Trotzdem ist sie eine sehr warmherzige junge Frau, die nie die Hoffnung aufgibt. Sie entwickelt sich zu einer sehr mutigen Protagonistin, die viel Leid erfahren muss und immer wieder vor neuen Abschieden steht....sei es von Menschen oder Orten.
Besonders mitgefühlt habe ich, als sie ihre Kinder nicht selbst aufziehen durfte, sondern diese dem Kindermädchen überlassen musste, wie es zu dieser Zeit in höheren Kreisen üblich war. Nachdem sie selbst keine Liebe von ihren Eltern erfahren hat, wollte sie zu ihren eigenen Kindern eine festere Beziehung aufbauen.... Als Mutter tat mir beim Lesen das Herz weh.
Im letzten Drittel kommt es zu großen Veränderungen in Hildegards Leben und sie muss abermals fliehen. Ob sie schlussendlich Liebe und Geborgenheit findet, müsst ihr selbst herausfinden....

Gestört hat mich, dass genaue Zeitangaben fehlen. Man weiß oft nicht, wie alt Hildegard oder ihre Kinder sind. Das hat manchmal den Lesefluss gestört, besonders, wenn innerhalb eines Kapitels Zeitsprünge vorkamen und diese eben nicht gekenntzeichnet waren. Auch das letzte Drittel konnte mich nicht mehr so fesseln, wie der Rest des Buches. Deshalb sind es statt 5 Sterne diesmal gute 4 1/2 Sterne geworden.

Schreibstil:
Irma Joubert hat einen sehr bildhaften und detaillierten Schreibstil. Mein Kopfkino war die ganze Zeit über in Hochform bei den lebendigen Beschreibungen von Menschen und Landschaften, dem Luftschutzkeller oder der klirrenden Hitze in Deutsch-Südwest Afrika. Der Spannungsbogen wurde stets angehoben und man liest sich sehr schnell durch die fast 500 Seiten.
Die Erzählform in der Gegenwart lässt die Ereignisse noch viel realer erscheinen.

Fazit
Ein beeindruckendes Bild einer Frau, die nie die Hoffnung und den Glauben aufgibt. Krieg, Flucht und jede Menge Verluste begleiten ihren Weg - sehr bildhaft, lebendig und detailliert beschrieben. Spannend und mit jeder Menge historischen Hintergrundwissen ein eher nachdenklicher Roman, der begeistert.