Catherine Morland ist jung und tugendhaft, jedoch weder ausnehmend schön noch besonders elegant, und als Tochter eines Geistlichen keine sonderlich gute Partie. Ihre Leidenschaft gilt Büchern und deren Figuren und entsprechend naiv verhält sie sich im realen Leben. Doch als sie sich in den gebildeten, wohlerzogenen Henry Tilney verliebt, lernt sie, auf ihre Gefühle zu hören.
Eine Einladung auf den Landsitz seiner Familie scheint wie die Erfüllung eines Traums. Doch die Aura des alten Anwesens Northanger Abbey beflügelt Catherines Phantasie: Sie glaubt, einem düsteren Familiengeheimnis auf der Spur zu sein…(Klappentext)
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„Kein Mensch, der Catherine Morland in ihrer Kindheit gekannt hatte, wäre auf die Idee gekommen, sie könnte zur Romanheldin geboren sein.“ (S. 9 – Anfang)
Obwohl dies nicht Jane Austens bester Roman ist, so ist er doch der humorvollste und voller Satire. Hier wird der Schauerroman, welcher sich damals großer Beliebtheit erfreute, ordentlich auf die Schippe genommen.
Catherine, die Hauptprotagonistin, beginnt zusehends die Realität mit einem Schauerroman zu verwechseln. Nach der Ankunft in Northanger Abbey ist Catherine zunächst mehr als nur enttäuscht, hat sie sich doch eine dunkle, furchteinflößende Abtei vorgestellt und keinen modernisierten Bau mit all dem Schnickschnack.
„…was immer Geld und Geschmack leisten konnten, um einem Raum Eleganz und Komfort zu verleihen, war hier geleistet worden, und da sie in den letzten fünf Jahren ein gerichtet worden waren, hatten sie alles, was gemeinhin Gefallen erregen musste, und nichts was Catherine gefiel.“ (S. 204)
Catherine ist jedoch davon überzeugt, dass sich hier ein Geheimnis verbergen MUSS. Es wird daher gestöbert, spekuliert und als nichts etwas hergab musste der Hausherr, General Tilney, herhalten. Bereits nach kurzer Zeit sieht sie in ihm einen wahren Schurken wie aus „Udolphos Geheimnisse“ und solche Schurken hüten ja immer ein allzu fürchterliches Geheimnis, wie jeder weiß.
Bis man als Leser mit der Romanheldin nach Northanger Abbey reisen darf, muss man sich jedoch gedulden, denn diese Reise tritt Catherine erst in der 2. Hälfte des Buches an. Bis dahin erwartet einem ein Sittenporträt in bissigem Ton und in der typischen Jane Austen-Manier, obwohl…nein, stimmt nicht. Hier ist Jane Austen weitaus bissiger, sarkastischer und vor allem humorvoller, wie folgender Satz beweist:
„Seinen beiden jüngeren Schwestern ließ er sodann ihr verdientes Maß an brüderlicher Zärtlichkeit angedeihen, indem er sie beide fragte, wie es ihnen gehe, und feststellte, dass sie beide sehr häßlich aussehen.“ (S. 52)
Die Beschreibung der Charaktere ist ebenso spitzzüngig wie auch amüsant. Doch man bekommt auch einen tiefen Einblick in Austens Gedankenwelt, da sie hier die Stellung des Romans verteidigt, welcher dazumal eher einen bescheidenen Ruf hatte. Dies führte sie mit einem ordentlichen Seitenhieb gegenüber Presse und männlicher Autoren durch.
„Und während tausend Federn das Verdienst des Mannes besingen, der als Neunhundertster eine ‚Geschichte Englands‘ kompiliert oder in einem Bändchen ein paar Dutzend Zeilen von Milton, Pose und Prior versammelt und sie mit einem Artikel aus dem ‚Spectator‘ und einem Kapitel von Sterne herausgibt, scheinen sich nahezu alle einig in dem Wunsch, die Fähigkeiten des Romanschreibens in Abrede zu stellen, seine Leistungen unterzubewerten und generell jene Werke geringzuschätzen, die sich durch nichts hervortun als durch Talent, Geist und Geschmack.“ (S. 37)
Die vorliegende Ausgabe aus dem dtv-Verlag ist von der Übersetzung her top und enthält am Ende Anmerkungen zu den Fußzeilen, sowie „Daten zu Leben und Werk“. Beides ist äußerst interessant zu lesen.
Fazit:
Auch wenn Jane Austen hier meine geliebten Gothic Novels auf die Schippe nimmt, musste ich mehrmals schmunzeln und lachen.
Die erste Hälfte ist zwar durchaus interessant zu lesen, enthält aber doch ein paar langatmige Stellen. Der Roman selbst gewinnt im Grunde erst ab der 2. Hälfte an Tempo. Daher ist es nicht mein absoluter Favorit unter den Jane Austen-Romanen, aber dennoch lesenswert, da man hier auch in die Persönlichkeit von Jane Austen blicken kann und das auf sehr humorvolle, sowie auch scharfsinnige Art und Weise.
© Pink Anemone