Die Frau meines Mannes
Lily ist junge Anwältin, Ed Künstler. Obwohl ihre Ehe nicht ganz so läuft, wie sie sich das vorstellte, hält Lily daran fest. Sie kämpft gegen die Dämonen ihrer Vergangenheit. Ihr Klient Joe löst durch ...
Lily ist junge Anwältin, Ed Künstler. Obwohl ihre Ehe nicht ganz so läuft, wie sie sich das vorstellte, hält Lily daran fest. Sie kämpft gegen die Dämonen ihrer Vergangenheit. Ihr Klient Joe löst durch seinen Fall eine Wendung in Lilys Karriere aus, aber nicht nur da. In allem Chaos taucht auch noch die Nachbarstochter auf und trotz allem erkennt Lily, dass Carla ihr unbewusst hilft. Während Lily einen Fall nach dem anderen gewinnt, gerät ihr Leben in eine Schräglage, die eng mit ihrem toten Bruder Daniel und Joe verbunden ist …
Jane Corry erzählt diesen Thriller auf ruhige und dennoch beunruhigende Art. Der Leser weiß die ganze Zeit, dass hinter der nächsten Ecke das Monster lauert und kann einfach nicht aufhören zu lesen. Häppchenweise gräbt sie die Wahrheit aus und mit jeder neuen Schicht wird das Entsetzen größer. Wie scheinbar zufällig ein Ereignis nach dem anderen Lily quasi dazu treibt, endlich das große Ganze anzuerkennen und sie noch immer die Augen verschließen möchte, liest sich hervorragend. Nichts ist mit Gewalt zurechtgebogen, alles greift nahtlos ineinander und baut aufeinander auf. Ganz ohne überdeutliche Darstellung von Gewalttaten, mit nur wenigen Federstrichen zeichnet die Autorin ein Bild der Geschehnisse. Genau das geht an die Psyche, denn was man eben nicht wirklich sieht, sondern nur ahnt, wirkt eben intensiver.
Die Figuren sind glaubhaft und sehr real, auch wenn Daniel, Joe und Tom an unterschiedlich starkem Asperger-Syndrom leiden und diese Häufung doch auffällig ist. Auch Carla und Francesca sind auffällige Figuren, dennoch glaubhaft. Lily begegnet also immer wieder Menschen, die nicht dem Durchschnitt entsprechen und ihr Beruf lässt sie dafür mehr oder weniger blind werden. Die Überzeugung, etwas wiedergutmachen zu müssen, lässt sie zudem leichter Fehlentscheidungen treffen, als eine freie Seele es tun würde. Zwischen dem ersten und dem zweiten Teil liegen fünfzehn Jahre, von denen der Leser nicht viel, aber das Nötigste, erfährt. Dadurch hat man in keinem Moment das Gefühl, zu viel oder zu wenig vom Drumherum zu lesen. Sehr gut gemacht!
Mir hat dieser Psychothriller sehr gut gefallen und ich bin erstaunt, wie gut dieser Erstling geworden ist. Der Kunstkniff, dass abwechselnd Lily selbst erzählt und dann aus Sicht von Carla erzählt wird, gefällt mir sehr. Das macht die ganze Sache besonders lebendig und man erfährt Dinge, die aus nur einer Perspektive nicht möglich gewesen wären. Dass hier nicht zig Fäden aus allen Richtungen erst noch zusammenlaufen müssen, sondern einfach nur am Stück erzählt wird, wobei Ereignisse aus der Vergangenheit nach und nach zutage kommen, gefällt mir ebenfalls sehr gut. Ich bin diese verschwurbelten Bücher inzwischen so leid und freue mich, wenn ein Autor es einfach nicht nötig hat, unsinnig viel Verwirrung zu stiften und am Ende mit einer Auflösung aus der Luft heraus aufwartet. Jane Corry spielt von Anfang an mit offenen Karten und verblüfft umso mehr. Der Leser hat die ganze Zeit die Wahrheit vor Augen, sieht sie dennoch erst am Ende. Genial!
Schade ist nur, dass nicht der Originaltitel verwendet wurde. „Die Frau meines Mannes“ hätte so viel besser gepasst, zumal dieser Satz auch insgesamt acht Mal fällt. Mein Lesejahr beginnt also mit einem starken Buch, an dem sich alle folgenden messen lassen werden müssen. Fünf Sterne für ein Buch, an dem ich nur den deutschen Titel bemängeln muss!